Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
hätte erkennen können, stellte nichts fest, was unzweifelhaft auf einen hinter oder neben ihm lauernden Verfolger hingedeutet hätte, aber das Gefühl ließ ihn nicht los, daß er von jemandem beschattet wurde, der sich hervorragend darauf verstand, vielleicht Kris Konkurrenz machte in bezug auf die Fähigkeit, in einer gewissen Entfernung zu folgen und trotzdem den Kontakt zu halten. Kris hätte diese Fähigkeit niemals ausgenutzt; er hätte sich immer direkt genähert, leise, aber direkt.
Wie er jetzt so darüber nachdachte, fiel ihm ein, daß dieses intuitive Gefühl, daß ihm jemand folgte, eingesetzt hatte, kurz nachdem er die Granithütte verlassen hatte, und daß es geblieben war und sich im Laufe des Tages verstärkt hatte. Er fing an, sich mehr in der Nähe des Dickichts zu halten, und versuchte so, seine Position zu verbergen und immer noch leiser zu gehen. Zuerst hatte diese Absicht keinen meßbaren Effekt, aber nach einer Weile nahm das Gefühl, verfolgt zu werden, doch ein wenig ab. Es fiel allerdings nicht gänzlich weg, sondern wurde lediglich etwas eingeschränkt; als ob er durch sein ausweichendes Verhalten den Wahrscheinlichkeitsbereich um ihn herum vergrößert und sein Schatten sich etwas weiter zurückgezogen hätte, aus Unsicherheit darüber, wo er genau war. Doch er verfolgte ihn immer noch.
Das erste Ergebnis seiner Bemühungen trat direkt und unmittelbar ein; ein langer Weg wurde noch länger; und als er wahrhaftig wieder in der Gegend war, die er als sein heimatliches Territorium betrachtete, in der Nähe des Anwesens der Derens, begann es sich wieder in die Dunkelheit hinein zu verflüchtigen. Später Nachmittag. Sein einziger Trost war die Tatsache, daß der Regen und der zeitweilige Nieselregen aufgehört hatten. Der Boden war außerordentlich rutschig in diesem aus Lehmhügeln bestehenden Feuersteinland; roter Lehm, der an den Stiefeln klebte, wenn er nicht gerade drohte, den Wandernden zu einem häßlichen Fall zu bringen. Aber die Luft war so rein wie Frühlingswasser, gewaschen, sauber, süß duftend, und die Bewölkung verzog sich allmählich. Es zeigten sich einzelne Stellen von strahlendem Blau, und entlang der Grenzen im Westen zuckte hinter den Feuersteinbergen ein Blitz. Am nächsten Morgen würde es wieder klar sein. Und plötzlich bemerkte er, daß das Gefühl des Verfolgtwerdens genauso schnell wieder verschwunden war, wie es gekommen war, daß es weg war und das schon seit geraumer Zeit. Schön. Vielleicht war es sowieso nur eine Einbildung gewesen, die leichte Nahrung gefunden hatte nach dem nächtlichen Vorfall, als Sanjirmil im Traum gesprochen hatte. Oder vielleicht hatte er einen eventuellen Verfolger auch bei all den Umwegen, die er gemacht hatte, abgeschüttelt. Vor sich sah er – durch die Lederblatteichen hindurch, von denen einige noch braun verfärbte Blätter entlang den dunklen und gekrümmten Ästen trugen – sein eigenes Toilettenhäuschen, und dahinter war die Erhebung, die das yos der Derens aus dieser Richtung vor dem Blick verbarg. Es gab ihm ein gewaltiges Stück mehr Sicherheit, wenngleich die logische Seite seines Gehirns weiter darauf bestand, ihn daran zu erinnern, daß er in Wirklichkeit hier auch nicht sicherer war als irgendwoanders.
Morlenden machte einen Umweg am Toilettenhäuschen vorbei, bevor er sich den Hügel hinunter zum yos begab, und als er seinen Umweg beendet hatte, ging er langsam weiter den schlüpfrigen Pfad hinunter, wobei er mißmutig darüber nachdachte, daß er eigentlich die rituelle Waschung unten in dem Trog vornehmen mußte und daß es ganz gewiß kalt sein würde. Er schauderte bei dem Gedanken daran. Vielleicht würde er Fellirian belügen, die sicher nicht lockerlassen würde. Nein, das würde auch nicht gehen; das würde sie schon schnell genug herausbekommen, und sie würde Kaldherman zu Hilfe rufen, und sie würden ihn eintauchen, während Cannialin daneben stehen und ihr übliches Lachen erschallen lassen würde. Aber jetzt war es kalt. Heute nacht würde es mit Sicherheit frieren. Unten im Hof, hinter dem Topf mit dem yos- Baum, einer überalterten Schwarzweide, erblickte er Fellirian und Pethmirvin, wie sie langsam auf das yos zugingen; ihr Atem dampfte in der kalten, feuchten Luft. Fellirian sah ihn, gab Peth einen leichten Stoß in die Seite, und beide winkten. Morlenden winkte ebenfalls, und ihm fiel ein, daß er gleichzeitig auf seine alte Feindin, die Wurzel, aufpassen mußte. Da war sie schon, und dieses
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