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Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition)

Titel: Les Misérables / Die Elenden: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo
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rissen ab. Schließlich wurden die Produkte verfälscht, das Vertrauen der Konsumenten ging verloren; der Absatz sank, es gingen keine Aufträge mehr ein. Die Löhne fielen, Arbeitslosigkeit war die Folge, der Bankrott das Ende. Alles verfiel.
Boulatruelle
    Kurze Zeit nachdem der Sträfling Jean Valjean sich, wie das Ministerium in Erfahrung brachte, in der Gegend von Montfermeil herumgetrieben hatte, wurde in eben jenem Dorf beobachtet, daß ein alter Straßenarbeiter, ein gewisser Boulatruelle, sich im Walde auffällig zu schaffen mache. Es hieß im Dorf, Boulatruelle habe im Bagno gesessen. Er wurde von der Polizei beobachtet, und da er nirgends Arbeit fand, wurde er von der Verwaltungsbehörde als Straßenarbeiter auf der Strecke zwischen Gagny und Lagny beschäftigt.
    Dieser Boulatruelle war in der Gegend nicht wohlgelitten; er war allzu höflich, allzu bescheiden, allzu rasch bereit, jedermann zu grüßen oder den Gendarmen höflich zuzulächeln. Offenbar war er mit einer Räuberbande im Komplott und im Ernstfall durchaus geneigt, jemand des Nachts zu überfallen. Zu seinen Gunsten war nur zu sagen, daß er ein Säufer war.
    Nun war folgendes beobachtet worden:
    Seit einiger Zeit entfernte sich Boulatruelle früh am Tage von seiner Beschäftigung, die Straße zu pflastern und in Ordnung zu halten; dann ging er mit einem Spaten in den Wald. Man sah ihn des Abends auf einsamen Lichtungen, beobachtete ihn in entlegenen Dickichten, wie er offenbar etwas suchte, zuweilen sogarLöcher grub. Brave Frauen, die ihm begegneten, hielten ihn schlankweg für Beelzebub; erkannten sie dann Boulatruelle, so waren sie durchaus nicht etwa beruhigt. Auch schien es, daß ihm solche Begegnungen unlieb waren. Augenscheinlich suchte er sich zu verbergen und wollte seine Sache unerkannt betreiben.
    Im Dorfe wurde gesagt, es sei nicht mehr daran zu zweifeln, daß dem Boulatruelle der Teufel erschienen sei. Darum suche er jetzt. So ein Lumpenkerl ist imstande, noch sein Glück zu machen, wurde vermutet. Anhänger Voltaires meinten: wird Boulatruelle den Teufel fangen, oder der Teufel Boulatruelle? Alte Frauen bekreuzigten sich eifrig.
    Schließlich hörten Boulatruelles geheimnisvolle Arbeiten im Walde auf, er betreute wieder regelmäßig seine Straße. Niemand sprach weiter von der Sache.
    Einige Leute allerdings blieben neugierig, dachten, es gehe hier wohl nicht um die fabelhaften Schätze aus dem Märchen, vielleicht aber um eine recht solide Sache, eine bessere als Wechsel auf des Teufels Bank; der Straßenarbeiter habe vielleicht ein Geheimnis zur Hälfte aufgedeckt. Am lebhaftesten interessiert waren der Schulmeister und der Gastwirt Thénardier, der aller Welts Freund war und darum auch Boulatruelle nicht mied.
    Eines Abends meinte der Schulmeister, in früheren Zeiten würde sich die Justiz doch wohl mit der Frage beschäftigt haben, was dieser Boulatruelle im Walde treibe. Und damals hätte man ihn schon zum Reden gebracht, man hätte eine geeignete Tortur angewendet, und, falls Boulatruelle noch immer widerstanden hätte, die Befragung durch das Wasser gewählt.
    »Nun, dann wählen wir die Befragung durch den Wein«, meinte Thénardier.
    Man setzte sich zusammen und ließ den alten Arbeiter saufen. Er trank furchtbar – und sprach wenig. Er verband den Durst eines Wanderers in der Wüste mit der Verschwiegenheit eines Richters.
    Aber man drang in ihn, entlockte ihm einzelne dunkle Worte, und schließlich konnten Thénardier und der Schulmeister sich etwa folgenden Sachverhalt zusammenreimen.
    Als Boulatruelle sich eines Morgens auf seinen Arbeitsplatz begeben hatte, war er zu seiner Verwunderung an einer entlegenen Stelle, im Gestrüpp, auf eine Schaufel und eine Hacke gestoßen. Es sah ganz so aus, als ob dieses Gerät dort versteckt worden sei.Doch hatte er geglaubt, es gehöre vielleicht Vater Six-Foures, dem Wasserträger, und hatte sich darüber keine Gedanken gemacht. Am Abend desselben Tages aber hatte er, hinter einem Baume stehend – und ohne selbst gesehen zu werden –, einen Menschen bemerkt, der nicht aus dem Dorfe war, den er, Boulatruelle, aber recht gut kannte, wie Thénardier behauptete, also ein Kamerad aus dem Bagno. Dieser Mann sei in das dichteste Dickicht des Waldes eingedrungen. Boulatruelle wollte um keinen Preis den Namen nennen. Dieser Mann trug irgend etwas Viereckiges, vielleicht eine große Schachtel oder eine kleine Truhe. Jetzt war Boulatruelle verwundert gewesen. Doch kam ihm erst nach

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