Letale Dosis
vielleicht einmal damit zu tun hatte, enttäuscht wurde oder was immer. Vielleicht wurde sie sogar dermaßen gedemütigt, daß jetzt nur noch Rache angesagt ist.«
»Auf jeden Fall haben wir in den letzten Tagen schon einige attraktive Frauen aus dieser Kirche kennengelernt, ich denke da nur an die Rosenzweig, die Schönau, Reich, und dann noch dieseFink, die zwar nicht sonderlich attraktiv ist, aber sie hat Ausstrahlung«, sagte Hellmer. »Aber ob eine von denen etwas mit den Morden zu tun hat … Ich wage es zu bezweifeln.«
»Ach ja, da fällt mir ein«, sagte Durant, »am Sonntagmorgen gehen wir in die Kirche. Wir werden uns den Laden mal ein bißchen näher anschauen.«
»Sonntag morgen?« fragte Hellmer mit einem mißmutigen Gesichtsausdruck. »Wann?«
»Um neun fängt die Versammlung an und dauert bis zwölf.«
»Scheiße, ausgerechnet Sonntag. Aber es muß wohl sein, oder?«
»Schatz, es könnte dir bestimmt nicht schaden, wenn du einmal in deinem Leben ein Gotteshaus von innen siehst«, sagte Nadine spöttisch. »Wenn du nach Hause kommst, wird auch ein leckeres Essen für dich auf dem Tisch stehen.«
»Ja, ja, aber jetzt will ich nicht mehr über Rosenzweig oder Schönau oder Hauser sprechen, jetzt wird gegessen und damit basta. Nadine, hol doch bitte den Salat.«
Sie stand auf und ging ins Haus, Hellmer sah ihr hinterher.
»Ist sie nicht wundervoll? Meine Frau!« sagte er leise.
»Du hast verdammt viel Glück gehabt, mein Lieber. Wenn ich mir diese Prachtbude ansehe …«
»Neidisch?« fragte Hellmer und fuhr gleich fort: »Weißt du, vor einem Jahr hätte ich mir so was nicht mal in meinen kühnsten Träumen leisten können, aber so spielt das Leben. Du weißt nie wirklich, wann du auf der Verlierer- oder auf der Gewinnerseite stehst. Ich habe auch eine ganze Weile lang gedacht, es würde nie mehr bergauf gehen. Und dann traf ich Nadine wieder. Und ein fast unglaublicher Zufall hat sie mir dann auch in die Hände gespielt. Aber wie hat Einstein schon gesagt – Gott würfelt nicht. Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich Zufall war. Manchmal glaube ich, eine unsichtbare Macht hat ihre Hände im Spiel gehabt.«
»Du hast es wirklich gut getroffen. Und neidisch bin ich nicht,aber manchmal möchte ich schon ein klein wenig besser leben. Aber ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben.«
Nadine kehrte mit einer Schüssel Salat zurück, stellte sie auf dem großen runden Tisch ab. Sie füllte Salat auf die Teller, Frank Hellmer gab je ein Steak dazu. Eine Weile aßen sie schweigend, bis Nadine sagte: »Ich hab mir übrigens eben was überlegt – könnte ich am Sonntag mit in die Kirche kommen? Vielleicht kann ich ja irgendwie helfen. Sechs Augen sehen mehr als vier.«
Julia Durant grinste nur, sagte: »Ich habe nichts dagegen. Nur bitte, stell den Leuten dort keine Fragen, was die Morde angeht. Überlaß das Frank und mir.«
»Großes Ehrenwort«, sagte Nadine, schnitt sich ein weiteres Stück von ihrem Steak ab, tauchte es in Chilisauce und steckte es in den Mund.
Den Rest des Abends verbrachten sie mit Reden und ab und zu mit Schweigen. Um kurz nach zehn sagte Hellmer: »Was ist, wollen wir eine Runde im Pool schwimmen?«
»Ich habe nichts dabei«, erwiderte Durant bedauernd.
»Das macht nichts«, sagte Nadine, »wir finden bestimmt was Passendes für dich.«
Um kurz vor Mitternacht verabschiedete sich Julia Durant. Als sie im Auto saß und nach Hause fuhr, fühlte sie sich gut wie schon lange nicht mehr. Dieser Abend war nichts Besonderes gewesen, aber es waren oft die Kleinigkeiten, die sie glücklich machten.
Donnerstag, 20.45 Uhr
Sie hatten sich bei einem Griechen zum Essen getroffen und waren danach in seine Wohnung gefahren. Er bewohnte eine sündhaft teure Maisonette-Wohnung in einem fünfstöckigen Haus, in dem sich ausschließlich Eigentumswohnungen befanden, undderen Bewohner zum Teil mehr als sechstausend Mark für den Quadratmeter bezahlt hatten. Seine Wohnung war mit hundertachtzig Quadratmetern die größte im Haus, bestand im unteren Teil aus einem großen Wohnbereich, in dem das Auffälligste ein an der Wand angebrachter Plasma-Fernsehapparat war, eine blaue Bang & Olufsen Stereoanlage sowie zwei bis vor kurzem noch unbekannte Gemälde von Turner, die er bei einer Auktion in London vor zwei Jahren ersteigert hatte. Die Einrichtung bestand aus einem fast in der Mitte des Raumes stehenden blauen Sofa mit zwei dazu passenden Sesseln sowie einem runden Glastisch, dessen
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