Ler-Trilogie 01 - Morgenrötes Krieger
wollen, dies mit wenig Mühe von allen verstanden werden kann.“ Plötzlich wurde sie wieder ernst. „Aber du mußt mich zurückgeben – schick mich zurück! Ich glaube nicht, daß ich so etwas tun kann. Ich werde dich enttäuschen.
Schick mich zurück. Jetzt! Wo das Verlangen noch tief in deinen Augen ist – ich will das andere nicht s e hen.“
„Das andere?“
„Die Verärgerung, die du empfinden wirst, wenn du feststellst, daß ich dir nicht folgen kann – daß ich zu schwach sein werde.“
„Oh nein, du wirst es schaffen.“ Er sagte es nicht, um ihr die Furcht und ihren plötzlichen Schwund an Selbs t vertrauen zu nehmen. Es stimmte ganz einfach. Han hatte vorher noch nie ein Wesen getroffen, das sich so schnell anpassen und lernen konnte. Es war fast so, als wenn sie nichts zurückwies, was der Wahrheit nahekam. „Komm jetzt! Wir wollen zusammen essen und reden. Du zuerst! Erzähl mir alles!“
„Alles?“
„Ja, alles – ich muß alles wissen.“
„Und du wirst mir dafür dein eigenes ‚alles’ zurüc k geben?“
„Soviel wie du verkraften kannst.“
„Es ist Dunkelheit und Nacht in deinen Worten, hinter deinen Augen. Aber ich will mitkommen und es freudig annehmen, denn dies ist eine Sache, die weit über die Schein-Geschichten der Zlats hinausgeht.“
Eigentlich hatte er sich vorgestellt, daß sie mit den Fi n gern essen würde. Aber im Gegenteil: Sie benutzte g e schickt das Besteck und schien mit seiner Handhabung völlig vertraut zu sein. Allerdings aß sie ungewöhnlich hastig und überstürzt. Sie sagte: „Nahrung ist eine ernste Sache; deshalb war ich auch so überrascht, daß du sie teilen wolltest – selbst nach all dem, was wir zusammen getan haben. Ein Zlat-Mann würde so etwas nie tun. Wir sind immer hungrig.“
„Du mußt dich ein bißchen zurückhalten. Wenn du zuviel ißt, bist du bald nicht mehr so hübsch.“
„Uh, ja, ich habe ein paar fette Klesh gesehen. Kein schöner Anblick.“
Als sie mit dem Essen fertig waren, gab Han ihr noch einen Becher heißes Bier, an dem sie mißtrauisch roch. Sie sagte: „Es ist die Magie des Volkes darin. Es ist ve r boten.“
„Ich weiß. Es ist gut, und es ist für uns beide nicht länger verboten.“
„Bedeutet das wirklich, daß du mich für dich selber behalten willst – für immer?“
„Ja, falls du bleiben willst.“
„Du würdest mich wählen lassen?“
„Ja, nicht hier, aber in meinem eigenen Land. Du wirst dort frei sein, auch frei von mir, wenn du es wünschst – auch wenn es mir schwerfällt, dir dies anzubieten.“
„Sei unbesorgt, ich werde eine solche Wahl nicht tre f fen, weder hier noch dort. Ich habe nur ein Leben zu l e ben; ich will nur eine Liebe – so wie diese. Es ist soviel mehr …“ Sie hielt inne und überlegte einen Moment lang. „Außerdem …“, sagte sie in einem plötzlichen A n flug von Scharfsinn, „noch sind wir nicht da . “
„So ist es. Wir müssen abwarten. Erzähl mir nun von den Zlats – alles! Komm, wir machen es uns gemütlich.“
Sie folgte ihm und setzte sich dicht neben ihn. Sie b e gann zögernd, so als verrate sie die allergrößten Gehei m nisse, bald aber tat das heiße Bier seine Wirkung, und die Geschichte kam in Fluß.
Eigentlich war sie recht einfach. Nach ihrer Darstellung war am Anfang ein großes Chaos gewesen, in dem die Menschen genauso wild waren wie die anderen Kreat u ren. Dann kam das Volk – die Ler –, brachte die Dinge in Ordnung und begann mit ihrer Zucht. Es war eine zie m lich enge Welt, aber relativ sicher innerhalb ihrer Gre n zen. Sie wußte, daß es noch wilde Menschen gab, aber sie beneidete sie nicht. Sie hatte niemals eingehender darüber nachgedacht.
Die Zlats waren natürlich die einzige Zucht, die sie gut kannte. Für Han klang es so, als wenn sie die am weit e sten entwickeltste sei. Aber selbst dann noch besaßen sie so wenig von dem, was man gemeinhin eine Kultur zu nennen pflegte, daß sie mit nichts zu vergleichen waren. Sie standen auf einem Niveau, das noch unter demjen i gen von Sklaven war. Auch fehlte ihnen jegliche Relig i on oder Subkultur. Indem man sie über Jahrtausende voneinander getrennt gehalten hatte, war ihnen die Mö g lichkeit genommen, etwas Derartiges zu entwickeln. Sie paarten sich nur dann, wenn man es ihnen erlaubte, ein i ge Tage zusammenzubleiben. Die übrige Zeit lebten sie sorgfältig voneinander abgeschirmt. Die Kinder wurden von ihren Müttern großgezogen, und nach einem gewi s
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