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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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sah Harry hilfesuchend an. Harry ignorierte es.
    »Verdammt! Keine Presse, ja?«
    Harry antwortete nicht.
    »Gut«, sagte Leike, als hätte Harry seinen Wunsch bestätigt. »Ich brauchte eine Atempause, musste mal weg. Nachdenken. Die Verlobung, die bevorstehende Hochzeit … Das sind wichtige Sachen, über die man sich klarwerden muss. Und nachdenken kann ich am besten, wenn ich allein bin. Besonders da oben im Gebirge.«
    »Das Denken hat Ihnen offensichtlich geholfen.«
    Leike präsentierte wieder seine Kachelwand. »Ja.«
    »Erinnern Sie sich an die anderen, die in der Hütte waren?«
    »Ich erinnere mich, wie gesagt, an Marit Olsen. Ich habe mit ihr ein Glas Rotwein getrunken. Ohne zu wissen, dass sie Abgeordnete war, das hat sie mir erst später gesagt.«
    »Und die anderen?«
    »Ich weiß nur, dass da noch drei oder vier andere saßen, aber die habe ich nur kurz gegrüßt. Ich bin ziemlich spät in der Hütte angekommen, einige waren sicher schon im Bett.«
    »Oh?«
    »Draußen im Schnee standen sechs Paar Skier. Das weiß ich so genau, weil ich die wegen der Lawinengefahr mit in die Hütte genommen habe. Ich dachte noch, dass die anderen wohl keine so erfahrenen Berggänger sein konnten. Wenn die Hütte bis zur Hälfte unter drei Meter hohem Schnee begraben ist, steht man ohne Skier schlecht da. Morgens war ich dann als Erster wach, das bin ich in der Regel immer, und war schon weg, als die anderen aufgestanden sind.«
    »Sie sagen, Sie wären abends erst spät gekommen? Dann sind Sie alleine im Dunkeln durch das Gebirge gelaufen?«
    »Stirnlampe, Karte und Kompass. Ich habe diese Tour ganz spontan unternommen und bin erst abends in Ustaoset angekommen. Aber ich kenne mich, wie gesagt, aus und bin es gewohnt, mich draußen im Dunkeln zu orientieren. Und das Wetter war gut, Mondschein und Schnee, da brauchte ich weder Karte noch Lampe.«
    »Können Sie mir sagen, was in der Hütte passiert ist, während Sie da waren?«
    »Nichts, da ist nichts passiert. Ich habe mit Marit Olsen über Wein geredet und dann über die Schwierigkeiten, eine moderne Beziehung am Leben zu erhalten. Wobei ich glaube, dass ihre Beziehung moderner war als meine.«
    »Und sie hat auch nicht erwähnt, dass irgendetwas in der Hütte vorgefallen ist?«
    »Mit keinem Wort.«
    »Was ist mit den anderen, die dort waren?«
    »Die saßen am Kamin, redeten über Skitouren und tranken. Bier, glaube ich. Oder irgend so ein Elektrolytgetränk. Zwei junge Frauen und ein Typ so zwischen zwanzig und fünfunddreißig, würde ich tippen.«
    »Namen?«
    »Wir haben uns nur zugenickt und hallo gesagt. Aber ich wollte ja auch in die Berge, um allein zu sein, und nicht, um neue Freunde zu finden.«
    »Wie sahen die anderen aus?«
    »Es ist abends ziemlich dunkel in diesen Hütten. Ich könnte sagen, dass eine blond und die andere dunkel war, aber ich bin mir wirklich nicht sicher, ob das stimmt. Ich weiß ja nicht einmal mehr, ob sie zu dritt oder zu viert waren.«
    »Dialekte?«
    »Eine der Frauen hatte einen Vestlandsdialekt, glaube ich.«
    »Stavanger? Bergen, Sunnmøre?«
    »Tut mir leid, so gut kenne ich mich damit nicht aus. Vielleicht war es auch gar nicht Vestland, sondern eher Sørland.«
    »Okay. Sie wollten allein sein, haben aber trotzdem mit Marit Olsen über Beziehungen gesprochen?«
    »Das hat sich einfach so ergeben. Sie hat sich zu mir gesetzt. Schüchtern war die nicht gerade. Redselig. Aber dick und nett.«
    Er sagte es so, als gehörten diese beiden Eigenschaften zueinander. Harry kam in den Sinn, dass das Bild, das er von Lene Galtung gesehen hatte, eine – am neuen, norwegischen Durchschnittsgewicht gemessen – klapperdürre Frau zeigte.
    »Abgesehen von Marit Olsen können Sie uns also über keinen der anderen etwas sagen? Auch nicht, wenn ich Ihnen Bilder von den Leuten zeige, von denen wir wissen, dass sie da waren?«
    »Doch«, sagte Leike und lächelte wieder. »Ich glaube, das kann ich.«
    »Ach ja?«
    »Als ich in einem der Zimmer ins Bett gehen wollte, musste ich ja das Licht anmachen, um zu überprüfen, welches Bett noch frei war. Und da habe ich zwei schlafende Personen gesehen. Einen Mann und eine Frau.«
    »Und die können Sie beschreiben?«
    »Vielleicht nicht beschreiben, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass ich sie wiedererkennen würde.«
    »Ach?«
    »Man erinnert sich oft erst an Gesichter, wenn man die Leute wiedersieht.«
    Harry wusste, dass Leike recht hatte. Viele Zeugenaussagen waren unbrauchbar, aber gab man

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