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Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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zur Verantwortung gezogen? «
    » Eigentlich niemand. Man kann vor der Ethikkommission immer auf Nichtwissen plädieren. Rein juristisch erfordert jede Studie einen internen Überwachungsausschuss, der für die Wahrung ethischer Standards verantwortlich ist. Der setzt sich zusammen aus Personen vor Ort– Ärzten, Anwälten, Geschäftsleuten. Und aus irgendeinem Grund ist immer auch ein Priester oder sonst ein Geistlicher dabei. «
    » Und auch diese Ethikkommission wird von der Pharmafirma bezahlt? «
    » Alle werden von der Pharmafirma bezahlt. «
    » Was ist mit Tommy? Wann bekommt er sein Geld? «
    » Am Ende der Studie. Falls im Voraus gezahlt werden würde, würden die meisten gar nicht auftauchen. «
    » Wenn also die Studie kurz vor dem Abschluss stand, konnte sich Tommy auf Geld freuen. Und auch Allison. Vielleicht auch Jason Howell. «
    Sara wollte nicht darüber nachdenken, wer in dieser Schmuddelgeschichte den größten finanziellen Gewinn erzielen würde. » Bei einer dreimonatigen Studie kann man davon ausgehen, dass jeder Teilnehmer zwischen zwei- und fünftausend Dollar zu erwarten hätte. «
    Will fuhr auf den Parkplatz der Klinik. Er schaltete auf Parken. » Wo ist dann das Problem? Wir haben Ärzte, die viel Geld verdienen. Die Teilnehmer werden auch bezahlt. Tommy hätte an der Studie nicht teilnehmen dürfen, aber es ist ja nicht so, dass er das ganze Projekt gefährdet hätte. Warum sollte irgendjemand deswegen zwei Menschen umbringen? «
    » Der Schlüssel wird sein herauszufinden, wie viele andere Probanden noch Stimmungsschwankungen wie Tommy erlebten. Allison war deprimiert. Das geht aus ihrem Tagebuch hervor. Tommy flippte in letzter Zeit ziemlich oft aus und legte sich mit Leuten an, was er davor noch nie getan hatte. Im Gefängnis brachte er sich dann um. Ich will Lena nun wirklich keinen Freibrief ausstellen, aber es kann sein, dass Tommy wegen des Medikaments selbstmordgefährdet war. Wenn man im Verlauf einer Studie Häufungen von negativen Ereignissen feststellt, sollte sie sofort abgebrochen werden. «
    » Es wäre also im Interesse des Arztes, keine dieser negativen Ereignisse festzustellen. Nicht wenn er das viele Geld, das ihn am Ende der Studie erwartet, unbedingt haben will. «
    Sara spitzte die Lippen und dachte an Hare. » Genau. «
    Sie schaute durch die Windschutzscheibe zur Klinik. Die Vordertür wurde von den Scheinwerfern erhellt. Sie sah die vertraute Einrichtung des Empfangsbereichs.
    Will stieg aus und ging um das Auto herum, um ihr die Tür zu öffnen. » Wahrscheinlich sollte ich mit Ihnen gar nicht da reingehen. Ich weiß, Sie sind die rechtmäßige Besitzerin, und ich habe Ihre Erlaubnis und das alles, aber das Gesetz ist sehr streng, was die Einsichtnahme in medizinische Unterlagen angeht. Sie werden wohl die besorgte Bürgerin spielen und mir sagen müssen, was Sie gefunden haben. «
    » Abgemacht « , sagte sie, und kurz schoss ihr durch den Kopf, dass es sowieso nicht viel bringen würde, wenn sie gemeinsam in den Akten lasen.
    Mit den Schlüsseln in der Hand ging Sara zur Vordertür. Sie wusste nicht mehr, wann sie das letzte Mal in dem Gebäude gewesen war, aber sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Als sie den Schlüssel ins Schloss steckte, blickte sie zum Polizeirevier hinüber. Es war eine völlig natürliche Bewegung, sie hatte das jeden Morgen getan, weil Jeffrey immer vor dem Revier gewartet hatte, bis sich die Tür hinter ihr schloss.
    Die Straßenbeleuchtung war hell, die Nachtluft frisch und klar, und endlich regnete es nicht mehr. Im Schatten neben dem Fenster von Jeffreys Büro sah sie einen Mann stehen. Der Mann drehte sich um. Sara keuchte auf. Ihre Knie gaben nach.
    Will sprang aus dem Auto. » Sara? «
    Sie rannte los, stieß Will beiseite und lief den Hang hinunter zum Revier. » Jeffrey! « , rief sie, so sicher war sie, dass er es gewesen war. Seine breiten Schultern. Seine dunklen Haare. Sein Gang – wie der eines Löwen kurz vor dem Sprung. » Jeffrey! « Sie stolperte und stürzte, als sie den Parkplatz erreichte. Der Asphalt zerriss ihr die Jeans. Sie schürfte sich die Hände auf.
    » Tante Sara? « Jared kam mit den geschmeidigen Bewegungen seines Vaters zu ihr gelaufen. Er kniete sich vor sie hin und legte ihr die Hände auf die Schultern. » Alles in Ordnung? «
    » Ich dachte, du wärst… « Sie umfasste seine Wangen. » Du siehst aus… « Sie schlang ihm die Arme um die Schultern und drückte ihn fest an sich. Sara

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