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Letzter Weg

Letzter Weg

Titel: Letzter Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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Cathy, ein Ort, an den Kez hatte fliehen können, wenn sie böse gewesen war.
    Doch diese Gedanken behielt Cathy für sich.
    »Wenn du reden willst«, hatte Grace zu ihr gesagt, »dann bin ich für dich da.«
    Das hatte sie sogar mehrmals gesagt.
    »Wie immer«, hatte sie gesagt.
    Nein, nicht wie immer, hatte Cathy gesagt. Es würde nie wieder wie früher sein.
    Sie ging nicht zu der Beerdigung, obwohl Sam und Grace gesagt hatten, dass sie es verstehen würden; sie hatten Cathy sogar ermutigt zu gehen.
    »Ich kann nicht«, hatte sie zu Grace gesagt. »Das wäre nicht richtig.«
    »Du hast Kez geliebt«, hatte Grace erwidert.
    »Saul konnte auch nicht zu Tetés Beisetzung gehen«, hatte Cathy argumentiert.
    »Weil er nicht konnte «, hatte Sam gesagt. »Das ist etwas anderes.«
    Cathy war auch Terris Beerdigung ferngeblieben. Sie hatte den anderen gesagt, dass sie vielleicht ins Miami General fahren würde, um während der Trauerfeier bei Saul zu sein, doch als es so weit war, fühlte sie sich zu schuldig dafür. Stattdessen hatte sie ihm eine Notiz geschrieben und war laufen gegangen, wonach sie sich noch mehr geschämt hatte.
    Niemand hatte sie kritisiert, aber sie hatte die Enttäuschung in ihren Gesichtern gesehen.
    »Ich fürchte, ich bin feige«, hatte Cathy gesagt.
    »Manchen Dingen kann man sich nur schwer stellen«, hatte Grace erwidert.
    Saul war es gewesen, der Cathy beinahe überredet hätte, zu Kez’ Beerdigung zu gehen.
    »Sie war krank«, hatte er mit links in den Computer getippt, mit dessen Hilfe er sich mit den anderen verständigen konnte und auf dem er einen Nachruf für Terri geschrieben hatte. »Das wissen wir alle. Das ändert aber nichts daran, wie du für sie empfindest.«
    »Was Kez dir angetan hat, Saul, hat alles verändert«, sagte Cathy.
    »Wenn ich könnte«, tippte Saul, »würde ich mit dir gehen.«
    »Ich würde dich nicht mitgehen lassen«, erwiderte Cathy.
    »Du musst Lebewohl sagen«, meinte auch David. »Das ist sehr wichtig.«
    »Vielleicht werde ich das ja noch«, sagte Cathy. »Aber später, im privaten Rahmen.«
    »Tu das«, sagte David.

154.
    Es war lange her, seit Cathy sich zum letzten Mal so allein gefühlt hatte.
    Es war eine Zeit, da die Familie Becket eng zusammenrückte.
    Ihre Familie.
    Eine Zeit der Verbundenheit zwischen Joshua, seinen Eltern, seinem Großvater und seinem Onkel – und auch Cathy empfand nur Liebe für dieses Kind, das bereits kräftig genug war, sich Tag und Nacht die Lunge aus dem Leib zu schreien. Seine Tante Claudia war aus Seattle gekommen, um zu helfen, und es hatte ein paar schmerzhafte Diskussionen gegeben, weil Claudia sich ausgeschlossen fühlte und verletzt war.
    Aber das alles – die Verletzungen, die Wunden, die anhaltende Sorge um Saul und die Unsicherheit über Sams berufliche Zukunft –, das alles war Familie und damit beruhigend für Cathy. Doch wenngleich sie in alles eingebunden war und jeder so freundlich zu ihr war wie eh und je, fühlte Cathy sich durch ihre Schuld noch immer isoliert. Schließlich war sie es gewesen, die Kez zu ihnen gebracht hatte.
    »Manchmal empfinde ich ähnlich«, hatte Grace bei einem ihrer Gespräche zu ihr gesagt, »weil ich die ganze Zeit mit Lucia zusammengearbeitet habe, ohne etwas von ihrem Schmerz zu spüren.«
    Cathy glaubte ihr, doch dieses Wissen brachte ihr keinen Trost.
    »Du darfst dir keine Vorwürfe machen«, hatte Sam ihr mehr als einmal gesagt.
    »Das tue ich auch nicht«, hatte Cathy erwidert. »Nicht wirklich jedenfalls.«
    Sie konnte sehen, dass Sam ihr nicht glaubte, dass er sich Sorgen um sie machte.
    Cathy liebte ihn sehr, liebte sie alle ohne Vorbehalte.
    Und doch entschied sie, ihnen nicht die Wahrheit darüber zu sagen, wie sie wirklich empfand.
    Wem sie wirklich die Schuld gab.
    Hätte Cathy es ihnen gesagt, hätten sie sich nur noch mehr Sorgen gemacht und vielleicht darüber nachgedacht, sie genauestens im Auge zu behalten für den Fall, dass sie etwas Dummes tat.
    Zum Beispiel, Lucia besuchen.

155.
    12. Oktober
    Man erlaubte Cathy, Lucia zu besuchen.
    Cathy hätte diese Erlaubnis niemals bekommen, hätte man formell Anklage gegen Lucia erhoben und eine Wache vor ihrem Krankenzimmer postiert. Immerhin gehörte Cathy nicht zur Familie. Das Fehlen naher Verwandter (Gina war nicht zur Beerdigung ihrer Tochter erschienen) hatte im Übrigen auch dazu beigetragen, dass Lucias Fluchtrisiko als gering eingestuft worden war.
    Keine Familie und keine engen Freunde, somit auch kein

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