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Lesebuch für Katzenfreunde

Lesebuch für Katzenfreunde

Titel: Lesebuch für Katzenfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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Versicherungsvertretern, dessen drei oder vier unglückliche Sexepisoden in seinem unglücklichen Sexleben sich allesamt in der Nacht von Rosenmontag mit schauderhaften Kreaturen abgespielt hatten, die am nächsten Morgen, während er seinen Rausch ausschlief, die Haushaltskasse mitgehen ließen. Und nun hatte er es irgendwie geschafft, diese Bruchbude zu ergattern. Es war für ihn einer der größten Erfolge in seinem Leben, und die tristen Aspekte seiner Existenz stimmten mich nachdenklich; in Anbetracht der farblosen Lebensverhältnisse dieses Mannes begann ich mich mit meinem Schicksal abzufinden. Hatte nicht alles eine Ordnung, einen Zweck und einen höheren Sinn in dieser Welt? Klar, so mußte es sein. Bestimmung, das war es. Oder wie der japanische Fließbandarbeiter sagt: So, wie es ist, ist es gut!
    Doch genug der Philosophie, schließlich war Gustav nicht Hiob. Während also mein Freund weitere Oden an die Herrlichkeit unserer neuen Behausung verfaßte, driftete mein Blick von ihm ab und fixierte das WC. Die Tür und das große rückwärtige Fenster standen offen, und ich nahm die Gelegenheit wahr, endlich den hinteren Teil des Gebäudes in Augenschein zu nehmen. Geschwind lief ich an dem mit sich selbst redenden Gustav vorbei, gelangte in die Toilette und sprang auf die Fensterbank.
    Die Aussicht, die sich mir von hier oben bot, war einfach paradiesisch. Es handelte sich dabei gewissermaßen um den Bauch des Wohnviertels. Unser Viertel bestand aus einem etwa zweihundert mal achtzig Meter großen Rechteck, dessen Rahmen die erwähnten properen Anno-Tobak-Klitschen bildeten. Hinter diesen Häusern, also direkt vor meinen Augen, breitete sich ein verschlungenes Netz von unterschiedlich großen Gärten und Terrassen aus, die von hohen, verwitterten Ziegelsteinmauern eingegrenzt wurden. In einigen Gärten standen recht pittoreske Gartenhäuschen und Lauben. Andere wiederum waren total verwildert, und ganze Schlingpflanzenarmeen kletterten über die Mauern hinweg in die Nachbargärten. Dort, wo es möglich war, hatte man ganz trend- und biomäßig Minitümpel angelegt, über denen Geschwader von neurotischen Großstadtfliegen lustlos und etwas verloren schwirrten. Es gab seltene Baumarten, sauteure Bambussonnenschirme, neoantike Terrakotta-Blumentöpfe mit Reliefs von kopulierenden Griechen, Batterien von Umweltschutzmüllkübeln, rührige Haschischanpflanzungen, Kunststoffskulpturen und alles, was das Herz eines neureichen Mittelständlers begehrt, der nicht mehr so recht weiß, was er mit den hinterzogenen Steuern anfangen soll.
    Dazu gesellten sich aber auch solche Gartenidyllen, deren Charakter man komprimiert mit dem Begriff »Gartenzwerg-Horror-Picture-Show« umreißen könnte. Diese Schauerszenerien waren offensichtlich das Werk von Leuten, die ihren Hunger nach modischen Trends allein mit dem Otto-Versand-Katalog stillten.
    Was unsern Distrikt betraf, so lag der Fall etwas komplizierter. Direkt unter mir, das heißt unter dem Klofenster, etwa einen halben Meter über dem Erdboden, befand sich ein vergammelter Balkon mit einem hoffnungslos verrosteten Geländer. Auf den Balkon konnte man nur durch das Schlafzimmer gelangen, aber ich vermutete, daß für mich das Klofenster die gängige Pforte zur Außenwelt sein würde. Unter dem Balkon dehnte sich eine weite Betonterrasse aus, die wohl als fix zusammengeschusterte Decke der Weiterführung des Kellers diente. Als Folge der schlampigen Arbeit war diese Betondecke zu großen Teilen aufgesprungen; aus ihren Rissen sproß undefinierbares Grün hervor. Nach ungefähr fünf Metern verhinderte eine weitere Rostbrüstung, daß man in der Nacht in einen tiefer gelegenen, kleinen Garten hinunterknallte. In der Mitte dieses vollends verwilderten Gartens wuchs ein extrem hoher Baum, der schätzungsweise zu Attilas Zeiten angepflanzt worden war und sich jetzt herbstgemäß seiner Blätter entledigt hatte.
    Und noch etwas entdeckte ich, als meine Augen umherstreiften: einen überaus beeindruckenden Artgenossen.
    Er hatte sich mit dem Rücken zu mir vor das Terrassengeländer gehockt und glotzte auf den kleinen Garten hinab. Obwohl er, was sein Körpervolumen betraf, locker mit einem Medizinball konkurrieren konnte und seine ganze Gestalt einer drolligen Knetmassenfigur aus einem experimentellen Videoclip glich, bemerkte ich sofort, daß er keinen Schwanz besaß. O nein, er war kein von Natur aus Schwanzloser, man hatte ihm das kostbare Stück einfach abgeschnitten. So

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