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Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Truppe. Das Nennen ihres Namens hatte mir am Startgatter Einlaß verschafft und ich wartete jetzt auf eine Gelegenheit, mit ihr zu reden. Ihr Name war Thalia. Sie war eine gesellige Person, die sich nicht damit aufhielt, ihre körperlichen Reize unter etwas so Überflüssigem wie Kleidern zu verbergen, also war meine Freundin mitgekommen, um mich zu beschützen. Als Senatorentochter hatte Helena Justina strikte Ansichten über das Maß an moralischer Gefahr, der sich der Mann, mit dem sie zusammenlebte, aussetzen durfte. Als Privatermittler mit unbefriedigender Auftragslage und dunkler Vergangenheit hatte ich mir das wohl selbst zuzuschreiben.
    Über uns wölbte sich ein Himmel, den ein schlechter Poet mit Sicherheit als azurblau bezeichnet hätte. Es war Anfang April, und der Morgen kündigte einen schönen Tag an. Auf der anderen Seite des Tiber war jedermann in der Kaiserstadt damit beschäftigt, Girlanden für die bevorstehenden Frühlingsfeste zu winden. Wir befanden uns im dritten Jahr der Regierung Vespasians, und es war eine Zeit eifrigen Wiederaufbaus der in den Bürgerkriegen zerstörten und ausgebrannten öffentlichen Gebäude. Auch mir stand der Sinn nach ein wenig Aufmöbelung.
    Thalia hatte offensichtlich genug von den Vorgängen in der Arena, denn sie sagte den Trainern ein paar barsche Worte über ihre kaum sittsam bedeckte Schulter hinweg und kam herüber, um uns zu begrüßen. Hinter ihr sahen wir die Männer den noch sehr jungen Elefanten die Rampe zu einem Podium hinauflocken; von dort aus hatten sie hoffnungsvoll ein Drahtseil gespannt. Der kleine Elefant konnte das Seil noch nicht sehen, wußte aber bereits, daß ihm das bisherige Trainingsprogramm ganz und gar nicht gefiel.
    Thalias Näherkommen ließ auch meine Bedenken wachsen. Diese Frau hatte nicht nur einen interessanten Beruf, sondern auch ungewöhnliche Freunde. Einer davon lag wie ein Schal um ihren Hals drapiert. Ich hatte ihn schon einmal näher kennengelernt, und die Erinnerung daran ließ mich nach wie vor erbleichen. Ihr Freund war eine Schlange von bescheidener Größe, aber gewaltiger Neugier. Ein Python – eine dieser beklemmenden Arten. Offensichtlich erinnerte er sich an unser letztes Treffen, denn er reckte sich mir so entzückt entgegen, als wolle er mich am liebsten zu Tode quetschen. Züngelnd erkundete er die Luft.
    Auch im Umgang mit Thalia war Vorsicht geboten. Mit ihrer eindrucksvollen Größe und der rauhen Stimme, die durch die Arena hallte, war sie eine beeindruckende Erscheinung. Außerdem gelang es nur wenigen Männern, die Augen von ihren Formen loszureißen. Momentan waren diese in alberne, safrangelbe Gazestreifen gehüllt, befestigt mit enormen Broschen, die jedem die Knochen brechen würden, der sie aus Versehen auf den Fuß bekam. Ich mochte Thalia. Und ich hoffte inständig, daß sie mich auch mochte. Wer will sich schon mit einer Frau anlegen, die sich mit einer lebenden Pythonschlange schmückt?
    »Falco, du lächerliche Mißgeburt!« Nach einer der Grazien benannt zu sein, hatte ihr Benehmen nicht beeinflußt.
    Mit gespreizten Beinen das Gewicht der Schlange ausgleichend, blieb sie vor uns stehen. Ihre schwellenden Hüften waren unter dem dünnen Gewebe unübersehbar. Reifen, so groß wie die Ruderdollen einer Trireme, schlossen sich fest um ihre Arme. Ich begann mit dem Vorstellen, doch keiner hörte mir zu.
    »Ihr Gigolo wirkt ziemlich schlapp!« schnaubte Thalia, an Helena gewandt, und nickte dabei in meine Richtung. Die beiden waren sich noch nie begegnet, aber Thalia scherte sich nicht um irgendwelche Etikette. Der Python beäugte mich jetzt von Thalias ansehnlichem Busen aus. Er schien träger als sonst, erinnerte mich aber trotzdem mit seiner geringschätzigen Haltung an meine Verwandten. Seine kleinen Schuppen fügten sich zu einem hübschen, rombenförmigen Muster zusammen. »Was ist los, Falco? Bist du gekommen, um mein Angebot anzunehmen?«
    Ich probierte meine Unschuldsmiene. »Ich hatte doch versprochen, mir mal deine Nummer anzusehen, Thalia.« Das klang, als sei ich noch grün hinter den Ohren, kaum der Toga praetexta entwachsen, und hielte meine erste feierliche Rede vor dem Gericht in der Basilica. Zweifellos hatte ich den Fall bereits verloren, noch bevor der Gerichtsdiener die Wasseruhr in Gang setzen konnte.
    Thalia zwinkerte Helena zu. »Mir hat er erzählt, er wäre von Zuhause ausgerissen, um Löwenbändiger zu werden!«
    »Helena zu bändigen, nimmt all meine Zeit in Anspruch«,

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