Leopard
bekommen. Es beweist, dass Rasmus Olsen am Morgen mit seiner Frau telefoniert hat. Wir können also davon ausgehen, dass er wusste, zu welcher Hütte sie wollte. Argument zwei für diese Hypothese ist der Wetterbericht, aus dem hervorgeht, dass es die ganze Nacht sternenklar war und gute Sicht herrschte. Er kann also wie Leike auf Skiern dorthin gekommen sein. Es gibt aber auch Gegenargumente: Warum sollte er jemand anders als seine Frau und ihren eventuellen Partner töten?«
»Vielleicht hatte sie mehr als einen«, rief eine der Ermittlerinnen, eine kleine, üppige Frau, die Bellman für so lesbisch hielt, dass er schon mit dem Gedanken gespielt hatte, sie mal abends mit zu Kaja einzuladen. Natürlich war es bei dem Gedanken geblieben. »Vielleicht lief da oben eine geile Orgie ab.«
Lautes Gelächter. Gut, das hob die Stimmung.
»Vielleicht hat er nicht gesehen, mit wem sie Sex hatte. Vielleicht waren sie unter dem Laken, so dass er nicht einmal erkennen konnte, ob es ein Mann oder eine Frau war«, sagte ein anderer. »Und deshalb ist er auf Nummer sicher gegangen.«
Wieder Gelächter.
»Hört auf, wir haben keine Zeit für diesen Blödsinn«, rief Eriksen, einer der Routinierten, von dem niemand wusste, wie lange er schon als Ermittler Dienst tat. Es wurde still im Raum. »Erinnert sich einer von euch Grünschnäbeln an den Fall, den sie vor ein paar Jahren unten im Präsidium gelöst haben? Damals dachten auch alle, es wäre ein Serienmörder in Oslo unterwegs«, fuhr Eriksen fort. »Als sie den Täter fanden, stellte sich heraus, dass er nur ein Motiv für den dritten Mord hatte. Da er aber wusste, dass er in Verdacht geraten würde, wenn nur diese eine Frau getötet wurde, tötete er auch die anderen. Es sah aus, als wäre ein geisteskranker Serienmörder unterwegs.«
»Verdammt«, meldete sich einer der Jungen schnaufend zu Wort. »Und das haben die unten im Präsidium gelöst? Das muss aber ein Zufallstreffer gewesen sein.«
Der junge Mann sah sich grinsend um und wurde rot, als jegliche Reaktion ausblieb. Jeder halbwegs erfahrene Mordermittler erinnerte sich an den Fall, der mittlerweile in den Polizeischulen des ganzen Landes als Musterbeispiel herangezogen wurde. Dieser Fall war zur Legende geworden. Genau wie der, der ihn gelöst hatte.
»Harry Hole.«
»It's Neil McCormack, Holy. How are you and where areyou?«
McCormack war sich fast sicher, dass Holy »im Koma« gesagt hatte, ging aber davon aus, dass es sich um den Namen einer norwegischen Ortschaft handelte.
»I talked to Iska Peller.
Sie wusste, wie du schon erwartet hattest, nicht viel über die aktuelle Nacht zu berichten, wohl aber über den Abend danach …«
»Ja?«
»Sie und ihre Freundin Charlotte wurden ja in der Hütte von dem Dorfpolizisten abgeholt und bei ihm zu Hause einquartiert. Und während Frau Peller versuchte, sich gesund zu schlafen, hat der Polizist mit ihrer Freundin im Wohnzimmer ein Glas getrunken, wo er auf sehr bestimmte, körperliche Art versucht haben soll, Charlotte zu verführen. Derart körperlich, dass sie um Hilfe gerufen hat, Frau Peller wach wurde, aufstand und ins Wohnzimmer ging. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Polizist ihrer Freundin bereits die Skihose bis zu den Knien runtergezogen. Er unterbrach dann aber sein Vorhaben, worauf Frau Peller und ihre Freundin beschlossen, doch noch zum Bahnhof zu gehen, ein Stück mit dem Zug zu fahren und dann in einem Ort in einem Hotel abzusteigen, an dessen Namen ich mich leider …«
»Geilo.«
»Danke.«
»Du sagst, er habe versucht, sie zu verführen. Du denkst aber eher an eine Vergewaltigung, nicht wahr?«
»Nein. Ich bin das ein paarmal mit Frau Peller durchgegangen, bis wir die präzise Formulierung hatten. Sie sagte, der Polizist habe ihrer Freundin die Hose runtergezogen, sie aber nicht intim berührt.«
»Aber …«
»Mag sein, dass er diese Absicht hatte, das wissen wir aber nicht sicher. Auf jeden Fall war noch nichts direkt Strafbares geschehen. Frau Peller teilt diese Meinung, außerdem haben sie den Vorfall ja auch nicht angezeigt, sondern sind einfach abgereist. Der Polizist hat sogar irgendein Original aus dem Ort dazu gebracht, sie zum Bahnhof zu bringen und ihnen in den Zug zu helfen. Laut Frau Peller ließ den Polizisten der Vorfall erstaunlich kalt, er war mehr darum bemüht, Charlottes Telefonnummer herauszubekommen, als sich bei ihr zu entschuldigen. Als wäre das eine ganz gewöhnliche Begegnung zwischen Mann und Frau
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