Lesebuch für Katzenfreunde
ich sein. Sagen Sie, daß ich es bin. Mir wird bange.
9. August 1948
An James Sandoe
Ich bin fasziniert von der Katze, die uns Schlangen ins Haus bringt. Unsere Katze, die jetzt 17 Jahre alt ist und ziemlich träge, tat so was auch immer… Sie ist eine schwarze Angora. Was haben denn Sie für eine? Oder haben Sie mehrere? Wir konnten uns nie eine zweite zulegen, weil Taki uns einfach nicht ließ. Einmal lasen wir in der Wüste ein streunendes Kätzchen auf und versuchten, es mit ins Haus zu nehmen, aber da wurde sie so rasend vor Wut, daß sie sich übergab. Also mußte das arme Kätzchen in der Garage schlafen und draußen essen, bis wir ihm eine neue Heimat gefunden hatten. Auch ein Hund ist unmöglich. Nur Fische gehen, sonst nichts. Fischen gegenüber ist sie indifferent. Sie ist fürchterlich verwöhnt. Als wir das letztemal weggingen, schlug sie der Köchin die Brille von der Nase, und als wir wiederkamen, spuckte sie mich an und sprach zwei Tage lang kein Wort mit uns.
20. September 1948
An Charles W. Morton
…Habe ich Ihnen denn ein Bild von unserer Katze geschickt? Ich hatte sie gefragt, und sie sagte, zum Teufel mit Boston, sie wolle ihr Bild da nicht haben… Also sagte ich ihr, in Boston, da erscheint das Atlantic, das als die allerintellektuellste Zeitschrift im Lande gilt, abgesehen von dem Avantgarde-Kram, den aber doch keiner liest außer den Kerls, die ihn selber schreiben. Die Katze sagte, zum Teufel auch mit dem Atlantic; der letzte Aufsatz, den sie zu lesen versucht hätte in dem Ding, wäre irgendwas über England gewesen (zum Teufel mit England) und von einem Kerl verfaßt, der wohl so eine Art Lehrer wäre an irgendeinem College oder so ähnlich, und der Kerl hätte nicht den Unterschied zwischen ›sich‹ und ›einander‹ gewußt. Kein Wunder, daß Ungebildete bei uns im Lande den Ton angäben und Kerls, die Abie’s Irish Rose für einen Roman hielten.
Sie sagen, Sie würden durchaus einen Aufsatz über unsere Katze nehmen, vergeb’s Ihnen Gott. Versuchen können Sie’s ja mal, ob Sie so was kriegen, einen Aufsatz über unsere Katze. Diese Katze hat nicht siebzehn Jahre lang bei uns gelebt, nur damit am Ende irgendein Nassauer daherkommt, vergeb’s ihm Gott, und sagt, er würde durchaus einen Aufsatz über sie nehmen für sein gottverdammtes Gemeindeblättchen. Sobald er sich so einen Aufsatz ergatterte, über unsere Katze oder von unserer Katze oder auch bloß genehmigt von unserer Katze, würde er kopfunter am Kronleuchter hängen, den Fuß im Mund. Zum Teufel mit ihm, sagt unsere Katze. Und wenn Ihnen das nicht paßte, sollten Sie sich an Ihren Rechtsanwalt wenden.
23. September 1948
An James Sandoe
Unsere Katze wird langsam ausgesprochen tyrannisch. Wenn sie sich irgendwo allein fühlt, stößt sie ein Geheul aus, daß einem das Blut in den Adern gerinnt, und das hält sie durch, bis jemand angelaufen kommt. Sie schläft auf einem Tisch in der Seiten-Veranda und verlangt jetzt, daß man sie rauf und runter hebt. Sie kriegt abends gegen acht ihre warme Milch und fängt bereits um halb acht an, danach zu schreien. Wenn sie ihr Näpfchen endlich hat, trinkt sie ein bißchen, geht dann beiseite und setzt sich unter einen Stuhl; dann kommt sie wieder und schreit sich wieder die Lunge aus dem Leib, bis jemand sich neben sie stellt, während sie sich erneut der Milch zuwendet.
Wenn wir Gäste haben, sieht sie sich die Leute kurz an und trifft fast augenblicklich die Entscheidung, ob sie ihr sympathisch sind. Sind sie’s, so spaziert sie zu ihnen hinüber und läßt sich dort auf den Boden plumpsen, grad weit genug von ihnen entfernt, um ihnen die Möglichkeit, sie zu kraulen, nicht allzu leicht zu machen. Sind sie ihr aber unsympathisch, so setzt sie sich mitten ins Wohnzimmer, wirft einen verächtlichen Blick in die Runde und geht dann daran, sich den Rücken zu putzen – oder vielmehr den verlängerten Rücken. Mitten in dieser reizenden Vorstellung hält sie ganz plötzlich inne, hebt den Kopf, ohne ansonsten ihre Haltung zu ändern (ein Bein kerzengerade gegen die Decke gerichtet), starrt in den Raum, um dabei irgendein abstruses Problem zu durchdenken, und widmet sich dann wieder der Reinigung ihres Hinterteils. Diese Arbeit wird stets in der öffentlichsten Weise verrichtet.
Als sie noch jünger war, feierte sie das Scheiden von Besuchern stets dadurch, daß sie wie wild durchs Haus raste, um schließlich mit einem Krallensprung auf der Couch zu landen, dem schönen
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