Letzte Runde in Mac's Place
Sie mit ihm sprechen? Dem Sheriff?«
»Das muß ich.«
»Aber mich erwähnen Sie nicht?«
»Nein.«
»Und auch nicht die Männer mit den Tüten über dem Kopf?«
»Wenn ich dem Sheriff nichts über Sie sage, kann ich ihm auch nicht von den Männern erzählen.«
»Was werden Sie ihm denn sagen?«
Haynes warf einen Blick auf den toten Zip. »Ich werde ihn fragen, was man mit einem toten Pferd macht.«
S IEBZEHN
Die Nummer des Sheriffbüros in Berryville schlug Haynes im Telefonbuch nach. Es meldete sich ein Deputy Soullard, und Haynes nannte seinen Namen und informierte ihn über das tote Pferd.
Der Deputy ließ Haynes in der Leitung warten, bis eine strenge Baritonstimme ertönte, verkündete, daß sie zu Sheriff Jenkins Shipp - Shipp mit zwei p - gehöre, und fragte: »Sind Sie Steadys Junge?« Sein Tonfall verwandelte die unvermittelte Frage in eine warme Begrüßung.
Als Haynes bejahte, fragte Sheriff Shipp: »Wie war doch gleich Ihr Name?«
»Granville Haynes.«
»Das mit Ihrem Vater tut mir leid, Granville, sein Ableben geht mir sehr nah.«
»Sie sind sehr freundlich.«
»Was war das nun mit dem alten Zip?«
Haynes sagte, er sei zur Farm gekommen und habe entdeckt, daß das Pferd erschossen worden sei.
»Donnerstag hab' ich wegen Zip einen Anruf vom Anwalt Ihres Daddys aus Washington gekriegt. Gelogen, das war Freitag. Er hat mir auch gesagt, daß Steady das Zeitliche gesegnet hat. Mott heißt der Anwalt, glaub' ich.«
»Howard Mott.«
»Genau, Howard. Hat gesagt, er will jemand rausschicken, um Steadys alten Cadillac zu holen. Und wollte wissen, ob ich jemand kenne, der rausfahren und sich um Zip kümmern kann, bis er was anderes geregelt hat. Ich hab' sofort an den jungen Dyson gedacht. Wohnt ganz in der Nähe von Steady. Mott hat gesagt, er zahlt dem Jungen zwanzig Dollar pro Tag, wenn er Zip mit Wasser und Futter versorgt, die Box sauberhält und ihn ein bißchen in Bewegung hält.« Nach einer kurzen Pause fuhr der Sheriff fort: »Und genau das hat der Junge gemacht.«
»Wann?« fragte Haynes.
»Nach der Schule.«
»Können Sie sich darum kümmern, daß der junge Dyson das Geld bekommt, wenn ich es in Ihrem Büro hinterlege?«
»Jawohl, Sir, dafür kann ich sorgen. Sehr gern.«
»Noch eins, Sheriff: Was stelle ich mit einem toten Pferd an?«
Kurzes Schweigen. »Hmm . Granville, wissen Sie zufällig, ob der alte Zip versichert war?«
»Keine Ahnung.«
Darauf entstand eine längere Pause, während der sich Haynes fragte, wie behutsam der Sheriff seine nächste Formulierung wählen würde.
»Na ja, Sir«, sagte der Sheriff. »Zip war ein ziemlich gutes Jagdpferd, und ich schätze, falls er tatsächlich versichert war, dann für mindestens fünfzehnhundert, kann sein, sogar für zweitausend.«
»So viel?« fragte Haynes.
»Mindestens.«
»Ich würde fast soviel zahlen, damit er fortgeschafft und begraben wird.«
»Nicht nötig«, sagte Shipp, der sich jetzt erleichtert und beinahe fröhlich anhörte. »Ich rufe den Blue Ridge Hunt Club an, und die werden ihn abholen. Und das wird Sie keinen Cent kosten, denn die werden den alten Zip zerstückeln und an die Clubhunde verfüttern. Eine Art Recycling sozusagen.«
»Ich weiß, mein Vater wäre einverstanden.«
»Noch eins, Granville. Würde es Ihnen was ausmachen, dort zu bleiben, bis ein Deputy vorbeikommt und sich ein bißchen umguckt? Die Leute hier regen sich leicht auf, wenn ein Pferd einfach so erschossen wird.«
»Ich warte, bis er hier ist«, sagte Haynes.
Nachdem sie sich verabschiedet hatten, legte Haynes in dem Büro, das früher einmal das Eßzimmer gewesen war, den Hörer auf. Erika McCorkle, die an dem zweiten Schreibtisch in einem quietschenden Drehstuhl saß, legte den Hörer des Nebenstellenapparats auf, stand auf, ging zum Fenster, sah nach draußen und sagte: »Es schneit.«
Haynes trat zu ihr ans Fenster und schaute in die Schneeflocken hinaus. Schweigend standen sie nebeneinander, bis sie sagte: »Ich war mir sicher, Sie würden ihm von Letty und den beiden Männern mit den Tüten über dem Kopf erzählen.«
Den Blick unverwandt in den fallenden Schnee gerichtet, sagte Haynes: »Da kommt einiges runter.«
»Wieso haben Sie ihm nichts gesagt?« fragte sie. »Weil Sie niemals ein Versprechen brechen? Oder weil Sie nur Versprechen abgeben, die Sie nicht brechen müssen?«
»Ich mache ständig Versprechen, und ich breche sie ständig«, erwiderte er. »Vor allem die, die ich mir selbst
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