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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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größer die Chance, ihn festzunehmen.«
    »Umso besser wird er aber auch in dem, was er tut«, sagte Bellman. »Außerdem müssen Sie bedenken, dass Ihr Tony kein Neuling in Sachen Gewalt war. Man ist nicht so lange wie er als Söldner in Afrika, ohne Blut an den Fingern zu haben. Wie Sie.«
    »Blut an den Fingern?«, schrie Altman voller Wut. »Ich bin bei Tony eingebrochen und habe Elias Skog von seinem Telefon aus angerufen, damit ihr eine Spur im Telefonregister findet. Ihr habt euren Job nicht gemacht; wenn hier jemand Blut an den Fingern hat, dann ihr! Oder Huren wie Adele und Mia, Mörder wie Tony. Wenn nicht …«
    »Es ist gut, Sigurd.« Johan Krohn war aufgestanden. »Wir machen eine kleine Pause, okay?«
    Altman schloss die Augen, hob die Hände und schüttelte den Kopf. »Ich bin okay, ich bin okay, ich will das jetzt hinter mich bringen.«
    Johan Krohn blickte zu seinem Mandanten, dann zu Bellman und setzte sich wieder.
    Altman holte tief und zitternd Luft. Dann fuhr er fort: »Nach dem dritten Mord muss Tony irgendwann begriffen haben, dass der nächste Brief nicht notwendigerweise von der Person stammte, für die sie sich ausgab. Trotzdem mordete er weiter, auf immer grausamere Art und Weise, als wollte er mir Angst machen, mich verjagen, ja, als wollte er mir zu verstehen geben, dass er alle und jeden töten würde und zu guter Letzt auch mich.«
    »Oder er wollte potentielle Zeugen beseitigen, die ihn und Adele gesehen hatten«, sagte Bellman. »Er wusste ja, dass nur sieben Personen in der Håvasshütte waren, hatte aber keine Möglichkeit, sich eine Übersicht zu verschaffen.«
    Altman lachte. »Tja! Ich könnte darauf wetten, dass er auch noch mal in die Hütte zurückgekehrt ist, um ins Gästebuch zu schauen. Doch da waren nur die Reste der rausgerissenen Seite, Tony Pony!«
    »Aber was hat Sie angetrieben, immer weiterzumachen? Was hatten Sie für ein Motiv?«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Altman, plötzlich wachsam.
    »Sie hätten der Polizei doch viel früher einen anonymen Tipp geben können. Oder wollten Sie vielleicht auch, dass alle Zeugen verschwinden?«
    Altman legte den Kopf zur Seite, bis sein Ohr beinahe die Schulter berührte. »Wie schon gesagt, Herr Kommissar. Es ist mitunter schwierig, seine eigenen Beweggründe zu verstehen. Das Unterbewusstsein wird von dem Instinkt zu überleben kontrolliert und ist deshalb manchmal rationaler als die bewussten Gedanken. Vielleicht hat mein Unterbewusstsein erkannt, dass es auch für mich sicherer war, wenn Tony alle Zeugen aus dem Weg räumte. Dann konnte niemand darüber Auskunft geben, dass auch ich dort war, oder mich irgendwann auf der Straße erkennen. Aber auf diese Frage werden wir wohl nie eine Antwort erhalten, nicht wahr?«
     
    Es knisterte und knackte im Ofen.
    »Aber warum in aller Welt sollte sich Tony Leike den Mittelfinger abhacken?«, fragte Bjørn Holm.
    Er hatte sich auf den Diwan gesetzt, während Harry das Medikamentenkästchen durchsuchte, das er ganz hinten in der Küchenschublade gefunden hatte. Es enthielt weitere Rollen Mullbinden und eine Salbe, die die Blutgerinnung beschleunigte. Das Herstellungsdatum auf der Tube zeigte, dass sie erst zwei Monate alt war.
    »Altman hat ihn dazu gezwungen«, sagte Harry und drehte eine kleine braune Flasche ohne Etikett um. »Er wollte Leike demütigen.«
    »Du klingst nicht, als würdest du daran glauben.«
    »Verdammt, Mann, klar glaube ich das«, sagte Harry, drehte den Deckel ab und schnupperte an der Flasche.
    »Ach? Es gibt hier nicht einen Fingerabdruck, der nicht von Leike stammt, nicht ein Haar, das nicht rabenschwarz ist wie seins, und nicht einen Schuhabdruck, der nicht seine Größe hat. 45. Sigurd Altman ist aschblond und hat Schuhgröße 42, Harry.«
    »Er hat gut aufgeräumt und alle Spuren beseitigt. Erinnere mich dran, dass wir das hier analysieren lassen.« Harry ließ das braune Fläschchen in seine Tasche gleiten.
    »Soso, gut aufgeräumt? An einem Ort, bei dem es sich allem Anschein nach noch nicht einmal um einen Tatort handelt? Derselbe Mann, dem es egal war, dass er auf Leikes Schreibtisch im Holmenveien einen dicken, fetten Fingerabdruck hinterlassen hat? Und der, wie du selbst gesagt hast, diese Touristenhütte nur notdürftig aufgeräumt hat, nachdem er Utmo getötet hat. Ich glaube das nicht, Harry. Und, verdammt noch mal: du auch nicht!«
    »Scheiße!«, rief Harry. »Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Er legte die Stirn in die Hände und starrte auf

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