Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Letzter Akt in Palmyra

Titel: Letzter Akt in Palmyra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
und hatte gerade noch Zeit, das ganze Geschlabber wieder hochzuraffen und in den Gürtel zu stopfen. Ich hörte auf, nette Gedanken zu denken. Zum Hades mit der Strategie. Lieber einfach nur reagieren.
    Zum Hades mit dem Reagieren. Ich wollte es hinter mich bringen.
    Grumio vermutete, daß der Fall mich fertig gemacht hatte. Wieder stürzte er sich auf mich. Ich packte seinen Messerarm. Der Dolch flog hinüber in die andere Hand; ein alter Trick, und einer, den ich kannte. Er hieb nach meinen Rippen und stöhnte auf, als mein Knie gegen sein linkes Handgelenk knallte und ihn um den beabsichtigten Hieb brachte. Jetzt war ich derjenige, der lachte, während er blöde schaute und brüllte.
    Seine momentane Verwirrung nutzend, warf ich mich über ihn und nahm ihn auf dem Deckel des Weidenkorbs in die Zange. Der Korb schwankte wild hin und her, während wir kämpften. Ich preßte Grumios Arm gegen das Flechtwerk. Es gelang mir, meinen Arm auf seine Kehle zu drücken.
    Er sah dünner aus, war aber genauso stark wie ich. Ich fand keinen besseren Angriffspunkt und wußte, daß er sich energisch zur Wehr setzen würde. Dann war ich dran, von ihm in den Schwitzkasten genommen zu werden. Verzweifelt rammte ich seinen Körper gegen das Dekorationsstück: der ganze Korb schlidderte nach vorn. Wir fielen beide runter.
    Grumio rappelte sich als erster wieder auf. Ich wollte ihm nachsetzen. Er warf sich über den Korb, so wie ich es zuvor getan hatte, und drehte sich um. Er zog den Keil aus der Schließe und öffnete den Deckel.
     
    Der Deckel fiel zur Seite. Grumio hatte seinen Dolch fallen lassen, machte aber keine Anstalten, ihn wieder aufzuheben. Das Donnern der Soldatenstiefel verstummte. Grumio stand da wie angewurzelt. Wir starrten beide auf den Korb. Eine große Schlange schaute heraus, den Blick auf Grumio gerichtet.
    Das Gerangel auf dem Deckel hatte das Reptil geweckt. Selbst ich konnte sehen, daß es durch das grelle Flackern der Fackeln, die fremde Umgebung und das heftige Schütteln, das es gerade erlebt hatte, verstört war. Mit nervösem Zucken des Kopfes glitt das Vieh aus der Korbtruhe.
    Ein entsetztes Aufstöhnen ging durch das Amphitheater. Auch ich schnappte erschreckt nach Luft. Zoll um Zoll rombenförmiger Schuppen schlängelten sich vom Korb auf den Boden. »Bleib weg von mir!« schrie Grumio. Ohne Erfolg. Schlangen sind so gut wie taub.
    Der Python fühlte sich vom Zorn des Clowns bedroht; er öffnete sein Maul und Hunderte gebogener, nadelspitzer, nach hinten gerichteter Zähne kamen zum Vorschein.
    Ich hörte eine ruhige Stimme. »Bleiben Sie stehen.« Es war Musa. Der eifrige Schlangenwärter. Er schien gewußt zu haben, was sich in dem Korb befand. »Zeno wird Ihnen nichts tun.« Er klang wie ein kompetenter Techniker, ein mit besonderen Fertigkeiten ausgestatteter Mann, der die Sache in die Hand nehmen würde.
    Thalia hatte mir erzählt, Pythons würden niemals Menschen angreifen. Was Thalia sagte, mochte schon stimmen, aber ich wollte kein Risiko eingehen und bewegte mich nicht.
    Das Zicklein, immer noch in Musas Armen, blökte nervös. Musa ging mit ruhigen Schritten an mir vorbei auf die große Schlange zu.
    Er erreichte Grumio. Zenos Zunge schoß in schnellen Bewegungen seitlich aus seinem Maul. »Er nimmt nur Ihren Geruch auf.« Musas Stimme war sanft, aber nicht beruhigend. Er setzte das Zicklein ab, als wolle er für den Python die Hände frei haben. Das Tier machte einen Satz nach vorn und torkelte auf seinen dünnen Beinchen verängstigt auf Grumio zu; Zeno zeigte kein Interesse. »Ich jedoch«, fuhr Musa ruhig fort, »kenne Sie bereits, Grumio! Ich verhafte Sie wegen der Morde an dem Stückeschreiber Heliodorus und der Tamburinspielerin Ione.« In Musas Hand tauchte die schmale, gefährlich aussehende Klinge seines nabatäischen Dolches auf. Er hielt ihn mit der Spitze auf Grumios Kehle gerichtet; es war eher eine symbolische Geste, da er noch immer mehrere Fuß von dem Clown entfernt war.
    Plötzlich machte Grumio einen Satz zur Seite. Er packte das Zicklein und schleuderte es Zeno vors Maul. Das Zicklein stieß ein mitleiderregendes Meckern aus und erwartete, gebissen und erdrückt zu werden. Aber Thalia hatte mir außerdem erzählt, daß Schlangen in Gefangenschaft sehr wählerisch werden können. Statt zuzubeißen, vollführte Zeno eine fließende Kehrtwendung. Sichtlich entnervt, rollte er sich unter beachtlicher Zurschaustellung seiner Muskelkraft zusammen und versuchte, die Szene zu

Weitere Kostenlose Bücher