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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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stöhnte, zuckte und übergab sich wieder.
    Grace stützte seinen Kopf, damit er nicht am eigenen Erbrochenen erstickte. Sie wollte nach Cathy rufen, sie solle ein Handtuch bringen, ließ es dann aber, denn es war wichtiger, die Tasse zu finden – den Grund für diese Tragödie, da war sie sicher.
    »Ich hab die Tasse gefunden«, rief Cathy. »Sein üblicher Espresso.«
    »Ist sie leer? Hat er sie leer getrunken? Fass sie nicht an!«
    »Halbvoll…« Cathy kam in den Flur zurück. Sie sah, was geschehen war, rannte ins Bad und holte ein feuchtes Handtuch. Dann kniete sie sich auf Sams andere Seite und wischte ihm Mund und Gesicht ab.
    Sam stöhnte. Er war zu schwach, um auch nur die Hand zu heben. Grace streichelte ihm übers Haar, fühlte seinen Puls, der schnell und unregelmäßig ging, und wünschte sich, der Notarzt wäre bereits hier.
    »Gleich ist Hilfe da«, sagte sie ihm erneut.
    Sams Stöhnen war die einzige Warnung vor dem Anfall. Er schien förmlich durch seinen Körper hindurchzurasen. Die Wirkung war erschreckend. Sam wurde so heftig durchgeschüttelt, als würde ein sadistischer Puppenspieler an seinem Kopf und den Gliedern reißen.
    »Was sollen wir jetzt tun?« Cathy war mit ihrem Wissen am Ende. »Was sollen wir nur tun? «
    Es hörte so plötzlich auf, wie es begonnen hatte.
    Erleichtert tastete Grace wieder nach Sams Puls und erstarrte, von Entsetzen erfüllt, denn da war nichts mehr, und Sam rührte sich nicht. Dann aber fühlte sie den Puls wieder, wenn auch schwach und unregelmäßig. »Gott sei Dank.«
    »Wo bleiben die nur?« Cathy weinte jetzt.
    »Sie sind gleich da«, sagte Grace. »Sie müssen gleich da sein.«
    Sie beugte sich über Sam, streichelte das dunkle Haar, das sie so sehr liebte, und versuchte, nicht zu weinen. Stattdessen gab sie ihm drei sanfte Küsse auf seine feuchte, kalte Stirn.
    »Du wirst wieder«, sagte sie ihm erneut. Sie hörte, dass ihre Stimme klang, als würde sie es wirklich so meinen, obwohl der Schrecken wie ein Fels auf ihr Herz drückte, die unaussprechliche Angst, dass es zu spät sein könnte, wenn nicht bald Hilfe kam.
    Und dann traf es sie wie eine alles zerschmetternde Welle.
    Es breitete sich von ihrem Uterus bis in den Rücken aus, warf sie zurück und hätte sie fast zu Boden geschleudert.
    »O Gott«, stieß sie hervor. »Nicht jetzt!«
    »Grace, was ist?«
    Es hörte wieder auf.
    »Nichts.« Grace schüttelte den Kopf. »Alles in Ordnung.«
    »War es das Baby?«, fragte Cathy verängstigt.
    »Vielleicht. Aber jetzt ist es wieder vorbei.«
    »Du solltest dich hinlegen.«
    »Ich werde nirgendwohin gehen.« Grace schaute auf Sam hinunter, dachte, wie schlimm er aussah, wie krank, und wieder überkam sie der Wunsch, Lucia dafür zu bestrafen. Das Verlangen war so stark, dass sie schwankte.
    Die Sirene heulte durch die Nacht. Sie war noch ein gutes Stück entfernt, kam aber rasch näher.
    »Gott sei Dank«, seufzte Cathy.
    Erneut kam ein so gewaltiger Schmerz, dass Grace unwillkürlich aufschrie und vergeblich versuchte, sich von den Knien zu erheben. Das konnte doch unmöglich jetzt passieren …
    »Das ist zu früh! «, schrie sie.
    Es war zu früh, und Sam brauchte sie, wie er sie noch nie gebraucht hatte. Das durfte nicht geschehen. Sie würde es nicht zulassen.
    Doch sie konnte es nicht aufhalten.

149.
    Es brachte David um.
    Seine völlige Unfähigkeit, einem von ihnen zu helfen.
    Die Tatsache, dass Sam vielleicht sterben würde.
    Dass Grace schon bald ihren Sohn zur Welt bringen würde, in dem Wissen, dass Sam womöglich zur gleichen Zeit starb.
    Dass Saul noch immer litt und dass sich dies über Monate hinweg nicht ändern würde.
    Dass Cathy am Boden zerstört war.
    Dass die Überlebenschancen seines ungeborenen Enkels zwar gut waren; aber das herbeigesehnte Kind würde vermutlich in einen Brutkasten müssen und zu kämpfen haben …
    Und sein Vater könnte sterben.
    Sam war im ersten Stock des Miami General, in der Notaufnahme. Sein Herzrhythmus war gestört, was den Ärzten große Sorgen bereitete. Auf dem Weg zum Krankenhaus hatte er einen Herzstillstand gehabt, aber sie hatten ihn zurückgeholt. Doch von seinen Herzproblemen abgesehen litt er unter massiven Störungen im Magen-Darm-Trakt und neurologischen Problemen.
    Doch die Ärzte hatten von Grace genug erfahren, dass sie es für sehr wahrscheinlich hielten, dass Sam Blätter, Blüten oder Samen einer Pflanze zu sich genommen hatte, die ein Muskelgift enthielt, das sich vor allem aufs

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