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Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Letzte Ausfahrt Ostfriesland

Titel: Letzte Ausfahrt Ostfriesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor J. Reisdorf
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retten.
    Ich erhob mich und drückte Nababik dankbar die Hand.
    Er lachte. »Ja, Klaus, du musst noch an Bord bleiben. So ganz ohne Freund möchte ich nicht durch die Straße von Gibraltar schippern, denn für die Mannschaft bist du als Kapitän der Garant ihrer Prämien.«
    Es war schon späte Nacht. Wir fühlten keine Müdigkeit und genossen das herbe deutsche Bier. Nababik wies auf den Boden.
    »Ohne Steenblock würde uns dieser Schachzug nicht gelingen«, sagte er trocken, und ich begriff, dass uns der Devisenvorrat des toten Rauschgifthändlers unter den Brettern meines Schreibtisches helfen würde, die Dieselrechnung und den Proviant zu bezahlen.
    Für Sekunden verharrte ich ganz still in meinem Schreibtischsessel. Neue Hoffnungen stiegen in mir auf. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu entspannen. Früher hatte ich mit geringen Erfolgen das autogene Training benutzt, um nach Ankes Tod meine innere Ruhe zurückzugewinnen. Auf Anhieb spürte ich die Schwere, die in meine Glieder fuhr.
    Vor meinen Augen erschien ein Licht, das sich verstärkte, und ich fühlte eine angenehme Wärme.
    Anke wollte mir Zeichen geben!
    Ihr unsichtbarer Besuch tat mir gut, denn ich hatte befürchtet, sie könnte mir meine körperliche Liebe zu Kaya übel nehmen.
    Ihr Licht lag über uns allen, selbst hinter Nababiks vollem Haarschopf sah ich die Strahlen, die sein Abenteurergesicht in den Schatten rückten.
    Aber mein Freund ahnte nichts von meinem Eintauchen in eine Welt, die eine andere Wirklichkeit war und von deren Existenz ich noch vor Wochen nichts gewusst hatte.
    Sein selbst gewählter harter Job lag fern solcher meditativer Erfahrungen. Hätte ich ihm erzählt, dass meine verstorbene Frau aus dem Jenseits seine der Organisation gegenüber abtrünnigen Pläne als die momentan beste Lösung bestätigt hatte, er hätte seine Absicht geändert und mich für einen Verrückten gehalten.
    Ich öffnete die Augen. Das Licht war nicht mehr da, und dankbar sagte ich: »Hervorragend!«
    Er grinste mich an.
    »Ich gehe zur Brücke und werde die Sea Ghost auf den Kurs an Menorca vorbei in Richtung Nordspanien bringen.«
    Nababik erhob sich und sagte zu mir: »Um dich zu retten, lass ich mir noch etwas einfallen, wenn wir uns Schiermonnikoog nähern.«
    Er verließ meine Kabine, während ich mir trotz der späten Zeit noch eine Flasche öffnete.
    »Alter Pauker, du hast Glück«, sagte ich zu mir selbst, »du fährst mit Odysseus.«

Kapitel 10
     
    Tage später stand ich auf der Brücke.
    Beppo und Nababik steuerten die Sea Ghost dem spanischen Küstenort Port de la Selva entgegen.
    Es war einundzwanzig Uhr. Über der Pyrenäenkette lag ein milchiger Dunst. Backbord versank die rote Sonne wie ein Riesenball hinter der zerklüfteten französischen Küste.
    Jachten strebten mit gerafften Segeln und tuckernden Außenbordmotoren dem Fischereihafen entgegen. Trawler trieben weiße Bugwellen in den Abend und liefen aus zum Fang.
    Spanien! Mein Herz schlug heftig vor Freude. Ich hielt das Fernglas an die Augen und ließ den Blick an den Stränden entlangziehen.
    Weiße Bungalows, Apartmenthäuser, Restaurants, dahinter die mit kleinwüchsigen, dunkelgrünen Bäumen bewachsenen Hänge der Berge, die über tausend Meter hoch waren und kahle, felsige Spitzen trugen.
    Ich schaute auf die Mole, die weit in das Meer griff, las die bläuliche Lichtreklame, die das Wort NAUTICO bildete.
    Eine Hand von Trawlern lagen wie Geschwister vertäut nebeneinander. Die braune Hafenmauer wirkte wie eine Festung. Wo sie endete, lag der Jachthafen.
    Mir fiel die kleine Kirche auf, die vergessen aus einem Meer von verblassten weißen und gelben Häusern ragte. Ihr Turm war eckig und trug nur eine aus Betonsäulen erbaute stumpfe Spitze. Das seitliche Kirchenschiff zeigte einen geschwungenen Giebel, und ein dunkles Loch ließ der Sonne den Zutritt ins Gotteshaus.
    Doch unterhalb erblickte ich eine Zeile voller Leben, Frieden und Urlaub.
    Ich schickte ein Gebet in Richtung der San-Pedro-Kathedrale und beobachtete, wie sich auf der Promenade des Jachthafens die Spaziergänger vor den abgestellten Autos in Mengen zusammenfanden.
    Es wurden immer mehr, die den Hafen belagerten. Menschen stellten sich auf die Mauer und winkten uns zu.
    Unsere weiße Sea Ghost fiel auf! Die türkische Fahne am Heck und das spanische Rot-Gelb-Rot am Mast warfen Fragen auf.
    Nababik grinste. »Der Auftritt einer großen Dame. Unsere Sea Ghost stiehlt hier allen Schiffen die Schau.«
    Ich

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