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Letzte Ausfahrt Neckartal

Letzte Ausfahrt Neckartal

Titel: Letzte Ausfahrt Neckartal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
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ihres Mobiltelefons gefunden hatte. Bereits nach dem dritten Rufzeichen nahm Paschl das Gespräch mit einem gereizten »Ja« entgegen.
    »Morgen, Herr Paschl«, rief Treidler in den Hörer. »Glatze schon rasiert?«
    »Wer ist da?«, kam es barsch zurück.
    »Ihr Lieblingskommissar aus Rottweil.«
    »Der Herr Hauptkommissar Treidler«, entgegnete Paschl mit offensichtlich gespielter Begeisterung. »Was verschafft mir die Ehre? Vermissen Sie mich schon?«
    »So würde ich es nicht nennen.«
    »Das habe ich mir fast gedacht.« Paschl räusperte sich. »Aber Sie rufen sicherlich nicht an, um mir Auf Wiedersehen zu sagen.«
    »Da könnten Sie verdammt recht haben.«
    »Lassen wir die Späßchen.« Paschls Stimme wurde mit einem Mal ernst. »Ich bin gerade beim Packen und weiß, dass Sie es nicht abwarten können, bis ich endlich fort bin. Also, warum rufen Sie an?«
    Treidler schaute für einen Augenblick zu Melchior. »Ich habe da noch etwas, das Sie interessieren könnte.«
    »Und das wäre?« Paschl klang ungeduldig.
    »Eine rote Aktenmappe.«
    »Rote Aktenmappe? Mann, Treidler, Sie sprechen in Rätseln.«
    »Die Akte hat einen, wie soll ich sagen … einen ungewöhnlichen Weg hinter sich. Meine Kollegin und ich haben sie gerade noch vor dem Verschwinden retten können.« Es machte direkt Spaß, Paschl ein wenig zappeln zu lassen. »Es ist zwar nur eine Kopie. Aber die Dokumente und die Fotos sind dennoch in bemerkenswerter Qualität.«
    »Kommen Sie endlich auf den Punkt.«
    »Die meisten Berichte sind von einem gewissen Oberkommissar Rap unterzeichnet.« Treidler hielt inne und wartete auf eine Reaktion. Doch aus dem Hörer drangen nur leise Atemgeräusche. »Ich weiß, dass Rap kein Nachname ist, sondern ein Kurzzeichen. Sie können sich vermutlich denken, für wen.«
    »Rap? Nie gehört«, sagte Paschl schnell. Viel zu schnell. Um zu erkennen, dass es sich um eine Lüge handelte, brauchte Treidler keine Ausbildung als Verhörspezialist.
    »Das macht nichts. Ich kann Ihnen den Mann zeigen. In der Akte gibt es auch ein Bild von ihm.«
    Paschl stieß scharf die Luft aus. »Was wollen Sie wirklich von mir, Treidler?«
    »Ich will noch ein paar Dinge klären, bevor Sie abfahren – Rüdiger Alois Paschl . Ich bin auf der Polizeidirektion, in unserem Büro. Und ich rate Ihnen, mich nicht warten zu lassen.«
    Treidler saß hinter seinem Schreibtisch, als Paschl eine Viertelstunde später durch die Tür stürmte. Sein glatt rasierter Schädel glänzte wie eh und je. Doch seine Gesichtszüge waren angespannt, und die sonst immer sonnengebräunte Haut wirkte seltsam fahl. Statt des maßgeschneiderten Nadelstreifenanzugs mit Rollkragenpullover trug er eine Jeans und einen abgetragenen, beigefarbenen Stoffblouson über einem weißen T-Shirt. Verschwunden war Paschls Selbstsicherheit. Seine flackernden Augen verrieten, dass er vergeblich versuchte, seine Nervosität zu verbergen.
    »Wo ist Carina?«, rief Paschl ihm grußlos zu und ließ seinen Blick durch den Raum schweifen.
    »Keine Ahnung. Vielleicht noch im Bett. Es wurde ja ziemlich spät gestern Nacht.«
    »Verdammt, Treidler, was soll das mit der Akte?« Paschl fuchtelte mit den Armen. »Ich habe immer noch keine Ahnung, was Sie von mir wollen.«
    »Wirklich nicht?« Treidler griff nach der aufgeschlagenen roten Akte und kam hinter dem Schreibtisch vor. Er hielt sie ihm hin. »Finden Sie nicht, dass Sie auf diesem Foto gut getroffen sind?«
    Mit unbewegter Miene betrachtete Paschl für ein paar Sekunden die Aktenmappe und nahm sie dann in die Hand.
    »Ja. Schauen Sie genau hin.« Treidler lehnte sich an seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme.
    Paschl kniff die Augen zusammen und starrte auf das Foto. Dann, von einem Augenblick auf den anderen, lachte er los. Es war ein gehässiges, ein zwanghaftes Lachen, das lange anhielt.
    Bisher hatte Treidler immer gedacht, dass Paschl ein guter Schauspieler war. Doch diesmal stellte er sich an wie in einem Laientheater.
    »Sind Sie fertig?«, fragte Treidler.
    Paschl wischte sich eine imaginäre Träne aus den Augen und nickte. »Was soll das, Treidler? Das kann jeder sein.«
    »Das ist nur die Kopie. Ich habe auch das Original«, log Treidler.
    »Sie bluffen. Wenn Sie das Original hätten, würden Sie mir nicht diese beschissene Kopie präsentieren.« Er warf die Akte auf den Schreibtisch. Sie rutschte über die Tischplatte und landete auf dem Boden. »Also, ein letztes Mal, bevor ich einfach gehe: Sie haben doch Ihren

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