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Lesereise Kanarische Inseln

Lesereise Kanarische Inseln

Titel: Lesereise Kanarische Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Diemar
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einer Insel kann nur verstehen, wer sich ihr vom Wasser aus nähert. Wenn man das Eiland zuerst aus der Ferne sieht, wie es Entdecker zu tun pflegen. Wie es auch einst die frühen Reisenden taten, die sich den Kanaren mit Karavellen oder Dampfschiffen näherten. Die ersten Touristen Gran Canarias, reiche Engländer zumeist, die im 19. Jahrhundert des milden Klimas wegen als Wintergäste kamen, landeten im Hafen Puerto de la Luz von Las Palmas an, blieben in der Hauptstadt in feinen Hotels und wagten allenfalls einen Ausflug auf Maultieren in die Wüste des Südens. Heute kommen die Touristen fast ausnahmslos mit Flugzeugen an, heben vom heimatlichen Boden ab und setzen auf fremdem Land wieder auf. Und doch gibt es diese uralte Sehnsucht, einer Insel von der See aus Bewunderung zu zollen.
    Gran Canaria ist umspült von den blauen Fluten des Atlantik. Also schiffen wir uns ein auf dem Ausflugsschiff »Supercat«, einem der größten Katamarane der Welt mit vierhundertfünfzig Quadratmeter Segelfläche. Das Boot liegt im Hafen von Puerto Rico, einem der touristischen Zentren im Süden von Gran Canaria. Wie eine Burganlage aus weiß getünchtem Beton wirkt die fast lückenlose Bebauung
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dieses Ferienorts, dessen Hotelanlagen sich die Hänge hinaufschichten. Puerto Rico war das erste touristische Zentrum von Gran Canaria, für das man einen künstlichen Strand anlegte, eine muschelförmige Sandbucht mit seichtem Wasser.
    An Bord des Supercat machen es sich die Passagiere in den Liegestühlen an Deck bequem. Dann läuft das Boot aus, passiert die Hafenmole und wendet, um Kurs nach Nordwesten zu nehmen. Immer die Küste wird es entlang gehen, bis zum westlichsten Punkt der Insel, wo die Playa de Güigüí mit ihren beiden einsamen Sandbuchten liegt. Der Traumstrand in einem Naturreservat ist ansonsten nur nach stundenlanger, anstrengender Wanderung zu erreichen. Kapitän Cristobal Godoy, der den Vornamen eines der berühmtesten Seefahrer trägt, lässt das riesige Segel setzen. Gemächlich zieht das Boot die Küste entlang. Fast jede Bucht ist mit Hotelanlagen bebaut.
    Der Süden Gran Canarias war einst ein unfruchtbares Ödland, mit dem niemand etwas anzufangen wusste. Nichts wollte recht gedeihen in dieser Wüste, einem riesigen nutzlosen Terrain im Besitz von Don Alejandro Castillo de Castillo, Bravo de Laguna, Conde de la Vega, Grande de Guadelupe. Vor gut fünfzig Jahren erst, einer Zeitspanne, die nicht mehr als einen Wimpernschlag in der Geschichte ausmacht, begann sich alles zu ändern. Der Süden mit seinen Stränden und seinem stabilen Sonnenwetter wurde mit dem aufkommenden Massentourismus Gold wert. Für die erste Ferienanlage in San Augustín ließ der Graf und Grundherr einen Architektenwettbewerb
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ausrufen. Bald aber überschlugen sich die Ereignisse. Überall wuchsen Hotelkästen in die Höhe, wurde schnelles Geld gemacht.
    Von der See aus wirken die Bauten in Weiß und Pastell dennoch schön. Die Distanz schmilzt sie zu gefälligen Ensembles ohne störende Details zusammen. Unser Schiff passiert die Playa de los Amadores. Man hat keinen Aufwand für die sonnenhungrigen Gäste aus dem Norden gescheut. Wo vor Jahren noch ein mickriger dunkler Steinstrand dem unruhigen Atlantik trotzte, ist die Küste nun mit Wellenbrechern geschützt. Dahinter liegt eine perfekt geschwungene Traumbucht mit feinstem goldgelben Sand. Er wurde per Schiff von karibischen Gestaden gebracht, von der Insel Barbados. Oberhalb der Bucht windet sich die alte Küstenstraße an Felsen entlang, passiert die Feriensiedlung Playa del Cura, quert Barrancos, die in winzigen, noch unbebauten Buchten enden, gewährt einen Blick auf die Playa de Taurito mit ihren längst in Beton erstarrten Flanken und dem Aquapark.
    Dann spitzt Puerto de Mogán hinter seiner hohen Hafenmauer hervor. Auch hier ist mittlerweile ein künstlicher Sandstrand angelegt worden. Puerto de Mogán ist bislang der Endpunkt der touristischen Entwicklung im Südwesten. Wenigstens das Projekt einer weiteren urbanización in der benachbarten Veneguera-Bucht ist mittlerweile auf Eis gelegt worden. Das Gebiet steht unter Naturschutz.
    Die Küste wird nun fast durchgehend von steilen Felswänden gesäumt. Glasklar leuchtet das Atlantikwasser an den Rändern dieser steinernen Barriere,
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funkelt in Tönen von Aquamarin, Saphirblau und Smaragdgrün. Die Gäste des Ausflugsschiffs dösen an Bord in der Sonne oder lassen sich vom gutgelaunten Barmann die im Preis

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