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Leopard

Leopard

Titel: Leopard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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sagte Harry, lehnte sich gegen die Wand und nahm seine Zigaretten heraus.
     
    Als Harry eine halbe Stunde später van Boorsts Haus verließ und in Joes Landrover stieg, war es dunkel geworden.
    »Zum Hotel«, sagte Harry.
    Es zeigte sich, dass das Hotel unten am See lag. Joe warnte Harry aber davor, baden zu gehen. Nicht wegen des Guineawurms, den er erst bemerken würde, wenn sich eines Tages eine dünne Schlange unter seiner Haut vorwölbte, sondern wegen des Methangases, das in großen Blasen vom Grund an die Oberfläche stieg und ihn ausknocken und töten könnte.
     
    Harry setzte sich auf seinen Balkon und beobachtete zwei langbeinige Gestalten, die im Stakkatogang über die beleuchtete Rasenfläche liefen wie zwei Flamingos im Pfauenkleid. Auf dem flutlichtbeleuchteten Tennisplatz spielten zwei schwarze Jungen Tennis. Sie hatten nur zwei Bälle, die beide so zerfleddert waren, dass sie wie zusammengeknüllte Sockenbälle aussahen, wenn sie über das ziemlich löchrige Netz flogen. Zwischendurch donnerten Flugzeuge direkt über das Dach des Hotels.
    Harry hörte das Flaschengeklirr, das aus der Bar zu ihm drang. Sie war exakt 68 Schritte von seinem Platz entfernt. Das hatte er bei seiner Ankunft gezählt. Er fischte das Handy aus der Tasche und wählte Kajas Nummer.
    Sie schien sich zu freuen, seine Stimme zu hören. Auf jeden Fall klang sie fröhlich.
    »Ich sitze in Ustaoset fest«, sagte sie. »Es schneit nicht Hunde und Katzen, sondern Pferde und Kühe. Aber wenigstens bin ich zum Abendessen eingeladen worden. Und das Gästebuch war interessant.«
    »Aha?«
    »Die Seite mit dem Datum, das uns interessiert, ist weg, rausgerissen.«
    »Hallo. Hast du überprüft, ob …«
    »Ja, ich habe überprüft, ob es Fingerabdrücke gibt oder ob sich die Schrift auf die nächste Seite durchgedrückt hat.« Sie kicherte. Harry tippte, dass sie ein paar Glas Wein intus hatte.
    »Hm, ich dachte da mehr an …«
    »Ja, ich habe überprüft, wer sich am Tag davor und danach eingetragen hat. Aber kaum einer bleibt länger als eine Nacht in so einer einfachen Unterkunft wie der Håvasshütte. Außer natürlich, die Wetterlage verhindert die Abreise. Und am 7. No vember war gutes Wetter. Der Dorfpolizist hat mir aber versprochen, die Gästebücher der umliegenden Hütten an den angrenzenden Tagen zu überprüfen, um rauszufinden, bei welchen Gästen die Håvasshütte auf der Strecke lag.«
    »Gut. Das klingt, als ob die Lunte brennt.«
    »Vielleicht. Und wie sieht’s bei dir aus?«
    »Etwas kälter, befürchte ich. Ich habe van Boorst gefunden, aber keiner der vierzehn Käufer kommt aus Skandinavien. Da war er sich ziemlich sicher. Ich habe sechs Namen mit Adressen, aber bei denen handelt es sich durch die Reihe weg um bekannte Sammler. Ansonsten nur Namen, an die er sich nicht mehr hundertprozentig erinnert, Personenbeschreibungen, Nationalitäten, das ist alles. Es gibt noch zwei Äpfel, von denen van Boorst zufällig weiß, dass sie sich bei einem Sammler in Caracas befinden. Hast du die Sache mit Adele und dem Visum überprüft?«
    »Ich hab die ruandische Botschaft in Schweden angerufen. Ich muss zugeben, ich hatte Chaos erwartet, aber die haben wirklich Ordnung in ihren Sachen.«
    »Kongos kleiner, widerborstiger großer Bruder.«
    »Sie hatten eine Kopie von Adeles Visumantrag, die Daten stimmten. Das Visum ist längst abgelaufen, aber sie wussten natürlich auch nicht, wo sie ist. Sie haben mir geraten, die Einwanderungsbehörde in Kigali zu kontaktieren, und mir eine Nummer gegeben. Ich bin wie eine Flipperkugel zwischen den Büros weitergeschaltet worden, bis ich bei einem englischsprechenden Wichtigtuer gelandet bin, der mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass wir kein entsprechendes Kooperationsabkommen mit Ruanda haben. Er hat es außerordentlich bedauert, mir eine Absage erteilen zu müssen, dafür aber mir und meiner ganzen Familie noch ein gutes und langes Leben gewünscht. Du bist auch noch auf keine Spur gestoßen, oder?«
    »Nein. Ich habe van Boorst das Bild von Adele gezeigt. Er meinte, dass die einzige Frau, die einen Apfel von ihm gekauft hat, volle rostrote Locken und einen ostdeutschen Akzent hatte.
    »Ostdeutscher Akzent? Gibt es so was denn überhaupt?«
    »Ich habe keine Ahnung, Kaja. Van Boorst läuft im Bademantel herum, raucht seine Zigaretten mit Mundstück, ist Alkoho liker und Experte für Akzente. Ich habe versucht, mich nicht ablenken zu lassen und so schnell wie möglich wieder

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