Lesereise Schweiz
kommender Leidenschaft anzugehen. Doch zur Zeit der kirchlichen Erneuerer gab es weder Bildschirm noch Handy, und so beschränkte sich ihr Wirkungskreis vorerst auf das ferne Zürich und das noch viel entferntere Genf. In St. Gallen hörte man von diesen Tugenden offenbar viel später. Denn dort sank die Moral auf einen Tiefpunkt. Die Klosterdisziplin ließ entschieden nach, die Äbte trugen teilweise nicht einmal mehr ihr Mönchsgewand. Obwohl die Benediktinerregel Abkehr vom weltlichen Leben und Einfachheit forderte, lebten die Äbte stattdessen in Saus und Braus. Sie protzten, ließen sich auf politische Ränkespiele ein, erwarben Fürstentitel und schufen sich sowohl im bischöflichen Konstanz als auch bei dem unter klösterlichem Einfluss stehenden Bürgertum der Stadt mächtige Rivalen. Die wohl bitterste Niederlage erlebte das Kloster 1529 mit der Einführung der Reformation in St. Gallen.
Nun gingen Kloster und Stadt auf Distanz. Um ihre Rechts- und Güterverhältnisse sichtbar zu regeln, zogen sie zwischen Stiftsbezirk und Stadt eine radikale Trennmauer. Damit der Abt das Kloster verlassen konnte, ohne St. Gallen betreten zu müssen, erhielt er ein eigenes Tor, das Karlstor, mit einem monumentalen Sandsteinrelief. Es ist das einzige der einst acht Stadttore, das erhalten ist.
Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts kehrte die Eintracht vorläufig ins Kloster zurück. Mit dem Barock und seiner Blütezeit setzte eine neue atemberaubende Prunkentfaltung ein. Innerhalb von elf Jahren schoss die doppeltürmige Kathedrale als zum Himmel weisende Mahnung aus dem Boden. Mit dem Turmpaar und der gewaltigen Chorfront auf dem Vorplatz verkörpert ihre Fassade Strenge und Kraft. Im Innern gehen Sandstein und Holzwerk eine feierliche Verbindung ein. Der pompöse Hochaltar prahlt, Stuckaturen züngeln in die Gewölbe, und figurenreiche Gemälde hängen voller Pathos unter dem Deckenhimmel. Neben all den Reliefs, Büsten und Statuen bilden die kunstvoll geschnitzten sechzehn Beichtstühle und das Chorgestühl aus Nussbaum den Glanzpunkt der Dekoration. Die benediktinische Bescheidenheit war ganz offensichtlich passé, doch das prachtvolle Bauwerk und die weit reichende kulturelle Bedeutung führten viel später, im Jahr 1983, zur Aufnahme des Klosters in die Welterbelisten der UNESCO.
Während im Kloster die Äbte noch am Ausbau der feudalen Macht und ihrer architektonischen Ausdrucksformen feilten, veränderte sich draußen die Welt. Die Französische Revolution erreichte St. Gallen, und so wurden auch hier alte Autoritäten und Ordnungen in Frage gestellt. Mit aller Gewalt stemmten sich die Äbte gegen die neuen Mächte. Doch sie konnten die Auflösung des Klosters 1805 nicht mehr verhindern. Zur Vergegenwärtigung des Niedergangs der Benediktinerabtei wurde ein äußeres Zeichen gesetzt: Die Bürger brachen die klösterliche Trennmauer zur Stadt ab. Nachdem der Spuk der Revolution vorbei war, stellte die Stadt St. Gallen ein selbständiges Bistum in Aussicht und der Klosterkomplex mit der heutigen Hufeisenform wurde errichtet. So zeigen sich im 21. Jahrhundert die alten Gegensätze harmonisch im Klosterkomplex vereint: Die Kantonsregierung residiert im Osttrakt der einstigen Benediktinerabtei, die Wohnräume des Abtes hat ein Bischof übernommen. Der zwinglianische Geist ist längst auch in St. Gallen angekommen. Diskretion und Bescheidenheit sind so groß, dass die Welt von ihren Schätzen manchmal kaum noch etwas hört.
Idylle auf hohem Niveau
Der diskrete Charme von Gstaad
Was haben Polo und Käse gemein? Monsieur Biver überlegt nicht lange und sagt: Gras. Jean-Claude Biver ist ein Schnelldenker, ein Mann von Entschlusskraft, und das ist wohl nur ein Geheimnis seines Erfolges. Der charismatische Chef von Hublot und Hersteller von Schweizer Luxusuhren liebt außer Chronometern noch zwei Dinge: Rassepferde und Simmentaler Kühe. Hochleistungstiere, die gutes Gras brauchen. Aus der Milch seiner achtzig Weltklasserinder produziert Biver, der zudem leidenschaftlicher Gourmet ist, jährlich fünftausend Käselaibe auf der eigenen Alp. Polopferde symbolisieren die gleichen Werte wie seine Uhren: Tradition, Eleganz, Präzision und Vermögen. Deshalb ist Biver vom Genfersee nach Gstaad gekommen. Seine Luxusmarke ist Partner des Hublot Polo Gold Cup im August. Denn Polo ist ein Sport für Reiche, und am Rande des Turniers versucht er natürlich bei dem betuchten Gstaader Publikum seine exklusive Uhrenkollektion ins Spiel zu
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