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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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Utmo war klar, dass die mit der Håvasshütte in Verbindung stehenden Morde ihn zum Gejagten machten, dass es der Geist seines verschollenen Sohnes war, der hinter ihm her war. Darum flüchtete er von seinem Hof in die geschlossene, in unwegsamem Gelände liegende Touristenhütte. Er nahm aber ein Foto seiner Familie mit, die er zerstört hatte. Stellen Sie sich das vor, ein Mensch voller Todesangst, vielleicht sogar ein reuiger Mörder, allein mit seinen Gedanken in der totalen Einöde.«
    »Er hat seine Strafe erhalten, ja.«
    »Ich habe das Foto gefunden. Tony hat Glück, er schlägt nach seiner Mutter. Von dem erwachsenen Tony ist bei dem Jungen noch nicht viel zu erkennen, aber er hatte schon damals diese großen, weißen Zähne. Während sein Vater die Lippen zusammenkniff. In dieser Beziehung waren sie sehr unterschiedlich.«
    »Aber Sie meinten doch, ihre Ähnlichkeit habe sie verraten?«
    Harry nickte. »Sie litten beide an derselben Krankheit.«
    »Sie sind Mörder.«
    Harry schüttelte den Kopf. »Nicht nur das, Skai. Ich meinte, dass beide an Gicht litten. Ihre Blutsverwandtschaft wurde heute Morgen bestätigt. Die DNA -Analyse der Fleischstückchen am Ofen und von Tony Leikes Haar beweisen, dass die beiden Vater und Sohn waren.«
    Skai nickte.
    »Ich wollte Ihnen jedenfalls noch mal für Ihre Unterstützung danken und sagen, wie leid es mir tut, dass es so ausgegangen ist. Bjørn Holm hat mich gebeten, einen schönen Gruß an Ihre Frau auszurichten, das wären die besten Frikadellen mit Rübenpüree gewesen, die er jemals gegessen hat.«
    Skai lächelte kurz. »Das finden die meisten. Selbst Tony mochte es.«
    »Aha?«
    Skai zog die Schultern hoch und zog ein Messer aus dem Futteral an seinem Gürtel.
    »Ich habe Ihnen ja erzählt, dass Mia ihr Herz an den Jungen gehängt hatte. Kurz nachdem er mit dem Messer über Ole hergefallen war, hat sie ihn zum Essen mit nach Hause gebracht. Ich war an diesem Tag nicht zu Hause. Meine Frau sagte nichts, als sie auftauchten, aber als ich später davon Wind bekam, gab es natürlich Ärger. Da sind ganz schön die Fetzen geflogen, Sie wissen schon, ein Mädchen in dem Alter, und dann auch noch verliebt. Blöd, wie ich war, hab ich damit zu argumentieren versucht, dass Tony gewalttätig ist. Ich hätte wissen müssen, dass sie sich dadurch nur noch vehementer auf seine Seite schlagen würde. Zwei gegen den Rest der Welt, sozusagen. Na ja, man kennt das ja von den Frauen, die einen Briefwechsel mit verurteilten Mördern anfangen.«
    Harry nickte.
    »Mia wollte von zu Hause abhauen, sie wäre ihm bis ans Ende der Welt gefolgt, hätte alles für ihn getan«, sagte Skai, schnitt die Schnur durch und holte den Rest ein.
    Harry sah die schlaffe Schnur abtreiben. »Hm. Ans Ende der Welt?«
    »Ja.«
    »Verstehe.«
    Skai hielt inne und sah Harry an. »Nein«, sagte er mit Nachdruck.
    »Nein?«
    »Es ist nicht so, wie Sie denken.«
    »Und was denke ich?«
    »Dass Mia und Tony sich später wiederbegegnet sind. Er hat mit ihr Schluss gemacht, und danach haben sie sich nie wiedergesehen. Ihr Leben ist ohne ihn weitergegangen. Sie hat nichts mit dieser Sache zu tun, kapiert? Ich gebe Ihnen mein Wort darauf. Endlich ist sie so weit, dass sie ihr Leben wieder einigermaßen im Griff hat, also bitte kommen Sie nicht und …«
    Harry nickte und nahm die Zigarette, die im Nieselregen ausgegangen war, aus dem Mund.
    »Ich bin nicht mehr mit dem Fall betraut«, sagte er. »Aber Ihr Wort hätte mir ohnehin völlig genügt.«
    Als Harry von dem Parkplatz fuhr, sah er Skai im Rückspiegel die Angelsachen zusammenräumen.
     
    Reichshospital. Er hatte seinen Rhythmus gefunden. Die Zeit wurde nicht von allen möglichen Ereignissen zerhackt, sondern floss in einem gleichmäßigen Strom dahin. Er wollte nach einer Matratze fragen. Es würde ein bisschen sein wie im Chungking Mansion.

KAPITEL 8 1
     
    Lichtkegel
     
    D rei Tage vergingen. Er lebte. Alle lebten.
    Niemand wusste, wo Tony Leike war, und die Spuren des falschen Odd Utmo endeten in Kopenhagen. Ein Bild von Lene Galtung prangte auf der Titelseite einer Zeitung. Im besten Greta-Garbo-Stil mit großer Sonnenbrille und einem Tuch um den Kopf. Die Überschrift lautete: »Kein Kommentar«. Und nachdem sie zwei Tage zuvor untergetaucht war, angeblich im Haus ihres Vaters in London, war sie von niemandem mehr gesehen worden. Das Bild von Tony in Arbeitskleidung vor dem Helikopter brachten gleich mehrere Zeitungen. Erst kürzlich hatte eine

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