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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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die ersten von vielen.«
    Nach einem Kreislauf unterschieden sich die geretteten Katzen rein äußerlich kaum noch von den übrigen Mitgliedern des Quorums. Sie nahmen zu und kamen schnell wieder zu Kräften. Die Wunden verheilten, und die Narben fielen unter dem nachwachsenden, gesunden, dichten Fell nicht mehr sehr auf. Die äußeren Anzeichen der schweren Zeiten schwanden, aber in den Augen sah man noch deutlich die inneren Wunden. Sie alle waren einmal zahme Katzen gewesen, aber nach den Besitzern sehnten sie sich nicht zurück. Keine der Befreiten wollte jedoch eifriger eine wilde Katze werden als die kleine, schwanzlose Doeby. Der dunklen Prill fehlte aber nicht nur der Schwanz, sie besaß auch nicht die wachen Instinkte und das Wissen, um in der Wildnis zu leben. Und das war schlimmer. Sie hatte nie gejagt oder Gras gegessen oder gelernt, die Luft zu prüfen, um Wasser zu finden. Sie konnte die natürlichen Geräusche von Ruhe und Ordnung nicht von Gefahren unterscheiden und ihren Ring kaum vier oder fünf Katzenlängen ausdehnen. Ditto bewies unendliche Geduld. Er ermutigte sie auf Schritt und Tritt, und so lernte Doeby schnell, und ihr natürliches Selbstbewußtsein erwachte. Dittos Vertrauen und seine Liebe halfen ihr über die vielen unvermeidlichen Mißgeschicke hinweg. Er zeigte ihr Nacht für Nacht, daß sie als wilde Katze stolz und schön war. Kitty-Kitty beobachtete Doebys Fortschritte mit Achtung und Freude, denn Doeby war nicht länger die hochmütige, dumme zahme Prill von früher.
    Auch Rainey fand sich gut zurecht. Sie und Harker hatten vor ihrer Gefangenschaft in einem Quorum gelebt, und es fiel ihr leicht, das gewohnte Leben in der Gemeinschaft wiederaufzunehmen. Nur hin und wieder packte sie tiefe Verzweiflung; dann rannte sie allein durch den Wald und trauerte um Harker. Solo hoffte anfangs, sie und Kitty-Kitty könnten sich anfreunden, da sie beide ein schweres Schicksal überwunden hatten. Aber wenn sie zusammensaßen, erinnerten sie sich gegenseitig an den Verlust in ihrem Leben, und dann schlichen sie gedrückt bald wieder auseinander.
    Einer der neuen Barden, ein großer junger Schwarzer, war seinem Wesen nach ein Vollzieher – und er würde seinen Platz unter den ranghöheren Barden finden. Die Anwesenheit der neuen kinderlosen Prills, die jederzeit perrlig werden konnten, bewog die jungen Barden, ihre Rufe und Fugen zu üben. Alles in allem waren die Neuen eine gute, starke Gruppe, und Solo war zufrieden. Er staunte darüber, daß mehrere schon in den Behausungen der Besitzer vom Mondwald gehört, die Geschichte jedoch meistens als Märchen abgetan hatten, denn die zahmen Katzen glaubten nicht mehr an die Legenden. Harker hatte daran geglaubt und in der Hoffnung, Rainey zu retten, seine letzten Kräfte eingesetzt, um den Berg und den großen Dom zu finden, der dort leben sollte.
    Solo wußte, es würde ihm nicht gelingen, das Quorum davon zu überzeugen, daß er nicht der Große war, für den sie ihn hielten. Nur noch Ponder blieb bei der vertrauten Anrede ›Kleiner‹. Solo löste das Problem dadurch, daß er sich betont wie eine normale Katze benahm. Er kratzte sich hinter den Ohren wie die anderen, aß dasselbe Graille, unterhielt sich mit allen ohne Ansehen von Rang und Stellung, rollte sich hin und wieder im Staub (wenn Kitty-Kitty es nicht sah) und spielte mit größtem Vergnügen mit den Kleinen auf der Wiese und heckte mit ihnen sogar dumme Streiche aus. Er schien mit seiner Taktik Erfolg zu haben. Es ist auf die Dauer schwer, jemanden offen zu einem Helden zu machen, der so anschaulich wie ein Sterblicher lebt. Sie mochten ihn hinter vorgehaltener Pfote immer noch bewundern, aber ihm blieb alles erspart, was über das übliche Maß an Achtung und Ehrerbietung hinausging, das einem Dom gebührt. Und auch darauf hätte Solo noch gut verzichten können.
    In den kommenden Nächten warteten regelmäßig vor seiner Höhle ein paar aus dem Quorum. Sie erzählten ihm Geschichten von den Orten, an denen sie gewesen waren, und von Dingen, die sie gesehen hatten – Geschichten von unglaublichen Leiden und Erniedrigungen. Es fiel ihm schwer, sich solche Berichte kritisch und nüchtern anzuhören. Er versuchte zu spüren, ob Tatsachen im Laufe der Zeit entstellt worden, ob Einzelheiten übertrieben oder in quälenden Erinnerungen untergegangen waren. Er wollte das Mögliche vom Unmöglichen trennen. Aber einer bitteren Erkenntnis konnte Solo sich nicht verschließen: In allen

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