Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
hier Kinder hergeschickt hatten, um Erwachsenenarbeit zu machen, so war das wirklich nicht übertrieben. Die Drohung konnte er allerdings in ihrer Stimme hören, Akzent oder nicht. Ja, er würde es leicht mit ihr haben.
Die Stimme sagte: „Wir sind unzufrieden und in unseren innigsten Hoffnungen betrogen.“
Errat lauschte, verschob noch immer sein Gewicht und rückte unmerklich näher, langsam näher, näher. Wenn es wie hier dunkel war, mußte man so nahe wie möglich herankommen, um die Fehlermarge eines hastig geworfenen Messers zu reduzieren. Ja, es war Milar. Die seltsamen Ausdrücke, der Akzent, das Modanglisch einer gebildeten Fremden, einer Frau, für die Modanglisch nicht die Muttersprache war. Wo konnte das sein? Es gab nur noch wenige Flecken auf der Erde, wo es nicht gesprochen wurde, und was die betraf, so hatte er gedacht, er könne alle Akzente identifizieren. Errat spürte Bedauern. Er würde diese Milar ausgesprochen ungern umbringen, bevor er wußte, wer sie war und für wen sie arbeitete. Trotzdem …
Er sagte: „Sie haben ihre Hoffnungen vielleicht zu hoch für eine Verwirklichung geschraubt. Und die Anweisungen, die ich erhalten habe, waren nicht gerade ein Muster an Klarheit.“
„Das ist ohne Bedeutung. Uns geht es hier um das Versagen des Hauptbeteiligten.“
Errat hielt das Messer jetzt gerade und wurfbereit, seine Muskeln waren locker, aber im Alarmzustand und bereit für die nötige schnelle Bewegung. Er wollte sie reizen und sagte: „Es geht nicht um den Hauptbeteiligten, sondern um den Erteiler der Anweisungen!“ Beim letzten Wort warf er das Messer auf das Ziel, das er sich ausgesucht hatte. Es würde die Kehle sein. Er konnte es nicht riskieren, daß die Klinge von einer Rippe abgelenkt wurde. Die Kehle. Jetzt außer Gefecht setzen, und in einem Augenblick erledigen, nachdem er ein paar taktische Reparaturen angestellt und ein paar Fragen gestellt hatte. Darin war er Experte. Schon in dem Augenblick aber, als das Messer seine Hand verließ, zögerte er ganz kurz, als sei etwas nicht ganz in Ordnung. Das Gefühl hatte ihm schon den ganzen Nachmittag keine Ruhe gelassen. Noch während es in der Luft war, wußte er, daß etwas nicht stimmte, daß etwas falsch war, ganz falsch, und daß er die falsche Bewegung gemacht hatte. Was war das? Das Messer traf, das hörte er, aber es war nicht das Geräusch eines Messers, das Fleisch durchdringt. Sofort, als dieser Gedanke in sein Bewußtsein eindrang, spürte er in seinem Rücken einen plötzlichen festen Druck, an seiner linken oberen Seite zwischen den Rippen, als sei er in einer Menge, einer Schlange, von hinten grob angerempelt worden, und diesem ersten Eindruck folgten Hitze und Druck, die auf sein Herz gerichtet waren. Unglaubliche Hitze! Er versuchte, sich zu bewegen, Luft zu holen. Er schaffte es nicht. Seine Füße waren wie an den Boden angenagelt, seine Brust war wie von einem Eisenband umwickelt. Das Universum zog sich zu einem Punkt des Schmerzes in seiner Brust, seinem Rücken zusammen. So fühlt es sich also an, wenn man erstochen wird, dachte der rationale Teil seines Gehirns kühl und uninteressiert.
Es gelang ihm noch, zu einer Drehung anzusetzen, bevor er die Kontrolle über seine Beine völlig verlor. Ja, seine Mörderin war die ganze Zeit hinter ihm gewesen, bei der Tür hatte sie in absoluter Stille gestanden. Er hätte sie fast berührt. Wie hatte sie ihre Stimme projiziert, wie hatte sie so ruhig sein können? Diese Fragen beunruhigten Errat sehr, und er dachte über sie nach, als er mit schwindendem Bewußtsein am Boden zusammenbrach. Und das letzte, was er sah, war die Gestalt einer Frau, die sich über ihn beugte, während ihre dicken Kleider raschelten. Und dann war da nichts mehr.
Die Person, die behauptete, die Trägerin des programmierten Namens Zandro Milar zu sein, glitt lautlos aus den Schatten, den tieferen Schatten an der Tür, und bewegte sich dabei steif und ungelenk, um das Rascheln ihrer Kleider zu unterdrücken. Die Gestalt beugte sich über Errat, als würde sie lauschen oder eine Spur aufnehmen, eine merkwürdige, tierähnliche Geste. Sie berührte die Leiche nicht. Offensichtlich zufrieden, richtete sie sich wieder auf und stieg über die Leiche, um zum Tisch zu gehen. Dort entfernte sie ein Objekt von dem Bündel auf dem Tisch und schob es in die kleine Tragetasche in ihrer Hand. Dann blieb sie stehen, machte eine Pause, nicht so sehr, um etwas anzuschauen, da sie ihren Kopf nicht
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