Lesereise Abu Dhabi
Wasserpipelines parallel zur Landstraße gebaut werden. Auch all das ist es, was dieses Haus so teuer hat werden lassen.
Mit Glück spielt es die laufenden Betriebskosten ein. Die Erstellungskosten aber werden sich niemals aus dem Hotelgeschäft heraus refinanzieren lassen. Sie müssen es zum Glück auch nicht. Das ist einer der großen Vorteile von Prestigeprojekten.
Hinter dem Bau steht als Eigentümer wie so oft in Abu Dhabi die TDIC , die Tourism Development and Investment Company, die eigens gegründet und mit Multimilliarden finanziell unterfüttert wurde, um derlei Attraktionen von Rang für das Emirat überhaupt erst zu erschaffen. Der mächtigen Staatsfirma steht Scheich Sultan bin Tahnoon al-Nahyan vor. Betreiber des Qasr al-Sarab ist die thailändische Hotelkette Anantara, die zuvor bereits Erfahrungen mit einem Hotel auf der Antilopeninsel Sir Bani Yas sammeln konnte – und mit der TDIC , die auch das dortige Anwesen besitzt.
Die Auslastung in der Wüste war während der Wintermonate fast aus dem Stand gut, wenn die Temperatur nachts auf den Gefrierpunkt fällt und tagsüber auf bis zu dreißig Grad steigt und die Luft trocken ist – nicht zuletzt, weil das Hotel durch seine bloße Existenz weltweit Schlagzeilen provoziert und entsprechend Aufmerksamkeit unter Reiselustigen geschürt hat. Dabei ist das Preisniveau dennoch für die Golfstaaten vergleichsweise niedrig. Rund vierhundert Euro kostet ein Standard-Doppelzimmer im Januar regulär pro Nacht. Höhere Raten schienen den Betreibern offenbar angesichts der Vielzahl der zu füllenden Zimmer nicht durchsetzbar. Denn kaum einer der Gäste bleibt eine Woche, fast niemand zwei. Die meisten kombinieren den Aufenthalt in Abu Dhabi Stadt mit ein oder zwei Nächten in der Wüste – oder schauen als Einheimische am arabischen Wochenende von Donnerstag bis Samstag vorbei. Insofern muss dass Hotel viel mehr Gäste generieren als ein Strandhotel, wo die Verweildauer um so Vieles höher ist. Keine leichte Aufgabe, auch nicht für das Management eines derart besonderen Quartiers.
Und so bleibt den Betreibern keine Wahl, als sich in den heißen Monaten zwischen April und Mitte Oktober, wenn es tagsüber häufig mehr als fünfzig Grad warm wird, Auslastung über den Preis zu erkaufen. Mit etwas Glück bekommt man ein Zimmer dann für nur einen Bruchteil des Winterpreises – oder alternativ Extras wie Mahlzeiten, Spa-Behandlungen oder Ausflüge ohne Aufpreis.
Warum es solche Herbergen inzwischen dennoch gibt? Weil die Sehnsucht nach Wüste, nach dieser Weite, dieser Stille so groß ist. Und weil viele Menschen all das erleben möchten, ohne die gewissen Entbehrungen einer anstrengenden Trekkingtour mit Nachtlager in Zelten auf sich zu nehmen. Sie wollen diese Landschaft – und zugleich allen Komfort, alle Sicherheit. Es sind Leute, die nicht mehr wissen, wie man Zelte aufstellt. Leute, die allenfalls zum Spaß und für ein paar Minuten auf ein Kamel klettern. Stattdessen sitzen sie heute in ihren Geländewagen, lassen etwas Luft aus den Reifen und rutschen damit beim sogenannten Dune bashing die Sandberge hinunter. Sie donnern mit hundertneunzig PS durch das Wohnzimmer der Väter von Ali al-Mansouri und den al-Nahyans. Und sie vermissen das Damals doch, von dem Eltern und Großeltern so oft mit leuchtenden Augen erzählt haben. Sie scheuen keine Kosten, um sich ein bisschen von diesem verklärten Damals zurückzuholen. Und sie tun es außerdem, weil die Herrscher der Golfstaaten einfach solche architektonischen Ausrufezeichen setzen wollen.
Was Ali al-Mansouri besonders freut? »Immer wieder zuzuschauen, wie die Fremden von weither unsere Wüste entdecken«, sagt er. »Wie sie vorsichtige Schritte im Sand machen und anfangs versuchen, das vom Wind gezeichnete und ständig erneuerte Muster nicht zu zertreten. Wie sie die Körnchen durch ihre Finger rinnen lassen und mit dem Sand spielen. Sie sind zart zur Wüste. Weil sie beeindruckt sind von der Kraft dieser Landschaft.«
Jeden Nachmittag stapfen Urlauber auf die hohe Düne hinter dem Pool, sinken ein, rutschen, klettern wieder weiter: um beim Sonnenuntergang den besten Blick von ganz oben zu haben und gleichzeitig den Sand zu spüren. Und um von dort aus Erinnerungsfotos ihres ungewöhnlichen Feriendomizils zu schießen – einer riesigen Lehmburg, die in Wirklichkeit aus Beton ist und zweihundertsechs Zimmer und Villen umfasst. Einer Festung, die aussieht, als gehörte sie hierher. Als wäre sie schon
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