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Lesereise Nordfriesische Inseln

Lesereise Nordfriesische Inseln

Titel: Lesereise Nordfriesische Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine von Soden
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diesen »vollbärtigen Typen mit Hörnern am Hut« hat man vor geraumer Zeit eine Menge »antiken Kram« gefunden. Wo? Auf der Lembecksburg! Eine Burg auf Föhr? Ja, aber nicht aus Stein mit Burggraben und Zinnen, das Wikingerrelikt ist ein zehn Meter hoher Ringwall, Luftaufnahmen vermitteln den Eindruck, einen grünen Krater auf einsamem Wiesengrund zu erspähen. »Was vor Zeiten da gewesen,/ ist am Durchgang abzulesen«, skandieren Verse über das archäologische Denkmal, »Hörensagen lenkt die Schritte/ In die Lembecksburger Mitte,/ wo ein Kraftfeld, wundervoll,/ Geist und Seele heben soll.«
    Auf den saftigen, fetten Marschböden – sie bedecken drei Fünftel von Föhr – entwickelte sich Landwirtschaft, speziell nach dem Niedergang der Seefahrt Anfang des 19. Jahrhunderts. Über ein Dutzend Hofläden gibt es heute rund um Föhr, sie allein schon lohnen eine Inselradtour – auch als Tagesausflug von Amrum oder vom Festland über Dagebüll. Ziegenkäse, Schafskäse, Inselkäse, Eier, Milch und Butter werden in den familiären Läden verkauft, meist aus der Föhrer Hofmolkerei Eilun Moolk. Ein »feinheimischer« Genuss sind auch Gurken, Tomaten, Salat und inselfrisches Gemüse wie Bohnen, Brokkoli, Blumenkohl, Kartoffeln, Kürbis, Kohlrabi, Karotten, Spargel, Radieschen, Wirsing oder Zwiebeln. Dem Föhrer Erntekalender kann jeder entnehmen, was wann auf dem Markt ist. Genormter EU -Einheitsfraß hat dagegen keine Chance. Ach, könnten wir doch die »Marmelade« wieder auf die Etiketten holen! Brüsseler Regulierungswahn schaffte die oft hübsch mit der Hand geschriebene Vertrautheit vor einer ganzen Weile per Gesetz (!) ab, zugunsten von »Fruchtaufstrich«, der erwartungsgemäß nicht in den Volksmund passt. Schön, dass die Föhrer Manufaktur »Marmelade & Co.« wenigstens ihren Namen beibehalten hat. Geschickt auch auf ihren Gläsern … mit Marmelade aus Föhrer Birnen, wilden Traubenkirschen oder Hagebutten, den »Olersemer Juppen«. Friesen bewahrten schon immer ihren Eigensinn, hatten schon immer ihren eigenen Kopp .
    Föhr war früher die Insel der »Commandeure« und Kapitäne – im viel gerühmten »Goldenen Zeitalter«, als im Eismeer zwischen Spitzbergen und Grönland der Walfang begann, gefolgt von der Epoche der Handelsseefahrt. Kein Flecken der Welt, das ist historisch belegt, besaß jemals mehr Schiffsführer und Schiffsmannschaften als die Frieseninsel Föhr. Einblicke in diese bewegende Geschichte zeigt das Friesenmuseum im Hafenstädtchen Wyk anhand von Schiffsbildern, Kajüten, Schiffsmobiliar, Handwerkszeug der Segelmacher, Navigationsgerät, Fayencen, Zinn, Galionsfiguren. Mühelos kann man in den Museumsräumen mehrere Stunden verbringen. Sollte man sogar, möchte man den Hauch einer Ahnung zum Beispiel auch von der uthlandfriesischen Bauweise mit nach Hause nehmen, der Architektur außerhalb des friesischen Festlandes, also auf den Inseln und auf den Halligen. Reetdach und Klöntür reichen zur Typisierung nicht aus. Wichtig ist wie auch sonst im Leben das richtige Maß. Und das bedeutet: ein gestreckter, bis zu achtzehn Meter langer Hausgrundriss; zum Schutz gegen Sturm ein weit heruntergezogenes Krüppelwalmdach mit einer Neigung von mindestens fünfundvierzig Grad, damit Nässe zügig ablaufen kann, ohne in die Dachhaut einzudringen; ein Giebel als dominierende Mitte in der Vorderfront; Korbbögen über dem Hauseingang; weiß gestrichene zweiflügelige Holzsprossenfenster, die grundsätzlich nach außen zu öffnen sind; aus Eisen geschmiedete Beschläge sowie Maueranker in Form von Initialen oder Jahreszahlen als Schmuck. Seit 1927 steht auf dem Museumsgelände in Wyk Föhrs ältestes Friesenhaus, das älteste datierte von ganz Nordfriesland. »Anno 1617« ist in einen Dachbalken eingekerbt. Das Gemäuer drohte zu verfallen, weshalb man es abgetragen und zu Besichtigungszwecken wieder aufgebaut hat.
    Wer eine Friesenimmobilie stilgerecht sanieren will, wende sich an den Föhrer Museumsverein. Kompetent wird man hier mit Fachbroschüren versorgt, bekommt man Hilfe, klugen Rat. Liegt es dem Verein doch am Herzen, das alte Bauen auf der Insel zu bewahren und damit die alten Werte und Traditionen. Besorgniserregend laufen auf Föhr – nach Sylter Vorbild – immer mehr Leute mit Dollarzeichen in den Augen herum, verscherbeln Einheimische attraktive »Seestücke« an Spekulanten und Investoren. Es wäre nicht verkehrt, den alten Friesenspruch Lewwer duad üs Slaav , Lieber tot als

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