Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
Vom Netzwerk:
weißbemalte Masken. Und die Herzen und Nieren ihrer Feinde. Leicht gebraten mit Maisbrei.«
    »Hm«, sagte Harry. »In einem so einfachen Haus hätte ich keinen so gutgefüllten Keller erwartet.«
    Van Boorst lachte kurz. » Cellar? This is the ground floor. Or was . Vor dem Ausbruch vor drei Jahren.«
    Jetzt dämmerte es Harry. Schwarze Steinblöcke, schwarze Glasur und der Fußboden oben unter dem Straßenniveau.
    »Lava«, sagte Harry.
    Van Boorst nickte. »Sie hat sich quer durchs Zentrum gewälzt und meine Villa unten am Kivu-See mitgerissen. Alle Holzhäuser sind abgebrannt, nur dieses Betonhaus ist stehengeblieben, halb begraben unter Lavamassen.« Er zeigte auf die Wand. »Die Tür da drüben führte vor drei Jahren auf die Straße hinaus. Als ich das Haus gekauft habe, hab ich einfach eine neue Tür einsetzen lassen, da, wo Sie vorhin reingekommen sind.«
    Harry nickte. »Da können Sie ja von Glück reden, dass die Lava nicht die Holztür pulverisiert und die ganze Etage gefüllt hat.«
    »Die Fenster und Türen befinden sich auf der vom Nyiragongo abgewandten Seite. Das war nicht der erste Ausbruch. Dieser Teufelsberg spuckt alle zehn bis zwanzig Jahre Lava auf diesen Ort.«
    Harry hob eine Augenbraue. »Und trotzdem kommen die Leute immer wieder hierher zurück?«
    Van Boorst zog die Schultern hoch. »Willkommen in Afrika. Andererseits ist der Vulkan aber auch bloody useful . Will man eine lästige Leiche loswerden – was hier in Goma ein ziemlich gewöhnliches Problem darstellt –, kann man sie natürlich im Kivu-See versenken. Aber dann ist sie ja nicht wirklich weg. Entsorgt man sie hingegen im Nyiragongo … Viele Leute glauben irrtümlicherweise, dass auf dem Grund der meisten Vulkane ein brodelnder Lavasee ist, aber das stimmt nicht. Niemals. Außer im Nyiragongo. Tausend Grad Celsius. Alles, was in den Krater fällt, steigt – puff – in Gasform wieder auf. Die Einwohner von Goma sehen das als ihre einzige Chance, in den Himmel zu kommen.« Er lachte hustend. »Ich war Zeuge, als ein übereifriger Koltanjäger die Tochter eines Stammeshäuptlings an einer Kette in den Krater hinabließ. Der Häuptling wollte die Papiere nicht unterschreiben, die den Koltanjägern das Recht auf Bergbau in ihrem Gebiet einräumten. Zwanzig Meter über der Lava fing ihr Haar Feuer, zehn Meter darüber brannte das Mädchen wie eine Fackel, und fünf Meter darüber begann sie zu tropfen. Ich übertreibe nicht. Haut und Fleisch tropften einfach von ihren Knochen herunter … Ist es das, wofür Sie sich interessieren?« Van Boorst hatte einen Metallschrank geöffnet und eine Metallkugel herausgenommen. Sie glänzte, hatte kleine Löcher und war etwas kleiner als ein Tennisball. Aus einem der Löcher hing eine dünne Kette mit einem Ring am Ende. Genau so ein Instrument hatte er bei Herman Kluit gesehen.
    »Funktioniert der wirklich?«, fragte Harry.
    Van Boorst seufzte. Er schob den kleinen Finger in den Metallring und zog daran. Es klickte laut, und die Metallkugel in der Hand des Belgiers machte einen Hüpfer. Harry betrachtete fasziniert die Noppen, die wie Antennen aus den Löchern der Kugel herausragten.
    »Darf ich?«, fragte er und streckte die Hand aus. Van Boorst reichte ihm die Kugel und sah aufmerksam zu, als Harry die Noppen zählte.
    »Vierundzwanzig.«
    »Wie die Anzahl der produzierten Äpfel«, sagte van Boorst. »Die Zahl hatte einen symbolischen Wert für den Ingenieur, der ihn entworfen und gebaut hat. So alt war seine Schwester, als sie sich das Leben nahm.«
    »Und wie viele haben Sie in Ihrem Schrank dort drüben?«
    »Nur acht. Inklusive dieses Prachtexemplars aus Gold.« Er nahm eine Kugel heraus, die im Schein der Glühbirne matt glänzte, bevor er sie zurück in den Schrank legte. »Aber die ist unverkäuflich; um die zu kriegen, müssten Sie mich erst töten.«
    »Das heißt, Sie haben vierzehn Stück verkauft, seit Kluit sein Exemplar erstanden hat?«
    »Und das zu ständig steigenden Preisen. Eine wirklich sichere Investition, Herr Hole. Alte Folterinstrumente haben eine treue und zahlungswillige Anhängerschaft, glauben Sie mir.«
    »Ich glaube Ihnen«, sagte Harry und versuchte, eine der Noppen zurück in die Kugel zu drücken.
    »Gefedert«, sagte van Boorst. »Hat man einmal an der Schnur gezogen, ist das Opfer nicht mehr in der Lage, den Apfel aus dem Mund zu nehmen. Auch niemand anders. Man ist gezwungen, den zweiten Schritt zu tun, um die Noppen wieder einzuziehen. Seien Sie so

Weitere Kostenlose Bücher