Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
Einer war der Koch, der lässig hinter der Theke stand und so ordentlich Würste briet, als ob dies die wichtigste Aufgabe von der ganzen Welt sei. In diesem Moment begriff Morlenden, daß es in der Tat genau das war.
Er ging durch das Refektorium und stellte sich an die Theke, wobei er eine einfache Holzschüssel hielt, die groß und ausgehöhlt war. Auch begriff er jetzt, daß es unnötig war, viel zu reden; denn wenn man mit einer Schüssel in der Hand vor einer Theke stand, war dies ebenso klar wie ein gesprochenes Wort: Vielleicht war das Reden wirklich etwas, das man nicht brauchte, wie das hohle Rasseln der Eicheln in einem Krug.
Der Koch belud seinen Teller mit einer großzügigen Portion Würste und Pfannkuchen, wobei er in die Richtung des in der Nähe stehenden Buttergefäßes nickte, und fuhr mit seiner Arbeit fort. Morlenden bediente sich, suchte sich einen Tisch und schlug sich den Bauch voll, da er wußte, daß er mit dem, was er hier aß, den ganzen Tag würde auskommen müssen. Er dachte darüber nach, während er so saß und aß, daß Sanjirmil mit dem, was sie über die Mitglieder der Granithütte gesagt hatte, vielleicht recht gehabt hatte, aber zugleich mochte das angebliche Bewahren von Geheimnissen auch nur eine Ausrede dafür sein, dieses unübertreffliche Essen zu genießen. Das war ein Geheimnis, das es wert war, bewahrt zu werden. Er sah noch einmal hin und bemerkte, daß innerhalb seiner Sichtweite alle wohlgenährt waren, kein Zweifel. Er hatte Visionen riesiger Platten mit gebratenem Fleisch, von dem der Bratensaft heruntertropfte, von Bierkrügen, und er lachte innerlich, als er auch daran dachte, was als Bezahlung von einem erwartet wurde: Meditation über die merkwürdigen, strikten Gebote der Lehre von den Gegensätzen. Stell dir bloß vor, dachte er, tu einfach das, wovor du dich am meisten fürchtest; darin liegt die wahre Freiheit. Und dann dachte er noch einmal darüber nach, und es kam ihm gar nicht mehr so merkwürdig vor. Vielleicht würde er in den Bänden der Granithütte noch einmal einen Eintrag machen. Aber was immer geschehen würde, er beschloß, auch die anderen einmal hierherzubringen. Zumindest wegen des Essens. Was die anderen betraf, so war er sich sicher, daß es allein Cannialin wirklich gefallen würde. Sie liebte die Ruhe. Fellirian redete einfach zu gern, und Kal war ein hoffnungsloser Fall.
Erfrischt und in ruhigerer Gemütsverfassung stand er vom Tisch auf, stellte seine Schüssel an einen eigens dafür reservierten Platz und verließ das Refektorium und das Gemeinschaftshaus: Beim Hinausgehen ließ er noch ein paar Münzen, die er in seinem Beutel gehabt hatte, dort. Ja, tatsächlich, dachte er. Ein angenehmer Ort. Da kann man gut einmal hingehen. Und vielleicht auch leben? Darüber würde er noch nachdenken müssen. Er redete nicht minder gern als Fellirian.
Draußen war ein kalter, bewölkter und immer noch regnerischer Tag. Ein abscheulicher Tag, um lange durch die Wälder zu wandern. Aber bald kam er wieder in Gang und verfiel in den auf manchem Pfade quer durch das Reservat geschulten Schritt. Er folgte Pfaden, die jetzt in den Boden des regenfeuchten Waldes eingedrückt waren; die Bäume waren mit einer funkelnden Haut klaren Wassers überzogen, von der es hell tröpfelte, die Kiefern waren von silbrigem Leuchten umgeben.
Er hielt sich in südwestlicher Richtung und begann nach nicht allzulanger Zeit vertraute Einzelheiten zu erkennen. Nun, da er etwas besser wußte, wo er war, und da er näher am heimischen Herd war, als er gedacht hatte, beschleunigte er seinen Schritt so sehr er nur konnte und so sehr es eben ging angesichts der Unzuverlässigkeit des Weges, der jetzt bis auf die nackte Erde ausgewaschen war. Aber während des Verlaufs dieses grauen Tages, während er die leeren Waldungen und Felder durchwanderte, verließ ihn allmählich das zeitweilige Wohlgefühl, das er gewonnen hatte, um durch etwas von dem Unbehagen ersetzt zu werden, das er in der Nacht zuvor empfunden hatte, als er mit Sanjirmil zusammengewesen war. Nicht die Angst, wie er sie am frühen Morgen empfunden hatte. Nein, das nicht. Mehr ein Unbehagen, und es nahm noch zu. Aber er bekam wieder ein Gefühl der Vorahnung, und als es früher Nachmittag war, beobachtete er sorgfältig den hinter ihm liegenden Weg, da er sich der Vorfalle am yos der Perklarens und am Baumhaus von Maellenkleth und Krisshantem erinnerte. Er sah nichts, hörte nichts, an dem er wirklich etwas
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