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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Sie nicht?«
    »Die Heizungskessel des Gefängnisses sind nebenan«, sagte Harry, während er an seiner eigenen Tasse nippte. »Sie haben also heute Morgen in der Aftenposten etwas über den Fall gelesen?«
    »Ja. Beim Frühstück. Und ich kann Ihnen sagen, es ist mir fast im Hals stecken geblieben.«
    »Warum?«
    Leike rutschte wie ein Formel-1-Pilot vor dem Start auf seinem Sitz herum: »Ich hoffe, dass das, was ich Ihnen jetzt sage, unter uns bleiben kann?«
    »Wen meinen Sie mit uns?«
    »Die Polizei und mich. Am liebsten Sie und mich.«
    Harry versuchte, neutral zu klingen, um nicht zu verraten, wie gespannt er war. »Und der Grund dafür ist?«
    Leike holte tief Luft. »Ich will nicht, dass bekannt wird, dass ich in derselben Nacht wie diese Abgeordnete in der Håvasshütte war. Diese Marit Olsen. Ich stehe zurzeit ziemlich im Rampenlicht wegen meiner bevorstehenden Hochzeit. Es wäre äußerst unvorteilhaft, wenn ich ausgerechnet jetzt mit einem Mordfall in Verbindung gebracht würde. Die Presse würde sich darauf stürzen, und das könnte … Dinge aus meiner Vergangenheit aufwirbeln, die ich am liebsten begraben und vergessen würde.«
    »Ah ja«, sagte Harry unschuldig. »Ich muss natürlich alle Informationen genau abwägen und kann deshalb nichts versprechen. Aber das ist ja kein Verhör, sondern bloß ein Gespräch, und so etwas lasse ich für gewöhnlich nicht an die Presse durchsickern.«
    »Und auch nicht an meine … nächsten Angehörigen?«
    »Nicht, wenn es keinen Grund dafür gibt. Warum sind Sie denn überhaupt gekommen, wenn Sie solche Angst haben, dass Ihr Besuch hier publik werden könnte?«
    »Sie haben doch darum gebeten, dass sich alle, die dort waren, melden, da ist es ja wohl meine Bürgerpflicht, oder?« Er sah Harry fragend an und schnitt dann eine Grimasse. »Verdammt, ich hab Angst gekriegt! Ich hab schon kapiert, dass alle, die an diesem Abend in der Håvasshütte waren, irgendwie die Nächs ten sein können. Und deshalb habe ich mich ins Auto gesetzt und bin gleich hergefahren.«
    »Ist in der letzten Zeit irgendetwas vorgefallen, das Ihnen Angst gemacht hat?«
    »Nein.« Tony Leike starrte nachdenklich vor sich hin. »Abgesehen von einem Einbruch durch die Kellertür vor ein paar Tagen. Verdammt, ich sollte mir eine Alarmanlage einbauen lassen, oder?«
    »Haben Sie das der Polizei gemeldet?«
    »Nein, die haben ja bloß mein Fahrrad geklaut.«
    »Und Sie meinen, Serienmörder klauen hin und wieder auch Fahrräder?«
    Leike lachte kurz und nickte lächelnd. Nicht das dümmliche Lächeln eines Mannes, der sich dafür schämt, eine Dummheit gesagt zu haben, dachte Harry. Sondern das entwaffnende, gewinnende Lächeln, das sagt: »Ein Punkt für dich, Kamerad.« Eine siegesgewohnte, galante Gratulation.
    »Warum haben Sie nach mir gefragt?«
    »In der Zeitung stand doch, dass Sie die Ermittlungen leiten, da fand ich das ganz natürlich. Und weil ich, wie gesagt, hoffe, dass diese Infos möglichst in einem kleinen Kreis verbleiben, habe ich mich gleich an die Spitze gewandt.«
    »Ich bin nicht die Spitze, Leike.«
    »Nicht? In der Aftenposten hörte sich das aber so an.«
    Harry strich sich über den hervorstehenden Kieferknochen. Er wusste noch nicht recht, was er von Tony Leike halten sollte. Sein gepflegtes Äußeres und der Badboy-Charme erinnerten Harry an den Hockeyspieler, den er vor kurzem in einer Unterwäsche-Reklame gesehen hatte. Leike schien den Eindruck unbekümmerter, weltgewandter Oberflächlichkeit erwecken zu wollen, ohne den wirklichen Menschen darunter mit all seinen Gefühlen richtig verbergen zu können. Wenn es nicht sogar umgekehrt war. Vielleicht war die kühle Oberflächlichkeit echt und die Gefühle nur aufgesetzt.
    »Was haben Sie in der Håvasshütte gemacht, Herr Leike?«
    »Na, ich war auf einer Skitour.«
    »Allein?«
    »Ja. Ich hatte vorher ziemlichen Stress in der Arbeit und brauchte eine Auszeit. Ich bin häufig in Ustaoset und am Hallingskarvet-Massiv. Übernachten tue ich dann immer in diesen Touristenhütten. Das ist meine Landschaft, wenn Sie so wollen.«
    »Warum haben Sie da oben dann keine eigene Hütte?«
    »Dort, wo ich gerne eine Hütte hätte, darf ich keine mehr bauen. Nationalparkvorschriften.«
    »Warum war Ihre Verlobte nicht bei Ihnen? Fährt sie nicht Ski?«
    »Lene? Sie …« Leike nahm einen Schluck Kaffee. Einen Schluck, wie man ihn nimmt, wenn man eine kleine Denkpause braucht, dachte Harry. »Sie war zu Hause. Ich … wir …« Er

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