Letzte Ausfahrt Neckartal
Mörder. Was wollen Sie noch von mir?«
»Ich habe einen Mörder«, gab Treidler zurück. »Aber ich suche einen weiteren.«
»Einen weiteren was?«
»Einen weiteren Mörder.«
»Was meinen Sie damit?« Paschl straffte den Rücken und reckte das Kinn.
»Den Mörder von Goran Markovic.«
»Markovic? Pah! Seien Sie froh, dass der ein für alle Mal erledigt ist. Der war lediglich ein Kollateralschaden.«
»Kollateralschaden?«
»Ja, Kollateralschaden.« Paschl spie das Wort förmlich aus. »Ich habe Schlimmeres gesehen.«
»Wie Mehmet Bayram?«
»Der kleine Türke?«
»Nein, nicht der kleine Türke.« Treidler sprach bewusst leise. »Sein Name war Mehmet Bayram. Können Sie bei dem Gedanken an ihn überhaupt noch schlafen?«
»Da haben wir uns geirrt.«
»Nicht wir. Sie haben sich geirrt. Das ist ein Unterschied.«
»War’s das?«, fragte Paschl mit einem gleichgültigen Gesichtsausdruck.
Treidler beugte sich vor. »Nein, das war es nicht«, entgegnete er noch leiser. »Soll ich Ihnen sagen, warum Sie wirklich hier in Rottweil sind?«
»Ich werde Sie wohl nicht daran hindern können.« Paschl blickte demonstrativ auf seine Armbanduhr. »Aber machen Sie es kurz, mein Zug fährt bald.«
»Ihr Auftrag bestand nie darin, irgendwelche islamistischen Terroristen festzusetzen. Der einzige Zweck Ihres Einsatzes war, unsere Ermittlungen so lange zu torpedieren, bis alle Spuren und Beweise unbrauchbar sind.«
»Reden Sie ruhig weiter, Treidler. Ihre Geschichte wird mit jedem Wort lächerlicher.«
»Die beiden Männer, die beobachtet haben, wie uns der Informant die Akte gab. Ich denke, dass die beiden ebenfalls zu Ihrer Abteilung gehören.«
»Jetzt geht aber die Phantasie mit Ihnen durch. Mit den Vorfällen hier in Rottweil vom letzten Mittwoch habe ich nichts zu tun.« Paschl rang sich ein schiefes Lächeln ab.
»Unser Informant wurde schon lange beschattet. Sie haben ihn bisher nur am Leben gelassen, weil Sie davon ausgegangen sind, dass sich das Problem bald von alleine erledigt. Lungenkrebs Endstadium. Aber das wissen Sie bestimmt selbst am besten.«
»Ach ja?« Paschl zischte etwas Unverständliches durch seine Mundwinkel. Vermutlich sollte es eine Beleidigung sein.
»Ja. Und das war Ihr Fehler.«
»Wieso geben Sie mir nicht gleich die Schuld, dass Sie von einer Enduro durch die halbe Stadt gejagt wurden?«
Jetzt hatte er ihn.
»Warum grinsen Sie so dämlich, Treidler?«, fuhr ihn Paschl an.
»Ich habe nie von einer Enduro geredet.«
»So?« Paschl zupfte an seinem Stoffblouson. »Carina hat es in ihrem Bericht erzählt.«
»Nein, hat sie nicht«, gab Treidler zurück, obwohl er sich selbst nicht sicher war. Aber er musste den Druck auf Paschl aufrechterhalten, ihn weiter provozieren, damit der in seiner Wut offen aussprach, was er bisher zurückhielt.
»Es spielt überhaupt keine Rolle, ob sie die Enduro erwähnt hat oder nicht. Sie können mir sowieso nichts anhaben. Ihre Aussage gegen meine. Und was zählt Ihre schon?«
Er durfte Paschl keine Möglichkeit geben, sich hinter seiner Arroganz zu verstecken. Sonst würde er ihm entgleiten wie ein Aal. Treidler löste sich von der Tischplatte und trat einen Schritt auf ihn zu. »Leck mich am Arsch, du blöder Wichser.«
Paschl ballte die Fäuste. »Der Tag wird kommen, an dem Sie sich wünschen, das nicht gesagt zu haben.«
»Kann sein, aber nicht heute.« Treidler hob die Schultern und verzog den Mund zu einem Grinsen. »Und außerdem steht Ihre Aussage gegen meine. Und was zählt Ihre schon?«
»Sie mieser kleiner Dorfpolizist.« Paschls Gesichtsfarbe wechselte ins tiefste Zornesrot. Sogar auf seiner Glatze zeigten sich die ersten roten Flecken. »Was glauben Sie eigentlich, wer Sie sind. Sie wissen doch gar nichts. Nichts, das über Ihren beschissenen schwäbischen Bezirk hinausgeht. Aber da draußen, da gibt es mehr als ein paar kleine Handtaschenräuber.«
»So? Was denn?«
Paschl grunzte abfällig. »Falls Sie sich mit mir anlegen wollen, vergeuden Sie nur Ihre Zeit.«
»Wer hat Goran Markovic erschossen?«
»Sie hatten die Einsatzleitung. Es ist Ihre Aufgabe, das herauszufinden.«
»Ich bin gerade dabei.«
»Dann lassen Sie sich nicht aufhalten. Mich brauchen Sie dazu wohl nicht.«
Treidler musterte Paschl. In dem abgetragenen Blouson wirkte er schlicht, fast armselig. Viel brauchte es nicht mehr, bis Paschl explodieren würde. »Sie haben Markovic erschossen.«
»Dass ich nicht lache.« Wieder kam die Antwort zu
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