Lesebuch für Katzenfreunde
Himmelsrichtungen nah und fern gab es überall Katzen in Gefangenschaft, und die meisten ahnten nicht einmal etwas von einem anderen Leben. Wie konnte man diese Katzen retten?
Weder Solo noch die anderen rechneten damit, die Antwort aus der Pfote zu schütteln. Die Befreiung der zahmen Katzen war ein Weg voller Gefahren. Doch durften sie sich von Gefahren abschrecken lassen? Sie waren wilde Katzen und Kämpfer. Und immer deutlicher spürten alle: Das war ihre Aufgabe, das Vermächtnis der Prill, die die Schlange bezwungen hatte. Ihr Ring – das Nachtgestirn – schützte sie mit sanften Strahlen und würde sie immer wieder ans Ziel führen. Deshalb mußten sie in den kommenden Jahreszeiten viele zahme Katzen befreien, die in den Behausungen der Besitzer gefangen waren.
»Schlag dir das aus dem Kopf, Solo«, sagte Kitty-Kitty eines Nachts, »alle Katzen kannst du nicht retten.« Sie und Solo saßen auf der großen Wiese. Carver und Justin übten sich als Jungbarden unermüdlich im ›Kämpfen‹.
»Ja«, sagte Solo, »ich denke, wir retten nur die, die wir retten können.« Kitty-Kitty fauchte ärgerlich. Solo bemühte sich wieder einmal darum, sie bewußt nicht zu verstehen. Wie der Vater, so der Sohn, dachte sie und mußte plötzlich lachen. Dann holte sie tief Luft und sagte wieder ernst: »Der Berg ernährt nur eine bestimmte Zahl Katzen. Vermutlich hast du darüber noch nicht nachgedacht, oder?«
»Es gibt jede Menge Berge, Kitty-Kitty. Als ich mich zuletzt umgesehen habe, waren sie alle noch da.«
Unwillkürlich blickte Kitty-Kitty auf die verschwommenen Umrisse der Berge im Westen. Manche mußten so hoch sein, daß der ›Hügel‹, auf dem sie lebten, dagegen klein zu sein schien. Sie schwieg beeindruckt und überließ sich dem unglaublichen Gefühl von Frieden und Sicherheit, das über der Wiese lag. Solos Atem wurde allmählich langsamer und gleichmäßig, und Kitty-Kitty stellte fest, daß er doch tatsächlich hier im Freien ein Schläfchen hielt. Warum auch nicht? Sie konnten nicht besser geschützt sein, solange Barden wie Ponder, Selvyn und andere dort unten an der Baumgrenze Wache hielten.
»Das ist also Glück und Wohlbefinden«, flüsterte Kitty-Kitty, gähnte und schlief ebenfalls ein.
Einige Erläuterungen zum besseren Verständnis:
Barde Männliche Katze, Kater
Behausung Haus oder Wohnblock
Besitzer Mensch
Dom Respektvolle Anrede und Rang des Führers eines Quorums
Fey Tranceähnlicher Zustand, der durch großen Streß oder eine Krankheit hervorgerufen wird; üblicherweise zieht sich die Katze dabei völlig in sich zurück und beginnt, sinnlos zu kratzen und zu beißen. Auch ein Zustand der Bewußtlosigkeit
Graille Eßbares, Nahrung
Legenden Sammelbegriff für das instinktive Wissen und die kollektive Erinnerung der Katzen
Quorum Gemeinschaft der wilden Katzen
Prill Weibliche Katze
Rack Geruch oder Duft
Rauwolf jedes motorisierte Fahrzeug
Ring Immaterielles Sensorium, mit dem die Katze ihre unmittelbare Umgebung »spürt« oder »fühlt«
Silt Kot; auch als Schimpfwort benutzt
Vollzieher Ranghohe Barden im Dienst eines Dom
Wolfer Wolf, Kojote, Fuchs
Und wichtige handelnde Katzen:
Solo, der Kleine, trägt in sich das uralte Wissen, das ihm ungeahnte Kraft verleiht.
Selvyn, der Rote, ist nicht nur schnell und klug, sondern hat auch immer treffende Bemerkungen parat.
Spanno, der Farbige, der sich in kameradschaftlicher Bescheidenheit seiner herausragenden Fähigkeiten kaum bewußt ist.
Ditto, der Schwanzlose, ein Außenseiter, der sich still und klug behauptet.
Ponder, der Graue, das rauhe, brummige, ruppige Muskelpaket, das das Herz auf dem rechten Fleck hat.
Tanner, der Erzfeind, der sich nie fürchtet, aber gefürchtet werden will, bis die Ereignisse von ihm weit mehr als Mut und Siege verlangen.
Kitty-Kitty, die weiße Prill, die zu den Opfern gehört, die durch alle Tiefen hindurch müssen, dabei aber nie den Mut verlieren.
Sprecher, der Alte, weiß um die großen Zusammenhänge und kann so der verständnisvolle Ratgeber seiner Gemeinschaft sein
Raymond Chandler
Schwarze Schönheit
19. März 1945
An Charles W. Morton
…Ein Mann namens Engstead hat vor einiger Zeit für Harper’s Bazar ein paar Fotos von mir aufgenommen (warum, ist mir bis heute schleierhaft), und eins davon, das mich mit meiner Sekretärin auf dem Schoß zeigt, ist wirklich gut gelungen. Wenn das Dutzend Abzüge da ist, das ich bestellt habe, bekommen Sie einen. Die besagte Sekretärin,
Weitere Kostenlose Bücher