Letale Dosis
sich.
»Schönau.«
»Frau Schönau, hier ist noch einmal Durant. Ich will Sie nicht lange aufhalten, ich habe nur eine Frage – sagt Ihnen der Name Thorsten Hauser etwas?«
»Thorsten Hauser?« fragte sie zurück und es klang erstaunt. »Natürlich kenne ich ihn, oder besser, kannte ihn. Er ist nämlich tot. Aber warum wollen Sie …?«
»Wie gut kannten Sie ihn?« fragte Julia Durant, ohne die unvollendete Frage von Vivienne Schönau zu beantworten.
»Er war ein Mitglied unserer Kirche. Sein Tod kam für uns alle sehr überraschend. Wir kannten uns von verschiedenen Treffen.«
»Wissen Sie auch, was Herr Hauser von Beruf war?« fragte sie, einer plötzlichen Intuition folgend.
»Er war Biologe und Chemiker, ein sehr angesehener Mann in der Fachwelt. Er hat mehrere Bücher geschrieben und ist in Fachkreisen eigentlich sehr bekannt.«
»Biologe und Chemiker«, sagte Julia Durant leise und sagte: »Vielen Dank, Frau Schönau, Sie haben mir sehr geholfen.«
»Gern geschehen, aber warum … Hat es mit den andern beiden Fällen irgend etwas zu tun?«
»Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Wie gesagt, Sie haben mirsehr geholfen. Ich wünsche Ihnen noch einen, so weit es geht, angenehmen Abend.«
Sie legte auf, stand einen Moment unschlüssig mitten im Zimmer. Sie stellte sich ans Fenster und schaute hinaus. Nach fünf Minuten ging sie zurück zum Telefon und wählte Bergers Nummer.
»Er war Mitglied der Kirche – und wollen Sie wissen, was er von Beruf war?«
»Was?« fragte Berger ungeduldig.
»Biologe und Chemiker, und zwar offensichtlich sehr angesehen. Wollen wir doch mal sehen, ob sich daraus nicht ein Bild formen läßt.«
»Das ist doch etwas, wo wir den Hebel ansetzen können. Ich werde noch heute alles in die Wege leiten, um eine Exhumierung durchzukriegen. Hier stinkt nämlich was.«
»Ganz meine Meinung. Bis morgen.« Julia Durant legte auf, nickte zufrieden. Sie stellte die Einkaufstasche auf den Tisch, packte aus. Sie legte die Milch und die Salami in den Kühlschrank, ging ins Schlafzimmer, entkleidete sich und begab sich nackt ins Badezimmer. Sie drehte den Wasserhahn auf, ging noch einmal zurück ins Wohnzimmer, stellte den Fernsehapparat an, Nachrichten auf RTL. Ein Bericht behandelte den mysteriösen Tod eines bekannten Frankfurter Bankiers. Sie legte die Fernbedienung auf den Tisch, wandte sich um, holte eine Dose Bier aus dem Kühlschrank, stieg in die Badewanne, die zur Hälfte gefüllt war, stellte die Dose auf den Wannenrand, legte die Zigaretten daneben. Sie gab Badeschaum dazu, trank einen Schluck von dem Bier, rauchte. Sie stellte das Wasser ab, kurz bevor es überlief.
Sie schloß die Augen, ließ den Tag Revue passieren, dachte über Laura Fink und ihren Vater, über Vivienne Schönau und Jessica Wagner und über den Anruf bei Berger nach. Und je länger sie nachdachte, desto sicherer wurde sie, daß der Tote von Großburgwedelzu den jetzigen Morden paßte. Um kurz nach sieben stieg sie aus der Wanne, trocknete sich ab, sprühte etwas Deo unter die Achseln, bürstete ihr dunkles, volles Haar. Sie zog sich frische Unterwäsche an, Shorts, ein T-Shirt und weiße Leinenschuhe. Sie legte einen Hauch Make-up auf, besah sich ein letztes Mal im Spiegel, schaltete den Fernseher aus, nahm ihre Tasche und verließ die Wohnung. Sie rief kurz bei Hellmer an, sagte, es würde ein paar Minuten später werden. Sie hoffte auf einen netten Abend bei ihm und seiner Frau.
Donnerstag, 19.30 Uhr
Sie fuhr den Wagen in die Auffahrt, parkte direkt hinter Hellmers BMW. Sie stieg aus, betätigte die Türglocke, Hellmer kam und öffnete ihr.
»Komm, wir sitzen draußen auf der Veranda, der Grill ist schon heiß und die Steaks warten nur darauf, von uns verschlungen zu werden«, begrüßte er sie grinsend.
»Ihr hättet euch doch wegen mir keine Umstände zu machen brauchen«, sagte sie, wurde aber gleich von Hellmer unterbrochen.
»Das bißchen Grillen ist doch kein Umstand. Was möchtest du trinken? Wasser, Saft, Wein, Bier? Es gibt fast nichts, was wir nicht haben. Aber setz dich erst mal.«
Nadine Hellmer saß auf einem großen gelben Gartenstuhl und blickte Julia Durant an. Sie hatten sich seit mindestens einem halben Jahr nicht gesehen. Durant ging auf sie zu, reichte ihr die Hand. Nadine sah noch hübscher aus als beim letzten Treffen, sie hatte sich das Haar wachsen lassen, das ihr jetzt bis über die Schultern fiel, ihre Gesichtszüge waren noch weiblicher und anziehender geworden, ihre
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