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Lesereise Mallorca

Lesereise Mallorca

Titel: Lesereise Mallorca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helge Sobik
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überhaupt. Aber der Herr Becker, der sei schon ein sympathischer Mann. Und so groß, so eine Erscheinung. Und Frau Schiffer? Claudia? Die während ihrer Jahre auf Mallorca auch den einen oder anderen Olivenbaum besessen hat? Sie lächelt wieder: »Die Dame kenne ich nicht.« Und die Hände kneten einander.
    Den größten Ehrgeiz investieren die Ca’n-Det-Betreiber in ihr eigenes Öl – aus den Früchten der Bäume, die Rosa von klein auf kennt: »Unser Geheimnis? Wir lassen die Natur entscheiden, wann eine Frucht reif ist. Wir sammeln nur die heruntergefallenen Oliven ein, machen das zwei- bis dreimal während der Erntezeit. Erst danach fegen wir mit Stöcken die letzten von den Ästen.« Eine gute Leserin sammelt zwanzig Kilo in der Stunde – und wurde früher mit Öl bezahlt. Urlauber, die mithelfen wollen, sind nicht im Entferntesten so schnell – haben aber ihren Spaß.
    Regelmäßig führt Rosa Verkostungen mit Gästen durch, lässt sie mit selbst gebackenem Brot verschiedene Öle dippen, hat rustikale Holztische und Bänke im Raum neben der Ölmühle aufgestellt und verkauft inzwischen im kleinen eigenen Laden an die Besucher. Zu den Stammkunden zählen ambitionierte Küchenchefs von überall auf der Insel. Selbst nach Deutschland liefert sie. In kleinem Stil nur, denn die eigene Jahresproduktion unter der Marke Ca’n Det beträgt maximal tausendfünfhundert Liter. Gut zehn Euro kostet der Viertelliter ihres besten Öls in Deutschland im Handel, sechs Euro sind es vor Ort in der Mühle.
    Wenn Rosa samstags für die ganze Familie brät, verbraucht sie einen halben Liter Olivenöl – »nur das eigene, anderes kommt mir nicht in die Küche«. Sie kann sich darüber amüsieren, dass es Ausländer gibt, die das Öl erstehen, um sich die Haut damit einzureiben. »Das habe ich nie ausprobiert. Aber aus Olivenöl minderer Qualität stellen wir Seife her.«
    Wann Rosa Canals in Rente gehen will? Damit hält sie es wie ein Olivenbaum. »Nie«, sagt sie – während sie sich schnell nach ein paar herumliegenden Oliven bückt und sie in die Tasche ihres Kittels gleiten lässt.

Klippenküsten auf Leinwand
Blick in die Ateliers
    An manchen Tagen fährt der rundliche Mann stundenlang mit seinem kleinen Holzboot vor der Steilküste im Westen Mallorcas auf und ab, wo das Tramuntana-Gebirge ins Meer fällt. Während er auf die Klippen starrt und meditiert, tanzt die Nussschale, als hätte sie alle Mühe, gegen die heranrollenden Wellen anzukämpfen. Ab und zu erwacht er aus seinen Träumen und schießt ein paar Fotos von den Mittelmeerbrechern, die gegen die meterhohen Felsen klatschen: von verwitterten Strukturen, von Gesteinsformationen, an denen Wind und Wetter seit Jahrtausenden nagen. Sie sind ein Spiegelbild der Urgewalt, bei deren Anblick der mallorquinische Künstler Joan Riera Ferrari seine Sinne auf der Suche nach Inspiration für seine begehrten Werke vollsaugt.
    Zur selben Zeit flanieren nur ein paar Kilometer von hier die Touristen durch herausgeputzte Bilderbuchorte wie Deià und Valldemossa hoch oberhalb der Felsen, blicken in die Schaufenster von Galerien – und ahnen nicht, was Riera Ferrari dort unten tut.
    Zu Hause in Manacor, der zweitgrößten und vom Tourismus dennoch bloß gestreiften Stadt der Insel, hat er Dia-Magazine über Dia-Magazine voll mit Steilküstenfotos. Blitzschnell jagt er sie durch den Projektor: fünfzig Dias in kaum mehr als einer Minute. Oder er klickt sich durch den Computer, mit den inzwischen digitalen Fotoneuzugängen auf der Festplatte. »Gleich danach«, erzählt er, »beginne ich zu malen, verschmelze alle diese Eindrücke der Fotos im Kopf und forme daraus auf der Leinwand ein einziges Steilküstengemälde.«
    Zentimeterdick trägt der Mann seine mit Erdpigmenten und Leim angereicherten Farben auf – erst robust mit der Maurerkelle, später für die Feinarbeit mit dem Pinsel. Riera Ferrari malt mallorquinische Küstenlandschaften – so dreidimensional, dass sie sich auf der Grenze zwischen Gemälde und Skulptur bewegen. Der Clou ist dabei die Wirkung. Denn aus der Nähe erscheinen seine Werke völlig abstrakt und verschlüsselt, von Weitem sind sie geradezu fotorealistische Abbildungen mediterraner Küstenlandschaften. Egal aus welcher Entfernung: Riera Ferraris Werke sind Verkaufsschlager unter Mallorca-Liebhabern. Der Mann mit dem Haarkranz zählt derzeit zu den gefragtesten Künstlern der Insel und feiert auch international Ausstellungserfolge: Rom, Barcelona,

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