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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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Hoffnungen sie hervorgerufen hatten.
    Und wieder gab es einen Moment, in dem die Flüssigkeit, die ich mit dem Bier aufgenommen hatte, schlagartig meinen Körper verließ.
    Jemand klopfe energisch an meine Hoteltür! Es war nicht das vornehme, rücksichtsvolle Sichbemerkbarmachen eines dienstbaren Geistes.
    Da befand sich jemand vor meinem Zimmer, der meinte, das Sagen zu haben, der nicht bitten musste, sondern befehlen konnte.
    Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Ich schritt zur Tür und öffnete sie.
    Mir gegenüber stand ein Mann, der meine Größe hatte, aber trotz seines kantigen und zerfurchten Gesichtes jünger sein musste. Er trug ein weißes Hemd, eine dunkelblaue Hose und seine linke Hand steckte in der Hosentasche, die sich bedrohlich ausbeulte.
    Hinter ihm lehnte ein Kumpan an der Wand, an dem mir das volle, wuschelige Haar auffiel.
    Mein Gegenüber schritt ohne Begrüßung und ohne zu fragen in mein Zimmer. Er ließ sich im Sessel nieder und grinste mich an, wies auf das Bett. Ich begriff und setzte mich auf die Kante.
    Nun konnte er die Katze aus dem Sack lassen.
    Endlich stand ich jemandem gegenüber, der an den Fäden zog, die mein Leben bestimmten.
    Sein Deutsch war gut, als er zu mir sprach. »Ich war Gastarbeiter in Deutschland. Arbeit auf der Werft in Papenburg war gut. Es gibt gute Deutsche und schlechte.«
    Ich holte tief Luft, wollte antworten, doch er fuhr fort: »Doch du musst sorgen für gute Partei. Es gibt auch böse Partei. Ich muss haben deine Passport!«
    Ich erschrak. Ohne Pass war ich in diesem Lande verloren. Ohne Sprachkenntnisse, ohne jemanden zu kennen, an den ich mich hätte wenden können.
    Mein Gegenüber grinste. Nicht höhnisch, nein, auch nicht schadenfroh.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte ich und erhob mich, bereit, um meinen Reisepass zu kämpfen.
    Ich sah, wie er seine Hand, die er immer noch in der verbeulten Hosentasche hielt, bewegte, als richte er eine Pistole auf meine Stirn.
    »Du bekommen neues, gültiges Passport. Gute Arbeit. Sicheres Dokument! Aber nicht mehr Lehrer«, sagte er, als unterhielten wir uns wie Freunde.
    Er ging zur Tür, ließ seinen Begleiter eintreten. Ein Blick auf dessen durchtrainierten Körper verriet mir, dass ich keine Chance hatte, selbst wenn die Pistole in seiner Tasche eine Attrappe sein sollte. Sie würden mich gnadenlos zusammenschlagen.
    Der Mann trug einen kleinen schwarzen Lackkoffer. Er ging an den Schreibtisch, legte ihn dort ab, ließ die Schlösser klicken und reichte mir einen Pass.
    »Ihr alter Pass«, forderte mich erneut der andere auf.
    Ich zog meine Brieftasche aus der Jacke, die über dem Stuhl hing, zog meinen Reisepass hervor und tauschte ihn gegen den neuen ein, der sich äußerlich nicht von meinem unterschied.
    Ich schlug ihn neugierig und mit zitternden Händen auf, sah auf mein Foto, das in Farbe mein von der türkischen Sonne gebräuntes Gesicht zeigte.
    Mein Geburtstag stimmte. Nur war ich nicht mehr Doktor Klaus Udendorf, der Oberstudienrat, sondern, wie ich flüchtig las, der Kapitän Bodo Harms.
    »Was soll das?«, fragte ich empört, verwirrt und überrascht.
    »Sie steigen um, vom Land auf ein Schiff, Herr Harms! Sie waren bei der Bundeswehr, Marine, und Sie sind gesegelt viel nach Helgoland! Sie müssen fahren ein Schiff nach Spanien, aber nicht allein, nein, ein echter Kapitän, erfahren in der Seefahrt, ist Ihr Erster Offizier. Die Mannschaft ist okay«, sagte er, als wäre ich sein Angestellter und hätte zu gehorchen.
    »Ich bin nur als Matrose zur See gefahren«, sagte ich verärgert und musste mit mir ringen, alles nicht für einen Traum zu halten.
    Er lächelte dünn. »Ihre Tochter ist noch nie zur See gefahren. Sie wird an Bord sein.«
    »O mein Gott«, stöhnte ich, und blitzschnell begriff ich, dass beides zusammenhing. Die Prämie und die Aufgabe, und als müsse der Mann, der noch immer die Pistole in seiner Tasche auf mich richtete, mich durchschaut haben, fuhr er fort: »Die Ladung, die wir Ihnen anvertrauen, ist wertvoll, sehr wertvoll, und Ihnen ist das Leben Ihrer Tochter ebenfalls wertvoll. Bringen Sie beides unversehrt nach Sant Feliu de Guixols. Ihre Mannschaft ist erfahren. Sie, ein Mann der unbescholten ist, der, ohne Verdacht zu erregen, ein Schiff leitet, ist für uns der beste Garant.«
    Vor meinem Studium hatte ich den Wehrdienst abgegolten. Gelegentlich hatten wir auf der Ostsee am Ende der Ausbildung Seetörns unternommen. Aber ein Schiff zu besteigen, als Kapitän, das kam

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