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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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Rede.
    »Ja, mein Herr, seit langem leidet das Volk. Sie aber kommen zu mir und sprechen mir von Ludwig XVII. Ich kenne Sie nicht. Seit ich in dieser Gegend lebe, bin ich einsam, setze meinen Fuß nicht vor meine Schwelle, sehe niemand als diesen Jungen, der mir hilft. Wohl ist Ihr Name zu mir gedrungen, ich muß sagen, er klang nicht übel, aber das beweist nichts. Geschickte Leute haben es nicht schwer, dem braven Volk etwas glaubhaft zu machen. Übrigens, ich habe Ihre Equipage nicht vorfahren gehört, Sie haben sie wohl dahinter dem Wald, am Kreuzweg stehengelassen? Ich kenne Sie nicht, sage ich Ihnen. Sie erklären, Sie seien der Bischof, aber das gibt mir für Ihre moralische Persönlichkeit keine Gewähr. Darum wiederhole ich meine Frage. Wer sind Sie? Sie sind ein Bischof, ein Kirchenfürst, einer dieser mit stattlichen Renten ausgestatteten Herren, denen es nicht an fetten Pfründen fehlt, Sie haben als Bischof von Digne fünfzehntausend Franken Gehalt und zehntausend Franken Nebeneinkünfte, also zusammen fünfundzwanzigtausend Franken! Sie gehören zu jenen, die eine gute Küche führen, denen es an livrierten Dienern nicht fehlt, die freitags Wasserhühner essen, die in einer Galakutsche, Lakaien hintenauf, einherfahren – und das im Namen Jesu Christi, der barfuß ging. Sie sind ein Prälat. Renten, Palast, Pferde, Diener, einen guten Tisch, alle Annehmlichkeiten des Lebens, all das genießen Sie, aber das sagt mir nur wenig. Über Ihren inneren, wesentlichen Wert weiß ich nichts, obwohl Sie doch zu mir gekommen sind, um mir die Tröstungen der Weisheit zu bringen. Mit wem spreche ich? Wer sind Sie?«
    Der Bischof senkte den Kopf und sagte:
    »Vermis sum.«
    »Ein Erdenwurm, der in der Karosse fährt«, murmelte das Konventsmitglied. Jetzt war der alte Rebell herrisch und der Bischof demütig.
    »Mein Herr«, sagte der Bischof, »sagen Sie mir doch, wieso meine Equipage, die dort hinter den Bäumen wartet, mein wohlbestellter Tisch mit den Wasserhühnern, die ich freitags esse, und meine Rente von fünfundzwanzigtausend Livres, wieso schließlich mein Palast mit meinen Lakaien beweist, daß das Mitleid keine Tugend, die Milde keine Pflicht und das Jahr 93 nicht verabscheuungswürdig ist?«
    Das Konventsmitglied strich sich über die Stirn, wie um eine Wolke zu verscheuchen.
    »Bevor ich Ihnen antworte, bitte ich Sie um Verzeihung. Ich tat unrecht, mein Herr. Sie sind hier in meinem Hause, Sie sind mein Gast. Ich bin Ihnen Höflichkeit schuldig. Sie erörtern meine Gedanken, also habe ich mich darauf zu beschränken, Ihre Argumente zu bekämpfen. Ihr Reichtum und Ihr behagliches Leben bieten mir im Kampf einen Vorteil, den ich nicht benützen darf. Es wäre gegen den guten Geschmack. Ich verspreche Ihnen, es in Zukunft nicht mehr zu tun.«
    »Ich danke Ihnen«, sagte der Bischof.
    »Gut, Sie sagen also, das Jahr 93 sei verabscheuungswürdig? Wir seien erbarmungslos gewesen?«
    »Erbarmungslos, das ist es. Was halten Sie von Marat, der in die Hände klatschte, als er die Guillotine sah?«
    »Und was halten Sie von Bossuet, der die Protestantenmetzeleien mit einem Tedeum feierte?«
    Diese Antwort war hart, aber sie traf scharf wie eine Degenspitze. Der Bischof fuhr zusammen und fand keine Erwiderung. Es war ihm schmerzlich, Bossuet in diesem Zusammenhang nennen zu hören. Auch die besten Geister haben ihren Fetisch und fühlen sich verletzt, wenn die Logik mit ihnen respektlos umspringt.
    Der alte Revolutionär begann schwer zu atmen; die Atemnot des Todeskampfs würgte ihn in der Kehle; noch immer strahlte das Licht in seinen Augen.
    »Wir können noch ein wenig sprechen. Sie verabscheuen das Jahr 93 und finden es erbarmungslos, aber wie war die Monarchie? Oh, ich beklage das Schicksal Marie Antoinettes, aber auch jene arme Hugenottin verdient mein Mitleid, die 1685 unter Ludwig dem Großen, obwohl sie noch ihr Kind nährte, nackt bis zum Gürtel an einen Pfahl gebunden und vor die Wahl gestellt wurde, ihr Kind vor ihren Augen töten zu lassen oder gegen ihr Gewissen ihrem Glauben abzuschwören. Wie beurteilen Sie diese einer Mutter bereitete Tantalusqual? Mein Herr, beachten Sie es wohl, die französische Revolution hatte ihren großen Sinn. Die Zukunft wird die Verirrungen ihres Zorns entschuldigen, denn ihr Ergebnis war eine Verbesserung der Welt. Sie hat grausam zugeschlagen, aber sie hat dem Menschengeschlecht Wohltaten erwiesen. Doch ich will nicht weitersprechen, ich bin es allzu leid, und der Tod

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