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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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»täglich seine besten Kleider anzuziehen und die Leute so in Schweiß zu bringen?«
    Marius war wieder im Luxembourg.
    Das junge Mädchen und Herr Leblanc waren da. Der junge Mann ging so nahe heran, als irgendwie anging, indem er vortäuschte, er sei in sein Buch vertieft; dann bezog er wieder auf seiner Bank Posten und beobachtete vier Stunden lang in der Allee die Sperlinge, die sich benahmen, als machten sie sich über ihn lustig.
Gefangen
    An einem der letzten Tage der zweiten Woche saß Marius wieder wie gewöhnlich auf seiner Bank und hielt das aufgeschlagene Buch in der Hand, obwohl er seit zwei Stunden kein Blatt umgewendet hatte. Plötzlich begann er zu zittern. Am Ende der Allee ging etwas vor. Herr Leblanc und seine Tochter waren aufgestanden, das Mädchen hatte den Arm des Vaters genommen, und beide näherten sich langsam dem Platze Marius’. Er klappte sein Buch zu, schlug es wieder auf und begann krampfhaft zu lesen. Er zitterte. Das Licht kam geradeswegs auf ihn zu.
    Großer Gott, dachte er, ich habe nicht einmal Zeit, mich in eine anständige Haltung zu bringen!
    Inzwischen kamen der Mann mit dem weißen Haar und das junge Mädchen näher. Marius schien es, als ob dieser Gang einJahrhundert dauerte, und doch war alles nur eine Sache von Sekunden.
    Was wollen sie nur hier? dachte er. Oh, sie werden hier vorüberkommen.
    Er war außer sich, wollte recht hübsch aussehen, hätte gern in diesem Augenblick das Kreuz an der Brust getragen. Schon hörte er ihre Schritte im Sande knirschen. Er dachte, daß Herr Leblanc ihn mißmutig ansehe. Will er mit mir sprechen, fragte er sich. Er senkte den Kopf. Als er wieder aufblickte, waren die beiden fast vor ihm. Das junge Mädchen ging vorüber und sah ihn fest an, mit einer sanften Nachdenklichkeit, die Marius von Kopf bis zu Fuß erschauern ließ. Ihm war, als ob sie ihm Vorwürfe mache, daß er so lange ferngeblieben sei, und ihm sage: gut, also komme ich. Er war geblendet vom Glanz ihrer tiefen Augen.
    Sein Gehirn glühte wie ein Feuerbecken. Sie war zu ihm gekommen! Und wie sie ihn angesehen hatte! Sie schien ihm schöner als je. Schön auf eine zugleich weibliche und engelhafte Art, von jener Schönheit, die ein Petrarca besungen und vor der ein Dante niedergekniet wäre. Ihm war zumute, als ob er im blauen Himmel schwebe. Und gleichzeitig war es ihm höchst unangenehm, daß seine Stiefel staubig waren.
    Gewiß hatte sie auch seine Stiefel bemerkt.
    Er blickte ihr nach, bis sie verschwunden war. Dann begann er im Luxembourg auf und ab zu laufen wie ein Narr. Es ist sogar wahrscheinlich, daß er laut lachte und sprach. So nachdenklich blieb er bei den Kindermädchen schließlich stehen, daß jede meinte, er wäre in sie verliebt.
    Zuletzt verließ er den Park, in der Hoffnung, den beiden auf der Straße zu begegnen.
    Unter den Arkaden des Odéon stieß er auf Courfeyrac und sagte zu ihm:
    »Kommen Sie mit mir essen.«
    Sie gingen zu Rousseau und gaben sechs Franken aus. Marius aß wie ein Wolf. Dem Kellner gab er sechs Sous. Beim Dessert fragte er Courfeyrac:
    »Hast du die Zeitung gelesen? Dieser Audry de Puyraveau hat eine herrliche Rede gehalten.«
    Er war bis über die Ohren verliebt.
    Nach dem Essen sagte er zu Courfeyrac:
    »Ich lade dich ein, gehen wir ins Theater.«
    Sie gingen nach der Porte Saint-Martin und sahen Frédéric in der »Auberge des Andrets«. Marius amüsierte sich köstlich.
    Dabei war er menschenscheuer als je. Als sie aus dem Theater kamen, wollte er nicht das Strumpfband einer Modistin sehen, die gerade über den Rinnstein stieg, und als Courfeyrac sagte: »Die Kleine möchte ich gern für meine Kollektion«, graute ihm fast.
Abenteuer um den Buchstaben U
    Ein langer Monat verstrich, und täglich ging Marius in den Luxembourg. Nichts konnte ihn, wenn die Stunde gekommen war, zurückhalten. »Er hat Dienst«, meinte Courfeyrac. Marius lebte in einem Meer des Entzückens. Jetzt konnte er nicht mehr daran zweifeln, daß das Mädchen seine Blicke erwiderte.
    Er war kühner geworden und näherte sich der Bank, doch wollte er nicht an ihr vorbeigehen, vielleicht aus Schüchternheit, vielleicht aus Vorsicht. Er wollte nicht die Aufmerksamkeit des Vaters auf sich lenken. Mit einem Macchiavellismus sondergleichen hatte er sich von Baum zu Baum, von Statue zu Statue einen Weg ausgerechnet, der es ihm ermöglichte, dem jungen Mädchen so nahe zu kommen und doch für den alten Herrn unsichtbar zu bleiben. Manchmal blieb er eine halbe Stunde

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