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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verlassen.
    Der große Python glitt mit hoher Geschwindigkeit auf einen Haufen Requisiten zu. Mit seiner gewaltigen Kraft ringelte er sich um alles, was ihm in den Weg kam und schien fast absichtlich alles umzuwerfen. Der große Keramiktopf krachte zu Boden und verlor seinen Deckel. Zeno wand sich um den Ofen, rollte sich darauf zusammen und schaute hochnäsig in die Gegend, während das Gerät unter seinem enormen Gewicht zusammensackte. Inzwischen hatte sich Grumio immer weiter von Musa und mir entfernt. Der Weg zum Ausgang schien frei, und er rannte los.
    Aus dem umgeworfenen Topf erschien etwas anderes. Es war kleiner als der Python – aber viel gefährlicher. Grumio blieb abrupt stehen. Ich wollte ihm nachsetzen, doch Musa schrie auf und packte mich am Arm. Vor Grumio lag jetzt eine weitere Schlange: dunkler Kopf, gestreifter Körper, und als sie sich aufrichtete, um ihn zu fixieren, eine goldene Kehle unter der weit gespreizten, unheimlichen Haube. Das mußte Pharao sein, Thalias neue Kobra. Er war wütend, zischte und präsentierte sich in voller Drohgebärde.
    »Gehen Sie langsam rückwärts!« befahl Musa mit heller Stimme.
    Grumio, der fast zehn Fuß von dem Reptil entfernt war, mißachtete den Rat. Er packte eine Fackel und schwenkte sie. Pharao reagierte mit einem Scheinangriff. Er erwartete mehr Respekt.
    »Er wird der Bewegung folgen!« warnte Musa, vergebens.
    Wieder schüttelte Grumio die Fackel. Die Kobra stieß ein kurzes, tiefes Zischen aus, überwand in unglaublicher Schnelligkeit die Entfernung zwischen ihnen und biß zu.
    Pharao zog sich zurück. Er hatte in Körperhöhe zugestoßen und in die Lederschürze gebissen, die zu Grumios Sklavenkostüm gehörte. Das Leder schien schlangensicher zu sein. Es hatte dem Clown das Leben gerettet.
    Aber seine Prüfung war noch nicht vorbei. Der erste, heftige Biß hatte den entsetzten Grumio ins Stolpern gebracht, und er fiel hin. Am Boden liegend, versuchte er instinktiv, wegzukrabbeln. Pharao sah, daß er sich immer noch bewegte, und glitt erneut auf ihn zu. Dieses Mal schlug er ihm die Giftzähne voll in den Hals. Der Biß war gezielt und kräftig, zur Sicherheit gefolgt von einer raschen Kaubewegung.
    Unser Publikum raste. Ein Tod auf offener Bühne: genau das, wofür sie ihr Eintrittsgeld bezahlt hatten.

EPILOG:
PALMYRA
     
    Palmyra: die Wüste. Heißer denn je, bei Nacht.
     
    S YNOPSIS : Falco , ein Stückeschreiber, nicht länger in der Stimmung, den pfiffigen Gauner zu spielen, findet, daß er wie üblich alles in Ordnung gebracht hat …

LXXIV
    Irgendwas sagte mir, daß mich nie jemand fragen würde, was eigentlich aus Moschion und seinem Geist geworden ist.
    Musa und ich kamen ziemlich mitgenommen aus der Arena. Wir hatten Grumio zusammenbrechen sehen. Er stand unter Schock und war völlig hysterisch. Sobald sich die Kobra zurückgezogen hatte, krochen wir vorsichtig näher und zogen den Clown zum Tor. Hinter uns tobte die Menge. Bald begann der Python, gründlich Requisiten zu zerstören, während die Kobra in drohender Haltung zuschaute.
    Grumio war nicht tot, würde es aber zweifellos nicht mehr lange machen. Thalia kam, warf einen Blick auf ihn, sah mich an und schüttelte den Kopf.
    »Der ist noch vor Morgengrauen hinüber.«
    »Thalia, sollte man nicht Ihre Schlangen einfangen?«
    »Ich würde nicht empfehlen, daß es jemand außer mir versucht!«
    Ihr wurde ein langes, mit zwei Zinken versehenes Instrument gebracht, und sie begab sich mit den mutigsten ihrer Leute in die Arena. Schnell war die Kobra am Boden festgeklemmt und wieder in ihrem Topf untergebracht, während Zeno ziemlich blasiert aus eigenem Entschluß in seinen Korb zurückkehrte, als hätte er mit dem ganzen Chaos überhaupt nichts zu tun.
    Ich starrte Musa an. Bestimmt hatte er den Python für Thalias Auftritt nach dem Theaterstück in die Arena gebracht. War es seine Idee gewesen, den Korb als gefährliches Ausstattungsstück auf die Bühne zu stellen? Und hatte er gewußt, daß Pharao in dem Keramiktopf lag? Wenn ich ihn fragte, würde er es mir in seiner offenen Art wahrscheinlich sagen. Ich wollte es aber lieber nicht wissen. Zwischen dem, was heute passiert war, und einem langwierigen Prozeß, der Grumio zum Tod durch wilde Tiere verurteilt hätte, bestand kaum ein Unterschied.
    Eine Gruppe von Soldaten riß sich zusammen. Sie übernahmen Grumio und verhafteten dann, weil der Kommandeur ihnen befohlen hatte, alle eventuellen Missetäter in Gewahrsam zu nehmen, auch

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