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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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sich die Ärmel des Kittels ein wenig hochschoben. Doch erst am Verkaufstisch, als er den Lieferschein ausstellte und mich unterschreiben ließ, entdeckte ich auf seinem dicken Siegelring drei kleine Fische in blauer Emaille.
    Er legte mir ein blassrotes Papier vor, auf dem ich den weißen Halbmond im roten Feld erkannte. Es enthielt nur wenige Sätze, die ich unterschreiben sollte.
    Ich gab mir einen Ruck und unterschrieb.
    Bisher hatte ich, ausgenommen sei der Rauschgiftschmuggel, von dem ich vorher nicht unterrichtet war, nichts Kriminelles getan. Deshalb fürchtete ich weder Tod noch Teufel.
    Es war für meine und Ingas Freiheit.
    Seine Augen musterten mich kalt, als ich den Fotoapparat an mich nahm und er mir noch eine Tüte zuschob, die die Werbung der Firma Kodak trug.
    Ohne Hast verließ ich das Fotohaus Ahmed Kalsati.
    Ich schritt an den Geschäften vorbei, hatte mir die Kamera zum Zeichen meiner harmlosen Touristenrolle umgehängt. Erst aus sicherer Entfernung fotografierte ich das Geschäft. Konnte mir das später nützen?
    Ich mischte mich unter die Passanten.
     
    Für meinen Fotoauftrag hätte ich die Richtung nicht besser wählen können, denn ich gelangte in ein Viertel, das es mit allen Städten der Welt aufnehmen konnte.
    Vor mir lag der riesige Mauerbau mit den aufgesetzten Dachkuppeln des Grand Bazar.
    Vor lauter Eifer, nichts auszulassen, gab ich mir Mühe, selbst mit dem Aufbau der Bilder zu ringen, dabei vergaß ich, dass in meiner Jackentasche ein Brief steckte, der vielleicht das Ende meiner Irrfahrten beinhalten konnte.
    Mir stand der Schweiß auf der Stirn, es war weniger die Hitze als meine Versuche, Palmen und bunte Sommerblumen vor dem Hintergrund der Prachtbauten abzulichten.
    Dabei entdeckte ich die kleine Bank. Von hier aus hatte ich einen schönen Blick auf eine Moschee und die Menschen.
    Niemand nahm von mir Notiz. Ich war ein Tourist, wie so viele Fremde, die hier tagaus, tagein mit ihren Kameras herumtigerten.
    Ich holte den Brief aus meiner Tasche. Im Schatten reichte das Licht nicht aus, und ich musste die Lesebrille aufsetzen.
    Doktor Udendorf, ein paar Hinweise, die Sie als Hobbyfotograf und Besucher unserer Stadt sicher verwenden können.
    Istanbul ist die Stadt der Moscheen. Diese sind es, die Fremde am meisten aufsuchen, um sie zu fotografieren.
    Sie werden sich gegen 19 Uhr mit einem Taxi zum Topkapi-Palast, dem alten Stadttor, fahren lassen. Geld haben Sie genügend, um während der Zeit nicht vom Hunger oder Durst gequält zu werden.
    Am Topkapi wechseln Sie das Taxi und lassen sich zum Flughafen Atatürk fahren.
    Dort erwartet Sie das junge Paar, das Sie auch empfangen hat. Die beiden jungen Leute tragen Ihr Reisegepäck bei sich, in dem Sie weitere Instruktionen finden.
    Alles ist für Sie bestens gerichtet.
    Für Sekunden war ich sprachlos, las den Text mehrmals und spürte den Schweiß, der aus meinen Poren drang. Ich steckte den Brief ein, erhob mich, trat über den Rasen in die grelle Sonne und sagte zu mir: »Na, Alter, dann auf Fotojagd.«
    Ich wollte mich jedoch nicht in die Hektik stürzen und wie Amerikaner mit dem Taxi durch die Stadt dreschen, um ja nichts auszulassen.
    Ich fand ein ruhiges, schattiges Straßencafé, von dem ich sowohl auf den Basar als auch auf die Beyazit-Moschee blicken konnte, legte den Stadtplan aus und bestellte mir Tee. Ich verspürte keinen Hunger.
    Noch musste ich nicht Abschied nehmen von dieser schönen Stadt. Während ich den Tee trank, entschloss ich mich, die Hagia Sophia als letzte Station meiner Fototour in mein Programm aufzunehmen, um zum vereinbarten Termin am Stadttor zu sein.
     
    Meine Beine waren schwer wie Blei. Um mich herum dröhnte der Lärm der an- und abreisenden Fluggäste. Die Lautsprecherdurchsagen in vielen Sprachen erforderten meine volle Konzentration.
    Gerade startete eine Maschine nach Berlin, und ich erfuhr, dass in etwa vierzig Minuten ein Direktflug nach Hamburg angesagt war. Auch nach Amsterdam hätte ich in der nächsten Stunde fliegen können, wenn ich nicht ein Gefangener ohne Fesseln gewesen wäre.
    Immer noch enthielten sie mir Inga vor, und ich wusste nicht, ob ich auf diesem Flughafen endlich mit einem Wiedersehen belohnt werden sollte.
    Ich wartete aufgeregt auf das Pärchen und freute mich auf die kleine Person, die mir mit ihrer Herzlichkeit und ihrem asiatischen Aussehen für kurze Zeit die Sorgen vertrieben hatte. Ich hoffte, dass sie als Glücksfee guten Einfluss auf meine Karten genommen

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