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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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Reling des Bootes. Das kleine, rote Etwas schwamm auf der Oberfläche des Wassers. Es war nicht etwa ein Schal oder ein Taschentuch, sondern ein rotes Satinstrumpfband!
    Fanny war sicher, es musste für die alte Dame eine ganz bestimmte Bedeutung haben, vielleicht ein Andenken an ihre erste Liebe. Sie würde alles dafür geben, die ganze Geschichte zu kennen.

1. K APITEL
    London 1842
    A ls Matilda Jennings um sieben Uhr abends müde in den Finders Court einbog, erhaschte sie einen Blick auf einen vollen, roten Haarschopf, dessen Besitzer sich hinter einem Handkarren verbarg. Niemand außer ihren zwei Brüdern hatte solch feuriges Haar, und wenn sie sich vor ihr versteckten, konnte dies nur bedeuten, dass sie wieder etwas ausgefressen hatten.
    »Luke! George! Wenn ihr keine Tracht Prügel riskieren wollt, kommt sofort hierher!«, rief sie.
    Matilda war sechzehn Jahre alt und Blumenverkäuferin. Sie war völlig erschöpft von einem langen Tag, der um vier Uhr morgens am Covent Garden Markt begonnen hatte. Obwohl sie den ganzen Tag durch London gelaufen war und ihre Waren feilgeboten hatte, gelang es ihr trotzdem, unverwüstliche Lebendigkeit und Selbstsicherheit auszustrahlen.
    Ihr blaues Kleid war abgetragen und mit Straßenschmutz befleckt, ihre Schürze völlig verdreckt. Aber ihr dichtes, butterfarbenes Haar war unter einer Haube ordentlich geflochten, und wenn sie lächelte, funkelten ihre blauen Augen. Die meisten Leute, die Matildas Blumen kauften, glaubten wahrscheinlich, sie sei ein Mädchen vom Lande, das Produkte aus dem eigenen Garten verkaufte. Sie konnten nicht wissen, dass ihre Wangen nur wegen des kalten Windes so rosig glühten und dass das Lächeln einfach zu ihrem Beruf gehörte. Unter dem weiten Kleid und Petticoat verbarg sich ein schlecht genährter, knochiger Körper. Ihr Umhang verbarg ihre von der Kälte gebeugten Schultern, und sobald ihr Korb leer war, humpelte sie mit abgetragenen Schuhen zu der Art von Mietshaus, die ihre Kunden schaudern lassen würde.
    Im Finders Court lehnten sich baufällige zwei- und dreistöckige Häuser schräg aneinander und umgaben einen kleinen, armseligen Garten. Die Fenster in den oberen Stockwerken, von denen viele mit Holzstücken und Lumpen verschlossen worden waren, berührten beinahe die gegenüberliegenden. Jedes Haus hatte etwa zehn kleine Räume, und die meisten von ihnen wurden von mehr als einer Familie bewohnt. Finders Court lag direkt hinter der Rosemary Lane, dem größten Gebrauchtkleidermarkt in London, und war nur wenige Minuten vom Tower und der Themse entfernt.
    An diesem eiskalten Märzabend herrschte zur Abenddämmerung auf dem Platz wie immer rege Geschäftigkeit. Straßenhändler versuchten, verwahrloste Frauen mit schmuddeligen Hauben, die sich aus den oberen Fenstern lehnten, zum Kauf der übrigen Waren auf ihren Handwagen zu verführen, schmutzverschmierte Dockarbeiter diskutierten gruppenweise die Arbeit des heutigen Tages oder aber den Mangel an Beschäftigung. Alte Männer und Frauen hatten sich auf Türschwellen niedergelassen, um eine Pause einzulegen, bevor sie die Treppen hochschwankten, die Schultern schwer mit Säcken beladen, die mit der Ausbeute der heutigen Nahrungssuche gefüllt waren. Verwahrloste Kinder bevölkerten die Wasserpumpe, an der sie ihre Eimer und Krüge füllten, während jüngere Geschwister um sie herum spielten und sich stritten. Weil ein einziger Abort von fünf- bis sechshundert Menschen benutzt wurde, weil Eimer mit Schmutzwasser genauso wie verfaulender Müll auf die Straßen gekippt wurde, war der Gestank nahezu unerträglich.
    Da der Besitzer des roten Haarschopfes sich immer noch hinter dem Wagen versteckte, schrie Matilda noch einmal, diesmal lauter und in einem schrillen Tonfall, der sie unangenehm an die Mutter der Jungen erinnerte, Peggy. Vielleicht hatten sie die Ähnlichkeit auch bemerkt und wussten, dass Matilda genauso fähig war, ihnen eins hinter die Ohren zu geben, denn diesmal tauchten sie auf und schauten dabei etwas nervös drein.
    »Wie oft habe ich euch schon gesagt, dass ihr nach Hause gehen und das Feuer in Gang bringen sollt, bevor ich zurückkomme?«, rief sie, während sie den anderen Kindern in ihrem Weg auswich und Luke, den älteren Jungen, bei den Ohren packte. »Euer Vater wird bald zum Essen nach Hause kommen, und er möchte eine Tasse Tee, bevor er wieder geht.«
    Luke war neun, George acht Jahre alt. Sie waren knochige, fuchsgesichtige kleine Zwerge und hatten mit ihrer

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