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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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Vollmond, der erstaunlich hell schien und den Rasen vor ihr beleuchtete. Sie dachte an den Bürgerkriegsbrief, den Jeffrey ihr vor langer Zeit vorgelesen hatte. Eine einsame Frau hatte ihn an ihren Mann in der Armee geschrieben. Sie fragte sich darin, ob derselbe Mond auch ihren Geliebten bescheine.
    Sara ging zur Rückseite der Klinik. An der Wand hing ein Schild mit Hares Namen, aber ihre Wut über die Medikamentenstudie war längst verraucht. Sie konnte kein Quäntchen Mitgefühl für Allison Spooner oder Jason Howell mehr aufbringen, nicht einmal für den armen Tommy Braham, der irgendwie in diese ganze Geschichte hineingeraten war. All ihre Gefühle waren zu einem dumpfen Schmerz zusammengeschrumpft. Sogar ihr Hass auf Lena war verschwunden. Der Versuch, sie aufzuhalten, war wie ein Kampf gegen Windmühlen. Sara konnte absolut nichts tun, um sie zu stoppen. Die Welt konnte zusammenbrechen, aber Lena würde immer noch stehen. Sie würde sie alle überleben.
    Der Garten hinter dem Haus war eine Schlammgrube. Elliot hatte sich um nichts gekümmert. Die Gartenmöbel waren verschwunden, die Schaukel abgebaut. Die Wildblumen, die Sara zusammen mit ihrer Mutter gepflanzt hatte, waren längst tot. Sie stand am Ufer des Bachs. Er war jetzt ein Fluss, das Rauschen des schäumenden Wassers übertönte alle anderen Geräusche. Der große Ahorn, der im Lauf der Jahre so viel Schatten gespendet hatte, war in den Fluss gestürzt. Sein Blätterdach berührte das gegenüberliegende Ufer. Sara sah, wie Erdbrocken abbrachen und mitgerissen wurden. Ihr Vater hatte Sara an diesen Bach zum Fischen mitgenommen. Eine halbe Meile stromabwärts gab es ein Feld großer Felsbrocken, wo Welse sich in den Wirbeln tummelten. Tessa hatte es geliebt, auf den Granit zu klettern und in der Sonne zu liegen. Einige der Felsen waren fast drei Meter hoch. Sara vermutete, dass sie jetzt vom Wasser bedeckt waren. Alles in dieser Stadt, egal wie stark, würde irgendwann weggespült.
    Hinter sich hörte Sara einen Ast knacken. Sie drehte sich um. Eine Frau in rosa Schwesternuniform stand ein paar Schritte hinter ihr. Sie war außer Atem. Ihr Make-up war verschmiert, die Mascara zeichnete dunkle Halbmonde unter ihre Augen. Die roten Plastiknägel an ihren Fingern waren gesplittert und abgebrochen.
    » Darla « , rief Sara, als sie die Frau erkannte. Sie hatte Franks älteste Tochter seit Jahren nicht gesehen. » Alles in Ordnung? «
    Darla zögerte und schaute sich über die Schulter. » Schätze, du hast von Daddy gehört. «
    » Weigert er sich noch immer, ins Krankenhaus zu gehen? «
    Sie nickte und schaute sich wieder um. » Vielleicht könntest du mir helfen und ihn dazu bringen, dass er ein paar Tests machen lässt. «
    » Für diese Aufgabe dürfte ich im Augenblick wohl nicht die Geeignetste sein. «
    » Bist du sauer auf ihn? «
    » Nein, aber ich… « Endlich meldete sich Saras Verstand. Es war fast drei Uhr nachts. Es gab keinen vorstellbaren Grund, warum Darla hier sein sollte. » Was ist denn los? «
    » Mein Auto ist liegengeblieben. « Darla schaute sich zum dritten Mal über die Schulter. Doch sie schaute nicht zur Klinik. Sie schaute zur Polizeistation. » Kannst du mich zu Daddys Haus fahren? «
    Sara spürte, dass ihr Körper auf eine Gefahr reagierte, die sie noch nicht so recht definieren konnte. Ihr Herz raste. Ihr Mund war ausgetrocknet. Irgendetwas stimmte hier nicht.
    Darla bedeutete Sara, sie solle ihr voraus zum Parkplatz gehen. Ihre Stimme wurde hart. » Gehen wir. «
    Sara legte sich die Hand in den Nacken und dachte an Allison Spooner am See, wie man ihr den Kopf in den Schlamm gedrückt hatte, während das Messer in ihren Nacken eindrang. » Was hast du getan? «
    » Ich muss einfach weg von hier, okay? «
    » Warum? «
    Wieder klang ihre Stimme hart, als sie Sara aufforderte: » Gib mir einfach deinen Autoschlüssel. Dafür habe ich jetzt keine Zeit. «
    » Was hast du mit diesen Kindern gemacht? «
    » Dasselbe, was ich auch mit dir machen werde, wenn du mir den verdammten Schlüssel nicht gibst. « An Darlas Taille funkelte etwas, dann hatte sie plötzlich ein Messer in der Hand. Die Klinge war etwa neun Zentimeter lang, die scharf geschliffene Spitze wirkte bedrohlich. » Ich will dir nichts tun. Gib mir einfach den Schlüssel. «
    Sara trat noch einen Schritt zurück. Ihr Fuß sank im sandigen Ufer ein. Panik umklammerte ihre Kehle. Sie wusste, dass die Frau keine Skrupel hatte zu töten.
    » Gib mir den Schlüssel!

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