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Letzte Runde in Mac's Place

Letzte Runde in Mac's Place

Titel: Letzte Runde in Mac's Place Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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weder Eier noch Brot und Milch drin sind.«
    »Es ist ein Manuskript.«
    »Ein Roman?«
    »Ein Märchen. Steadys Memoiren.«
    »Nun ja, er hatte ein erfülltes Leben. Erzählt er alles?«
    »Darüber scheint sich jemand Sorgen zu machen.«
    »Und was möchten Sie? Es ein oder zwei Tage hier parken?«
    Haynes pflichtete mit einem Nicken bei und zeigte auf den alten Tresor. »Funktioniert das Ding?«
    McCorkle stand auf, nahm die Papiertüte und ging zum Tresor. Er öffnete die Tür, stellte die Tüte hinein, drückte die Tür wieder zu, verschloß den Tresor und drehte das Zahlenrad. »Die Kombination ist mein Geburtsdatum. Nur für den Fall, daß ich von einem Laster überfahren werde.«
    »Und wer sonst kennt Ihr Geburtsdatum?«
    »Das Finanzamt, das State Department, die Leute von der Sozialversicherung, das Straßenverkehrsamt, die Bank, der Arzt, der Zahnarzt, meine Frau, zwei oder drei gute Freunde und wahrscheinlich jeder einigermaßen clevere Dieb, der scharf darauf ist, den Tresor zu öffnen.«
    Haynes nickte, als stelle ihn die Antwort zufrieden, und fragte: »Wo finde ich Isabelle?«
    »Haben Sie's im Hay-Adams versucht?«
    »Sie ist ausgezogen.«
    »Und die Farm in Berryville?«
    »Da hebt niemand ab, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie genügend Zeit hatte, dahinzukommen.«
    »Wollte sie dahin?«
    »Weiß ich nicht.«
    McCorkle kehrte zum Schreibtisch zurück, setzte sich, griff zum Telefon und tippte eine Nummer ein. Nach Haynes' Schätzung wurde nach zweieinhalbmaligem Klingeln abgehoben.
    »McCorkle hier, Sid. Ich brauche unsere Rechnungsanschrift in Washington für Gelinet, Isabelle.«
    Er drückte die Zigarette in einem Aschenbecher aus, nahm einen Kugelschreiber und ein Blatt Papier aus der mittleren Schublade des Doppelschreibtischs und schrieb die Adresse auf.
    »Telefon?«
    McCorkle schrieb auch die Nummer auf, bedankte sich bei Sid, dem Buchhalter, legte den Hörer auf und reichte Haynes das Blatt Papier. »Connecticut Avenue.«
    Haynes blickte von dem Papier auf. »Block dreitausendachthundert?«
    »Kennen Sie sich noch in Washington aus?« »Ist 'ne Weile her.«
    »Erinnern Sie sich noch an die Taft Bridge an der Connecticut - die Brücke mit den Löwen?«
    Haynes nickte.
    »Von den Löwen aus etwas mehr als eine Meile nach Norden, auf der rechten Seite. Sonst noch was?«
    »Ich brauche ein Hotel.«
    »Billig, durchschnittlich, teuer, was?«
    »Anders.«
    »Nehmen Sie das Willard. Sie werden sehen, es ist nagelneu im Stil des Zweiten Empire restauriert, mit einem Hauch Potomac-Barock. Und im Foyer sitzen ein paar alte Damen, die, da könnte ich schwören, schon dort saßen, als ich neunzehnhundertfünfzig zum ersten Mal in Washington rumgekommen bin.«
    »Mir gefällt's jetzt schon«, sagte Haynes.
    »Möchten Sie, daß ich für Sie ein Zimmer reserviere?«
    »Macht das auch bestimmt keine Umstände?«
    »Überhaupt nicht«, antwortete McCorkle und nahm wieder den Hörer in die Hand.
    Zwei Minuten später legte er ihn gerade wieder auf, als jemand zweimal an der Tür klopfte. Bevor McCorkle »Herein!« oder »Wer ist da?« sagen konnte, ging die Tür auf, und eine Blondine von 21 oder 22, die einen Kamelhaarmantel mit Gürtel und ein Lächeln auf den Lippen trug, das Haynes an kalifornischen Sonnenschein an einem smogfreien Tag erinnerte, kam hereingefegt.
    Ihr Lächeln zielte auf McCorkle, schwand jedoch beim Anblick von Haynes. Sie runzelte die Stirn, schnappte leicht nach Luft - oder tat so - und sagte: »Mein Gott! Der Geist von Steadfast Haynes!«
    »Der Sohn«, sagte Haynes.
    »Ich habe Steady sehr gemocht.«
    »Und er Sie bestimmt auch, wer Sie auch sein mögen.«
    McCorkle seufzte. »Meine Tochter Erika. Granville Haynes.«
    Mit nur zwei langen Schritten stand sie vor Haynes, die rechte Hand ausgestreckt. Haynes entdeckte, daß sich Erika McCorkles rechte Hand kräftig und geschickt anfühlte, so als sei sie beim Reifenwechsel ebenso tüchtig wie beim Anlegen einer feinen Naht. Sie war nur ein paar Zentimeter kleiner als Haynes, und ihre Augen waren, wie er bemerkte, von einem deutlich helleren Blau als seine. Tatsächlich waren sie fast grau.
    Sie hielt seine Hand gerade so lange, wie sie brauchte, um zu sagen: »Das mit Steady tut mir sehr leid, mein Gott, Sie sehen genauso aus wie er.«
    »Sehr freundlich von Ihnen«, sagte Haynes.
    »Ich bin heute früh um sieben losgefahren«, sagte sie, zu McCorkle gewandt. »Ich wollte mich in Arlington von Steady verabschieden. Aber der

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