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Lesereise Mallorca

Lesereise Mallorca

Titel: Lesereise Mallorca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Sobik
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mit Grünstich in den Glaskaraffen der nahen Ölmühle, ist fast dickflüssig, naturtrüb, duftet einen Hauch nach Zitrone, schmeckt nach reifen Mandeln, ist milde und süßlich – typisch für bestes mallorquinisches Olivenöl und für Kenner sofort herauszuschmecken.
    Gemeinsam mit ihren Söhnen betreibt Rosa eine der drei letzten Ölmühlen auf Mallorca – gegründet und in Familienbesitz seit 1561. Und anders als in der Fabrikation der benachbarten Kooperative mit ihren Förderbändern, Stahlkesseln und verchromten Hähnen ist in der Ölmühle Ca’n Det noch fast alles Handarbeit.
    Mit ihren gefliesten Gräben und Rinnen auf dem Fußboden, mit weißen Kacheln an den Wänden und knarzenden Türen, mit breiter Toreinfahrt und den lauten Rufen der Mitarbeiter gegen den Krach der rotierenden Mühlsteine erinnert die Halle eher an eine Autowerkstatt als an eine Delikatessen-Manufaktur. Den Söhnen ist der äußerliche Eindruck so egal wie Rosa Canals der Kittel-und-Pantoffel-Look: Hauptsache, alles geht seinen geregelten Gang. Wie seit Generationen. Hauptsache, das Öl wird seinem Ruf gerecht: »Die Qualität hängt von den Böden ab, auf denen die Bäume wachsen. Sie hängt ab von der Sonneneinstrahlung, den Temperaturen und vom Wind, vom Mikroklima hier in Sóller. Und gar nicht mal unwesentlich auch davon, ob ein guter oder ein schlechter Ölmüller die Pressung vornimmt.«
    Wie viele Olivenbäume es auf Mallorca gibt, hat nie jemand gezählt. Es dürften ein paar Hunderttausend sein. »Wir wissen nicht mal, wie viele uns gehören«, sagt Rosa. Gerade erst entdecken Mallorcas Tourismusstrategen die Olive als Urlaubermagneten, schildern Wanderwege durch die Haine weit abseits vom üblichen Ferienbetrieb überall auf der Insel aus, legen Prospekte mit Tourvorschlägen auf, laden zu Besichtigungen in den Ölmühlen, sogar in den industriell anmutenden landwirtschaftlichen Kooperativen ein. Ca’n Det ist längst mit von der Partie, und die Betreiberfamilie zeigt Fremden ihre Mühle werktags und zu den üblichen Geschäftszeiten auch ohne Voranmeldung.
    Viele private Finca -Besitzer vertrauen Rosa und ihren Jungs gerne die Früchte ihrer manchmal nur drei, vier Olivenbäume an. Sie kommen, weil sie wissen, dass hier nichts in großen Kübeln zusammengeschüttet wird, sondern sie Frucht für Frucht das Öl ihrer eigenen Oliven abgefüllt bekommen. Fünfzig Euro kassiert Ca’n Det für die Pressung von rund zweihundert Kilo Oliven mitsamt der Abfüllung des Privatöls. »Die Faustregel«, erzählt Rosa Canals, »besagt, dass etwa vier Kilo Oliven einen Liter Öl ergeben. Ein stattlicher Baum trägt etwa fünfzig Kilo Früchte und bringt demnach um die zwölf Liter.«
    Die zugereisten Hobby-Olivenbauern aus England, Deutschland und Skandinavien müssen meist nicht länger als zwei, drei Stunden warten, bis sie »ihr« Öl bekommen – so lange dauert die Pressung. Anliefern sollten sie die Früchte am besten stets am Tag der Lese, die jedes Jahr je nach Sorte und Lage zwischen Oktober und Februar stattfindet: »Alles andere«, weiß Rosa Canals aus Erfahrung, »schadet der Qualität.«
    Die reifen Ovale werden mit Wasser gereinigt, gleich danach unter schweren kreisenden Steinkegeln mitsamt der Kerne zermahlen, ehe dieser klebrige Olivenbrei auf Flechtmatten gestrichen und in achtzig bis neunzig Lagen übereinander in antiquarisch anmutende Pressen eingespannt wird. An der Außenseite der Matten rinnt das Öl nach unten, wird in Behältern aufgefangen, später zentrifugiert, um es vom anfangs zugeführten schwereren Wasser wieder zu trennen – und am Ende rinnt reinstes Olivenöl der individuellen Hausmarke in die Flaschen.
    Auch Prominente sind unter den Finca -Besitzern, die hier pressen lassen. Der britische Milliardär Richard Branson zum Beispiel tauchte mal auf, um zu schauen, wie es seinen Oliven ergehe. Ihm gehörte jahrelang das Luxushotel La Residencia im nahe gelegenen Deià mitsamt den angrenzenden Ländereien – und den Olivenbäumen, ehe er das Anwesen an Orient Express Hotels verkauft hat. Die Pressung des Residencia-Öls für das erstklassige Hotelrestaurant El Olivo unter Küchenchef Guillermo Méndez wird noch heute von Ca’ n Det vorgenommen.
    Ob auch Boris Becker hier Olivenöl herstellen lässt, beantwortet Rosa Canals mit einem diskreten Lächeln und nervösem Ineinanderrühren ihrer hellen, faltigen Hände. Man solle doch nicht zu viel reden, das sei doch alles sehr diskret. Sagt sie. Und

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