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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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hatte.
    Endlich sah ich sie, wie sie Hand in Hand näher schlenderten, ohne Hast, als gehörten sie nur sich selbst. Der Student trug meine Reisetasche.
    Sie näherten sich, und der junge Mann setzte die Tasche vor mir ab.
    Zu meiner Verwunderung ergriff das schöne schwarzhaarige Mädchen meine Hand, legte wie eine Tochter ihren Kopf an meine Brust, und ich sah für Sekunden hinab auf volle, geschwungene Lippen, die sich wie eine sich entfaltende Blüte öffneten.
    Ich musste mich beherrschen, denn in diesen Sekunden entschwanden alle Sorgen und Erlebnisse aus meinen Gedanken, und vor mir lag die Versuchung, meine vertrockneten Lippen auf die ihrigen zu pressen, während ihre kleinen, harten Brüste auf meinem Bauch drückten.
    »Maschallah«, flüsterte sie, und ihre Augen leuchteten und wurden eins mit meinen.
    Der junge Student riss mich in die Wirklichkeit zurück, als er sagte: »Alles Gute, Mann!« Er drückte mir die Griffe meiner Tasche in die Hand, und ich bemerkte noch, wie die süße Kleine mir etwas in die Seitentasche meiner Lederjacke schob.
    Sie löste sich blitzschnell von mir. Der Student griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich. Sie liefen davon und winkten mir noch zu.
    Ich schaute ihnen nach, bis sie verschwunden waren. Dann folgte ich dem Pfeil auf der Wand zu einer Cafeteria.
    Die Hitze lag noch in den Räumen des Cafés. Ich saß vor dem Fenster und blickte auf die Start- und Landebahnen. So beobachtete ich die Jumbos und Airbusse, die wie riesige Vögel unter dem blauen Himmel standen. Vom Marmarameer stieg ein abendliches Gold auf, das mir kitschig vorkam in Anbetracht meiner ungewissen Situation.
    Ich griff in die Tasche der Lederjacke, zog eine Ansichtskarte hervor, blickte kurz auf das übertriebene Rot des Himmels, sah das Blau des Meeres als einen zarten Strich und zählte die Minarette. Es waren sechs, und ich wusste, dass ich diese Moschee fotografiert hatte, allerdings ohne Möwen, die auf der Karte wie riesige Vögel am Himmel schwebten.
    Nervös drehte ich die Ansichtskarte um und las atemlos die blaue zarte Tintenschrift, die von der kleinen Türkin stammen musste.
    Halte durch für Inga! Ich bin Kaya, ihre Schicksalsgenossin und Freundin. Vernichte sofort die Karte! Maschallah!
    Als hätte mich ein Blitz getroffen, so war ich zusammengezuckt.
    Unter dem Tisch zerriss ich die Karte in kleine Schnipsel. Ich wollte die Toilette aufsuchen und sie wegspülen. Doch vor mir erschien der Ober und erwartete meine Bestellung. Ich bestellte mir Kaffee, allerdings europäischen, denn auf die sämigen Moccas stand mein aufgebrachter Magen nicht.
    Misstrauen stieg in mir hoch. Langsam öffnete ich einen Schuh. Es tat gut, als ich den Fuß aus seinem Gefängnis befreite. Doch trotz der Hitze hätte ich meine Wanderschuhe nicht mit leichtem Schuhwerk tauschen wollen. Ich schob die Schnipsel der Karte auf das Fußbett und zog den Schuh wieder an. Die Reisetasche stand auf dem Stuhl neben mir.
    Der Ober brachte den Kaffee und ich zahlte sofort.
    Durchhalten!, hatte mir die süße junge Türkin signalisiert.
    Und das entsprach auch meiner Absicht.
    Ich griff in die Tasche. Frische Wäsche, Socken, dann stieß ich auf die Brieftasche, die ich nicht benötigt hatte, da ich Papiere und Geld immer in meiner eigenen bei mir trug.
    Ich schob sie auf die Wäsche, öffnete sie und fand erneut einen Stapel von Hundert-Dollar- und Hundert-Euro-Scheinen vor. Sie zu zählen hielt ich für überflüssig, denn bisher hatte man mich mit Zahlungsmitteln großzügig ausgestattet.
    Hastig durchsuchte ich die Brieftasche und fand den üblichen Brief. Ich ließ ihn in der Tasche, beschäftigte mich mit dem Kaffee, weil ich nicht wusste, ob ich hier beobachtet wurde. Der Kaffee schmeckte, obwohl gesüßt, herb.
    Meine Blicke gingen in die Runde. Doch niemand der Gäste schien Interesse an meiner Person zu finden.
    Ich zog den Brief hervor, legte ihn auf den Tisch, setzte meine Lesebrille auf und las:
    Doktor Udendorf, zahlen Sie in Dollar den für Sie gebuchten Flug nach Izmir.
    Die Maschine geht um 22 Uhr. Sie werden gegen 23 Uhr dort ankommen und ein Taxi zum Almabahce-Hotel nehmen.
    Dort ist für Sie das Zimmer 321 vorbestellt.
    Alles Weitere in Izmir.
    Vernichten Sie den Brief wie bisher!
    Ich war enttäuscht. In einer Stunde musste ich in Richtung Kleinasien fliegen. War das Schikane, um mich für irgendetwas weichzukochen? Dafür sprach die Aufforderung des Mädchens! Sie war eine Freundin und

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