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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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gut, ziehen Sie nicht an der Schnur.«
    »Was für ein zweiter Schritt?«
    »Geben Sie mir die Kugel.«
    Harry reichte van Boorst die Kugel, der vorsichtig einen Kugelschreiber durch den Metallring schob, den Stift in Höhe der Kugel waagerecht hielt und dann die Hand wegzog. Als die Kette sich spannte, klickte es erneut. Leopolds Apfel tanzte fünfzehn Zentimeter unter dem Stift, und aus den vierundzwanzig Noppen ragten vierundzwanzig blinkende, spitze Nadeln.
    »Scheiße«, rutschte es Harry auf Norwegisch heraus.
    Der Belgier lächelte. »Die Mai-Mai nannten die Gerätschaft ›Blutsonne‹. Ein geliebtes Kind hat viele Namen.« Er legte die Kugel auf den Tisch, steckte den Stift in das Loch, aus dem die Kette heraushing, drückte fest, und mit einem weiteren lauten Klicken verschwanden Nadeln wie Noppen nach innen, so dass der Leopoldsapfel wieder seine runde, glatte Form hatte.
    »Beeindruckend«, sagte Harry. »Wie viel?«
    »6 000 Dollar«, sagte van Boorst. »Normalerweise gehe ich mit dem Preis jedes Mal ein bisschen hoch, aber Sie bekommen ihn für die gleiche Summe wie der letzte Kunde.«
    »Wieso das?«, fragte Harry und strich mit dem Zeigefinger über das glatte Metall.
    »Weil sie so weit gereist sind«, sagte van Boorst und blies Zigarettenrauch in den Raum. »Und weil ich Ihren Akzent mag.«
    »Hm. Und wer war der letzte Käufer, der sechstausend bezahlt hat?«
    Van Boorst lachte. »Genauso wenig, wie jemand erfahren wird, dass Sie hier waren, werde ich Ihnen etwas über meine anderen Kunden erzählen. Hört sich das nicht beruhigend an, Herr …? Ich habe Ihren Namen bereits vergessen.«
    Harry nickte. »Sechshundert«, sagte er.
    »Wie belieben?«
    »Sechshundert Dollar.«
    Van Boorst lachte abgehackt und trocken. »Lächerlich. Für den Preis können Sie gerade mal eine dreistündige geführte Tour in das Gorilla-Reservat machen. Vielleicht wäre das eher etwas für Sie, Herr Hole?«
    »Sie können den Apfel behalten«, sagte Harry und zog ein dünnes Bündel Zwanzigdollarnoten aus der Gesäßtasche. »Ich biete Ihnen sechshundert Dollar für die simple Auskunft, wer die Äpfel von Ihnen gekauft hat.«
    Er legte das Geld vor van Boorst auf den Tisch. Gekrönt von seinem Dienstausweis.
    »Norwegische Polizei«, sagte Harry. »Mindestens zwei Frauen wurden bei uns mit dem Instrument ermordet, für das Sie der Monopolist sind.«
    Van Boorst beugte sich über das Bündel Scheine und sah sich den Ausweis genau an, ohne irgendetwas anzufassen.
    »Sollte das der Fall sein, bedauere ich es zutiefst«, sagte er; es klang, als wäre noch gröberer Grieß in seine Stimmmaschinerie geraten. »Glauben Sie mir. Aber meine persönliche Sicherheit ist durchaus mehr wert als sechshundert Dollar. Wenn ich anfangen würde, über meine Kunden zu plaudern, würde meine Lebenserwartung drastisch …«
    »Und wie steht es um Ihre Lebenserwartung in einem kongolesischen Gefängnis?«, fragte Harry.
    Van Boorst lachte wieder. » Nice try, Hole. Aber der Polizeichef in Goma ist zufällig ein guter Bekannter von mir, und außerdem …« Er breitete die Arme aus. »Was habe ich getan?«
    »Was Sie getan haben, interessiert mich nicht«, sagte Harry und zog eine Fotografie aus der Brusttasche. »Der norwegische Staat ist einer der wichtigsten Entwicklungshilfegeber des Kongo. Was, glauben Sie, wird passieren, wenn die norwegischen Behörden in Kinshasa anrufen und Sie namentlich als nichtkooperationswilligen Lieferanten der Mordwaffe in einem norwegischen Doppelmord angeben?«
    Van Boorst lächelte nicht mehr.
    »Man wird Sie nicht unschuldig für etwas verurteilen, bewahre«, sagte Harry. »Sie kommen nur in Untersuchungshaft, das dürfen Sie nicht mit einer Strafanstalt verwechseln. Es geht dabei eigentlich nur um die zweckmäßige Verwahrung einer Person, etwa so lange, wie in einem Fall ermittelt wird und die Gefahr der Beweisvernichtung besteht. Aber eben doch Gefängnis. Und die Ermittlungen können sich hinziehen. Haben Sie schon mal ein kongolesisches Gefängnis von innen gesehen, van Boorst? Nicht? Nun, das Vergnügen hatten bisher wahrscheinlich nur wenige Weiße.«
    Van Boorst wickelte sich fester in den Schlafrock, starrte Harry an und kaute auf dem Mundstück seiner Zigarette herum. »Okay«, sagte er. »Tausend Dollar.«
    »Fünfhundert«, erwiderte Harry.
    »Fünf? Aber Sie …«
    »Vier«, sagte Harry.
    »Done!« , sagte van Boorst und streckte die Arme über den Kopf. »Was wollen Sie wissen?«
    »Alles«,

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