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Letzte Runde in Mac's Place

Letzte Runde in Mac's Place

Titel: Letzte Runde in Mac's Place Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Packpapier prangte der rote Stempelaufdruck PER EINSCHREIBEN.
    »Er hat sich einige Mühe gegeben, es an sich selber zu schicken«, sagte Haynes.
    »Haben Sie die Siegel geprüft?«
    »Unbeschädigt.«
    »Es ist einer unserer unvergänglichen Mythen, daß man einen selbstgeschriebenen Text per Post an die eigene Adresse schicken müsse, um ihn urheberrechtlich zu schützen«, sagte Mott. »In Wirklichkeit ist alles, was man schreibt, automatisch urheberrechtlich geschützt. Wenn Sie das aller Welt mitteilen wollen, brauchen Sie nur das Wort >Copyright< auf alles zu schreiben, was Sie verfaßt haben, und dahinter die Jahreszahl und Ihren Namen. Möchten Sie sonst noch etwas über Urheberrecht wissen?«
    »Das sollte reichen«, sagte Haynes.
    »Dann können Sie es ruhig öffnen und einen Blick darauf werfen.«
    Haynes borgte sich von Mott eine Schere, schnitt den Bindfaden durch, brach die Wachssiegel auf und entfernte das braune Papier, das einen Keebord-Briefpapierkarton umhüllte. Er hob den Deckel des Kartons hoch. Innen waren schätzungsweise drei- bis vierhundert Blatt Schreibmaschinenpapier mittlerer Qualität. Haynes las die erste Seite, das Titelblatt, und stellte fest, daß es auf einer elektrischen Schreibmaschine getippt worden war, wahrscheinlich einer IBM-Typenradmaschine. Er reichte Mott die erste Seite, der sie schweigend las:
    ZUM SÖLDNER BERUFEN von
    Steadfast Haynes
    Am Fuß der Seite stand die Zeile »Copyright 1989 by Steadfast Haynes«. »Sind Sie sicher, daß es gültig ist - das Copyright?« fragte Haynes.
    »Absolut«, sagte Mott.
    Haynes las die zweite Seite und reichte Mott das Blatt. Auf dieser Seite stand:
    An jenem Tag, den Wirrnisse schufen,
    Kamen Himmel und Erde aus dem Lot.
    Sie sahen sich zum Söldner berufen,
    Sie nahmen den Sold, und sie sind tot.
    A. E. Housman
    Während Mott Housman las, blätterte Haynes rasch die restlichen Seiten durch. Mott blickte von den Gedichtzeilen auf, um die dritte Seite des Manuskripts entgegenzunehmen. Der Text darauf lautete: »Für meinen Sohn Granville Haynes, in der schwachen Hoffnung, daß er großen Gewinn daraus erzielen wird«.
    Als Haynes ihm stumm das vierte Blatt reichte, sah Mott, daß es als Seite eins numeriert war. Knapp auf halber Höhe der Seite, auf Mitte gesetzt, stand: KAPITEL EINS. Darunter befanden sich die Sätze: »Ich habe ein interessantes Leben geführt und bedaure, wenn ich zurückblicke, nichts. Oder fast nichts.«
    Mott sah von dem Blatt auf, der Blick verwirrt, der Mund vor Überraschung offen. »Das ist alles? Das ganze mistige Manuskript?«
    Haynes nickte lächelnd. »Abgesehen von rund dreihundertachtzig leeren Seiten, alle sorgfältig numeriert. Den Rest hat er ja vielleicht mit unsichtbarer Tinte geschrieben. Vielleicht sogar mit Zitronensaft.« Er hielt eine Seite gegen das Licht, das durchs Fenster fiel. »Aber das glaube ich nicht.« Er legte die Seite hin und sah Mott an. »Wegen des Copyright sind Sie sich sicher?«
    »Selbstverständlich bin ich mir sicher.«
    »Dann sollten wir ausprobieren, ob sie es immer noch kaufen wollen.«
    »Sie bitten mich somit, Ihnen bei einem Betrug zu helfen, richtig?«
    »Ich habe nicht gesagt, daß ich es ihnen verkaufen will. Ich habe gesagt, wir sollten ausprobieren, ob sie es wirklich kaufen wollen, und falls ja, wie hoch zu bieten sie gewillt sind.«
    Nachdem er überdacht hatte, was er zuerst von dem Vorschlag hielt, den er jetzt neu bewertete und als Anregung definierte, sagte Mott: »Meine Neugier übertrifft mein sachliches Urteil.«
    »Dann fordern Sie fünfhunderttausend und warten ab, ob ihr ursprüngliches Gebot steigerungsfähig ist.«
    Bevor Mott zustimmen oder Einwendungen erheben konnte, klingelte das Telefon. Er nahm den Hörer ab, meldete sich mit »Ja«, hörte einige Sekunden zu und sagte dann: »Stellen Sie ihn in fünfzehn Sekunden durch.« Während er wartete, nickte er Haynes zu, schaltete den Lautsprecher des Telefons ein, sah auf seine Armbanduhr und verzog das Gesicht zu einem knappen, zuversichtlichen Lächeln. Als er sprach, war es, als unterhalte er sich mit jemandem, der zwei Schritte links von Granville Haynes saß.
    »Entschuldigen Sie, daß ich Sie habe warten lassen, Senator, aber ich war gerade dabei, Ihr Angebot mit Mr. Haynes' Sohn zu diskutieren.«
    »Und was sagt der Junge, Howie?« fragte eine Stimme, die zwar durch den hallenden Lautsprecher gepreßt klang, aber immer noch von jovialem Südstaatensirup triefte. Haynes siedelte den

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