Letzte Runde in Mac's Place
gebe.«
»Jedenfalls finde ich es schrecklich nett, daß Sie ihm nichts gesagt haben.«
Wenige Sekunden später fragte Haynes sich, ob Erika McCorkles sanfte Schmeichelei oder ein schierer Impuls ihn dazu veranlaßt hatten, ihr zu gestehen, daß die Memoiren nicht vorhanden waren. Was auch immer es war, seine übliche Vorsicht hielt ihn davon ab, ihr von den Leuten zu erzählen, die sich alle Mühe gaben, die Memoiren unbesehen zu kaufen.
Erika schien abzuwägen, was er ihr gesagt hatte, bevor sie fragte: »Sie meinen also oder mutmaßen es vielleicht nur, daß irgendwo, vielleicht sogar hier, ein echtes, absolut ehrliches Manuskript existiert, in dem haufenweise politisches Dynamit, schockierende Enthüllungen und jede Menge anderer heißer Stoff stecken?«
»Richtig«, antwortete Haynes und sah einen spontanen Gedanken über ihr Gesicht zucken, ein Gesicht, das sich, wie ihm aufging, niemals wirklich gut würde verstellen können.
»Dann waren die beiden Männer also hinter dem Manuskript her, nicht?« sagte sie. »Die beiden, die Letty gefesselt haben.«
»Das ist keine zwingende Schlußfolgerung.«
»Sicher doch«, widersprach sie. »Und dieselben beiden Männer, die Zip erschossen und Letty gefesselt haben, müssen Isabelle gedroht haben, sie zu ertränken, wenn sie ihnen nicht sagt, wo sich das Manuskript befindet. Aber nachdem sie ihnen gesagt hat, daß es auf der Farm ist, haben sie sie trotzdem ertränkt.«
»Sie haben soeben den Hallenrekord für intuitive Sprünge aufgestellt.«
»Mit anderen Worten, Sie teilen meine Meinung nicht.«
»Vielleicht doch«, sagte Haynes. »Falls sich alles zusammenfügt.«
»Was meinen Sie mit >alles«
»Fangen wir mit Letty und dem Grund für ihre Anwesenheit hier an.«
»Sie hat sich Sorgen wegen Zip gemacht.«
Haynes sah sie einen Moment an, drehte sich um, ging zum Telefon, hob den Hörer ab und tippte die Nummer für ein Ferngespräch ein. »Nehmen Sie den anderen Hörer!« sagte er.
Als Erika McCorkle den Hörer des Nebenstellenapparats an ihr Ohr drückte, hörte sie es zweimal summen, bevor sich eine Frauenstimme meldete: »Mott, James, Lovelandy and Nathan.«
»Mr. Mott, bitte. Hier ist Granville Haynes, und es ist wichtig.«
Nach einigen Sekunden meldete Mott sich mit: »An einem Samstagmorgen kann nichts wichtig sein.«
»Ich bin auf Steadys Farm.«
»Und?«
»Haben Sie Sheriff Shipp angerufen und ihn gebeten, jemanden zu beauftragen, der sich um Steadys Pferd kümmert?«
»Aber ja«, bestätigte Mott. »Als ich ihn anrief und ihm sagte, daß Steady tot sei und ich jemanden losschicke, um den Cadillac zu holen, habe ich ihn gefragt, ob er jemand kennt, der das Pferd für zwanzig Dollar pro Tag mit Wasser und Futter versorgen und ihm etwas Bewegung verschaffen könnte. Er hat ja gesagt.«
»Woher wußten Sie von dem Pferd?«
»Steady hat mir vor etwa einem Jahr von - wie hat er es genannt? Zip? - erzählt. Aber ich hatte es vergessen, bis Steadys Ex-Frau mich anrief.«
»Wann?«
»Am Morgen nach Steadys Tod. Sie hat sich des Pferdes wegen Sorgen gemacht. Ich habe ihr gesagt, ich würde mich drum kümmern. Stimmt etwas nicht?«
»Jemand hat das Pferd erschossen.«
Nach einigen Sekunden Schweigens sagte Mott: »Was soll ich deswegen unternehmen?«
»Nichts.«
»Gut«, sagte Howard Mott und legte auf.
A CHTZEHN
Sie begannen oben mit der Suche und fanden drei Schlafzimmer, ein Bad, zwei alte Spiegelschränke und einen Wandschrank. Haynes' Inspektion des Medizinschranks im Bad förderte eine leere Flasche Aspirin der Marke St. Joseph, eine unbenutzte Zahnbürste, noch in der Plastikverpackung, und ein Diaphragma zutage.
Das kleinste der drei Schlafzimmer war karg mit einer dünnen Matratze auf einem Messingbettgestell ausgestattet. Daneben lag auf den dunkelbraun gebeizten Kiefernholzdielen ein ovaler, fadenscheiniger Bettvorleger. Eine zinnoberrot lackierte Kommode war leer. Die übrige Möblierung bestand aus einer 50 Jahre alten Deckenlampe, einem Holzstuhl mit kerzengerader Rückenlehne und einem alten Schrank, dessen Türspiegel allmählich silbergrau wurde. Haynes öffnete die Schranktür, fand zwei Kleiderbügel aus Draht und schlußfolgerte, daß es sich um ein Gästezimmer handelte, dessen Möblierung ganz bewußt dazu gedacht war, von längeren Aufenthalten abzuschrecken.
Im angrenzenden Schlafzimmer fanden sie bis auf einen dünnen Stapel eindeutiger Sexmagazine in der Schublade eines Nachttischchens nichts von
Weitere Kostenlose Bücher