Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
noch gewaltiger sind.“
„Warum erzählst du mir das?“
„Damit du möglicherweise begreifst, in was du hineingeraten bist. Wir kennen es und gleichen es aus. Es geschieht so automatisch, daß wir normalerweise gar nicht daran denken. Sie haben es dir nicht gesagt, und ich hätte es beinahe auch nicht getan. Ein Versehen. Aber eines, das ein schlimmes Ende nehmen könnte.“
„Das gilt für euch alle?“
„Den anderen Spielern gegenüber berücksichtigen wir es, aber bei anderen verlieren wir die Tatsache, daß sie nicht nach unseren Regeln spielen, manchmal aus den Augen.“
„Also riskiere ich jetzt, da ich endlich mit den Spielern Kontakt aufgenommen habe, daß ich in jedem Stadium des Spiels getäuscht und hinters Licht geführt werden kann.“
Trotz des Zwielichts konnte er sehen, daß sich Mevlannen bei seiner letzten Frage mit einer schmerzlichen Miene von ihm abgewandt hatte. „Nein“, sagte sie. „Das nicht so sehr. Oder vielleicht doch, es kann sein.“ Sie richtete sich auf. „Sei jetzt auf der Hut, auch mir gegenüber. Besonders aber bei Sanjirmil.“
Morlenden war versucht, von dem zu sprechen, was er sonst noch wußte und vermutete, aber er tat es nicht. „Sanjirmil?“
„Ja. Weil sie nie das Gegenprogramm zur Täuschung gelernt hat.
Es ist eine ethische Übung. Aus welchem Grunde auch immer – sie hat sie nie absolviert. Sie versuchen, das wettzumachen, aber du weißt, wie diese Dinge sind. Einmal aus der Reihe, und es ist für immer weg. Sie haben es versucht, aber niemand weiß, ob es wirkte … Sie kann gefährlich sein.“
Morlenden nickte. Eine Idee nahm in seinen Gedanken Gestalt an. Er begriff, daß keine fehlenden Daten sie daran hinderten, früher damit herauszukommen, sondern daß er den offensichtlichen Abschluß die ganze Zeit unterbunden hatte. Und diese Gewißheit erheiterte ihn nicht. So erfuhr er von einer Kehrseite, die er ohne sein Wissen mit sich herumgetragen hatte, ein schmutziges, kleines Geheimnis um fast verbotene Früchte, von verschwitzten, festen, geschmeidigen Körpern und salzigen Küssen, ein Eindruck, der ohne gewisse Umstände und einen Zufall nie eine Rolle gespielt hätte. Ja. Jetzt wußte er es. Es blieb nur noch zu bestätigen.
Er folgte Mevlannen in den hinteren Teil der Hütte. Dort, in einem angrenzenden kleinen Raum, stand ein hartes, spartanisches Bett im Stil menschlicher Kultur, hoch mit groben, aber gemütlichen Decken beladen.
Mit einem zarten, kleinen Hauch pustete sie die Kerze aus, mit der sie ihren Weg beleuchtet hatte. Wind und Regen und Sturm umtosten die Hütte, peitschten den verkümmerten, zerzausten Wacholder gegen die Wände, ließen ihn darüberschaben und erfüllten die Dunkelheit mit ihrer Melodie, dennoch hörte Morlenden die seidigen Geräusche, mit denen ihr Überhemd über ihren Kopf von ihrem Körper glitt und zu Boden fiel. Er fühlte es mehr, als daß er es sah oder hörte, wie sich Mevlannen bewegte, dann hörte er die Decken rascheln, als sie nackt ins Bett schlüpfte.
Er zog sein Überhemd nicht ohne Zögern aus, und als er die Kälte fühlte, glitt er neben sie in das Bett. Die Decken waren rauh und hart. Sie kam ganz nahe zu ihm, glitt in seinen Arm und streckte sich in voller Länge an ihn geschmiegt aus. Obwohl ihre Absicht im Grunde genommen nicht erotischer Natur war, war es doch erotisch und dementsprechend aufreizend. Morlendens innerer Wechsel war schon vor Jahren erfolgt. Er und Fellirian hatten sowohl den Willen als auch die Möglichkeiten verloren, nachdem sie ihre dritte Schwangerschaft vollendet und entbunden hatte. Aber sie hüteten ihre Erinnerungen und vergaßen nie, und die Sinne erfüllten nach wie vor ihre Funktionen. So wußte er nur zu gut, wie begehrenswert dieses glatte, geschmeidige junge Mädchen war, wie begierig auf Liebe; doch gleichzeitig ging das, was er fühlte, nicht weiter als ein Gedanke, eine Erinnerung. Wenn sein Körper überhaupt reagierte, so spürte er es nur vage irgendwo in der Umgebung des Herzens, vielleicht im Zwerchfell, wo es sich in etwas auflöste, für das es kein ihm bekanntes Wort gab: etwas Lächerliches und zur Reaktion Unfähiges, wie eine namenlose, dazwischen liegende Empfindung, etwas zwischen Zärtlichkeit und Magenverstimmung.
Ruhig, gleichmäßig und tief atmend, lag sie neben ihm. Nach einer Weile wurde ihr Atem weicher, flacher, und ein- oder zweimal zitterte ihr Körper leicht. Jetzt begann sich die Kombination von Erschöpfung und Mevlannens
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