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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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regelmäßigen Abständen ausgeraubt. Es war auch nicht so, dass der vietnamesische Besitzer das Lokal zur Geldwäsche von Drogengeldern nutzte, wie einige mutmaßten. Der Grund dafür, dass das Bombay Garden hartnäckig den Kopf über Wasser hielt, war weiter hinten im Lokal, hinter zwei verschlossenen Türen zu suchen.
    Dort befand sich ein sogenannter Privatclub, und um dort hineinzugelangen, musste man erst Mitglied werden. In der Praxis hieß das, dass man vorn am Tresen beim Vietnamesen seine Unterschrift auf ein Antragsformular setzte, mit unmittelbarer Wirkung zum Mitglied erklärt wurde und hundert Kronen Jahresgebühr zahlen musste. Danach wurde man in den Raum geführt und die Tür hinter einem geschlossen.
    Hinter der Tür fand man sich in einem verqualmten Raum wieder – das Rauchverbot galt nicht für private Clubs –, der von einer Miniatur-Galopprennbahn auf einer Tischplatte von etwa zwei mal vier Metern dominiert wurde. Die ovale Rennbahn war mit grünem Filz bezogen und verfügte über sieben Schienen, also sieben Bahnen. In diesen Schienen bewegten sich ruckartig sieben flache Metallpferde auf Metallstäben vorwärts. Die Geschwindigkeit der Pferde wurde per Zufallsgenerator durch einen Computer bestimmt, der unter der Tischplatte schnurrte und rasselte, und das – soweit bekannt war -vollkommen rechtmäßig. Der Computer versah bestimmte Pferde mit einer höheren Wahrscheinlichkeit für ein erhöhtes Lauftempo, was mit den Gewinnchancen und den möglichen Prämien gekoppelt war. Die Clubmitglieder, teils alte Hasen, teils Neulinge, saßen in bequemen, lederbezogenen Schwingsesseln um die Rennbahn herum, rauchten und tranken Bier zum Mitglieder-Vorzugspreis und feuerten ihr Pferd oder die Pferdekombination an, auf die sie ihr Geld gesetzt hatten.
    Da der Club sich, was das Glücksspielgesetz betraf, in einer juristischen Grauzone bewegte, galt die Regel, bei Anwesenheit von zwölf oder mehr Mitgliedern den Höchsteinsatz pro Lauf und Mitglied auf hundert Kronen zu begrenzen. Befanden sich weniger als zwölf Mitglieder im Raum, handelte es sich laut Clubstatuten um einen geschlossenen Freundeskreis, der sich die Räume des Lokals als Treffpunkt gewählt hatte. Und bei privaten Zusammenkünften konnte man erwachsene Menschen nicht daran hindern, private Wetten abzuschließen. Die Höhe der Einsätze lag dann selbstverständlich ganz im Ermessen der Anwesenden. Aus diesem Grund waren auffallend oft exakt elf Personen in diesem privatesten Bereich des Bombay Garden anwesend. Den Garten hatte im Übrigen noch niemand gesehen.
    Um 14.10 Uhr wurde ein Mann mit der jüngsten, exakt vierzig Sekunden alten Mitgliedschaft im Club in den Raum eingelassen, in dem sich außer ihm zu diesem Zeitpunkt nur ein weiteres Mitglied befand, das mit dem Rücken zu ihm in einem der Schwingsessel saß, sowie der Verwalter der Läufe und Einsätze, ein Mann offensichtlich vietnamesischer Herkunft. Zumindest trug er eine Weste wie ein Croupier.
    Der breite Rücken im Schwingsessel füllte das Flanellhemd lässig aus. Schwarze Locken fielen über den Kragen.
    »Na, auf der Siegergeraden, Krongli?«, fragte Harry und setzte sich in den freien Sessel neben dem Polizisten.
    Der Lockenkopf drehte sich zur Seite. »Harry!«, rief er aufrichtig erfreut. »Wie haben Sie mich gefunden?«
    »Wieso sollte ich Sie suchen? Vielleicht bin ich ja Stammkunde hier.«
    Krongli lachte, den Blick auf die Pferde gerichtet, die mit einem Zinnjockey auf dem Rücken nach vorne ruckten. »Nix da. Ich komme jedes Mal hierher, wenn ich in Oslo bin, und hab Sie noch nie gesehen.«
    »Okay. Jemand hat mir verraten, dass ich Sie aller Wahrscheinlichkeit nach hier finden werde.«
    »Verdammt, ist mein Ruf jetzt ruiniert? Gehört sich wahrscheinlich nicht für einen Polizisten, hierherzukommen, auch wenn alles ganz legal zugeht.«
    »Apropos legal«, sagte Harry und schüttelte den Kopf, als der Croupier fragend auf den Zapfhahn zeigte. »Darüber wollte ich gerade mit Ihnen reden.«
    »Schießen Sie los«, sagte Krongli, während er konzentriert auf den Tisch starrte, auf dem das blaue Pferd in der äußeren Spur in Führung lag, doch die lange Kurve näherte sich.
    »Iska Peller, die Frau aus Australien, die Sie seinerzeit aus der Hävasshütte abgeholt haben, meint, Sie hätten ihre Freundin belästigt. Charlotte Lolles.«
    Harry sah nicht einmal die Andeutung einer Reaktion in Kronglis konzentriertem Gesicht. Er wartete. Schließlich hob Krongli

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