Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
Vom Netzwerk:
Schiff.
    Oft schaute ich gegen zackige Felswände, über die die Scheinwerfer huschten, dann wieder auf das dunkle Meer, auf dem nur selten Positionslichter von Schiffen für Abwechslung sorgten.
    Wir schwiegen. Ich saß zwischen Kaya und Inga, und beide hatten sich vertrauensvoll an mich gelehnt.
    Einsam stand das Grenzhaus auf der Plattform eines Berges, dem sich unser Taxi mühsam entgegengekämpft hatte. Die französische Grenzstadt Cerbière war das nächste Ziel. Während wir uns ihr aus den Bergen kommend näherten, lagen vor uns die blinkenden Lichter, Leuchtfeuer und Reklamen eines Fischerhafens.
    Ich schlief vor Müdigkeit ein. Die Berg- und Talfahrt nahm kein Ende. Ab Argelès-sur-Mer ging es auf der Autobahn dem nächtlichen Perpignon entgegen.
    Inga und Kaya schwiegen und mieden den Blick nach draußen.
    Was hatte Nababik vor? Erst in Narbonne verließ unser misstrauisch gewordener Taxifahrer die Autobahn, nachdem Nababik die Gebühren an der Sperre bezahlt hatte.
    Nun ging es durch das Flachland. Die Lichter des Wagens streiften Ackerfelder, auf denen die kleinen Weinsträucher ihre winzigen Traubenansätze versteckt hielten.
    Endlich erreichten wir einen Ort, der mich an die Italowestern erinnerte.
    Wie auf Stelzen stehende Ferienhäuser bedeckten eine Sandwüste. Autos parkten unterhalb der Wohnungen. Streunende Hunde wichen vor uns aus. Nirgendwo brannte ein Licht.
    Nababik kannte sich aus. Er dirigierte den eingeschüchterten Fahrer sicher über die Sandwege, die mich an die Filmhelden erinnerten, die es bis zum Präsidenten schaffen konnten.
    Eine Lichtreklame zeichnete sich ab, warf Farbe in die Eintönigkeit.
    Ich las Hotel Le Floride.
    Der Wagen hielt, und das Rauschen des Meeres drang zu uns.
    Wir stiegen aus. Das Hotel wirkte verlebt. Umso überraschter war ich, als eine dickbusige Madame, die einen Rock zum Bersten füllte, aus der Glastür trat, Nababik umarmte und ihn auf die Stirn küsste.
    Ich sah, wie er sich aus ihrer Umklammerung löste, ihr einen Brief in die Hand drückte und auf Inga und Kaya zeigte.
    Es ging alles sehr schnell. Ein kurzer Händedruck, ein Kuss zum Abschied mit dem zärtlich geflüsterten: »Macht’s gut.«
    Die Madame winkte uns kurz zu und führte die Mädchen ins Haus.
    Nababik drängte auf Eile. Er stieg hinten ein, und ich setzte mich zu dem Fahrer. Ohne zu fragen, startete er.
    »Schlaf, Alter«, sagte Nababik zu mir, »mach dir keine Sorgen mehr, die beiden sind aus der Schusslinie.«
    Ich machte es mir bequem im weichen Sitz, wollte weder einschlafen noch nachdenken.
    Der Fahrer fragte, als er sich der Auffahrt der Autobahn näherte: »Autopista Figueras?«
    »Sí«, antwortete Nababik.
    Der Fahrer fuhr an die Sperre, zog die Karte aus dem Automaten und hatte freie Fahrt. Und die hatte er auch auf der Autobahn. Sie lag leer im Scheinwerferlicht vor uns, und der Wagen drosch mit der erlaubten Höchstgeschwindigkeit der spanischen Grenze entgegen.
    Ich hing meinen Gedanken nach, glücklich darüber, dass sich meine Tochter und Kaya nicht mehr auf dem Schmugglerschiff ängstigen mussten, ohne zu wissen, wie sich ihre weiteren Wege gestalten würden.
    An der Ausfahrt Figueras Norte verließen wir die Autobahn.
    Auf der Landstraße nach Port de la Selva begegnete uns kaum ein Wagen, und schließlich hatten wir den Ort erreicht, der längst seine Nachtruhe gefunden hatte. Nur die Positionslichter der Schiffe und unübersehbar die mächtige Sea Ghost beherrschten die Bucht.
    Das Taxi folgte den Anweisungen Nababiks. Es setzte uns vor der Gangway ab.
    Die Rechnung war hoch, doch Nababik ließ zur Zufriedenheit des Fahrers noch ein paar Euroscheine zusätzlich in seine Hand gleiten.
    Auf der Brücke saß Beppo vor einem gefüllten Aschenbecher und begrüßte uns.
    »Trinken wir noch ein Bier?«, fragte ich, und Beppo und Nababik folgten mir in meine Kabine.
    Mir lag daran zu erfahren, wie mein Erster Offizier die Fäden weiter zu ziehen gedachte.
    Er befand sich in einer hervorragenden Laune, die mir unverständlich erschien. Zum einen war die Taxifahrt nach Gruissan anstrengend und auch aufregend gewesen. Zum anderen hatten wir uns von den Mädchen getrennt und sie einer Zukunft überlassen, über deren weiteren Verlauf wir lange nichts erfahren würden. Hinzu gesellte sich die Frage nach meinem eigenen Schicksal.
    Selbstverständlich fühlte ich eine innere Freude über die gelungene Rettungsaktion, doch konnte ich Nababik so weit trauen, dass er auch dem massiven

Weitere Kostenlose Bücher