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Leute, das Leben ist wild

Titel: Leute, das Leben ist wild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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vorbei, durch die Gänge, an den Regalen entlang, Richtung Kasse. Und zu allem Überfluss kommt auch noch eine Durchsage, dass in den nächsten paar
Minuten der Laden dichtgemacht wird. Schnell sammele ich noch einige Flaschen mit alkoholischem Inhalt in den Wagen und schiebe damit schleunigst und klirrend zur Kasse.
    Alina kommt hinter mir hergerannt. Offenbar ist das Telefonat wieder vorbei. Ihre Stimme klingt irgendwie schrill, nicht mehr bockig, so wie sonst meistens. »Er fragt, ob er vielleicht bei euch schlafen kann, weil er ja jetzt die Tour abgebrochen hat, um bei mir zu sein? Deswegen hat er ja keinen Job und keine Wohnung und kein Geld mehr und zu seiner Freundin kann er auch nicht mehr. Der hat er übrigens meine Telefonnummer gegeben, weil die mich sprechen will.«
    »Hä?«
    »Na ja, weil ich ja wohl die Beziehung der beiden zerstört habe.«
    »Hast du doch gar nicht.«
    »Das sieht seine Freundin aber anders.«
    Puh! Mit Schwung halte ich den Einkaufswagen an, sodass die Flaschen gefährlich gegeneinander scheppern. »Hast du ihm zufällig auch noch unsere Hausnummer mitgeteilt?«
    Alina nickt und merkt direkt in dem Moment, dass das vermutlich ein echter Fehler war.
    Ich schlucke. »Na, super. Wann kommt der Wahnsinnige?«
    »Morgen Nachmittag?«
    »Alina, ich will dich nicht beunruhigen, aber das alles klingt, wenn du mich fragst, ziemlich irre.«
    Alina nickt wieder, und an uns drängeln sich die restlichen Kunden mit ihren Einkaufswagen vorbei, sodass die Flaschen wieder beängstigend gegeneinanderscheppern.
Ich rücke etwas zur Seite, lasse die Leute durch, sodass Alina und ich schließlich am Ende der Schlange stehen. Zur Beruhigung gucke ich auf den bunten Haufen mit HARIBO-Weingummitüten, die in einem Aufsteller neben der Kasse liegen. Da muss jetzt systematisch vorgegangen werden.
    Um mir ein detailliertes Bild von der Lage zu machen, frage ich: »Wie sieht dieser Albert eigentlich aus?«
    Auf diese Weise kann ich wenigstens eine psychologische Ferndiagnose machen: wie heftig der ist und ob der total psycho ist. Alina guckt weggetreten auf die Weingummitüten und ihre langen gebogenen Wimpern vibrieren. Auf ihren spillerigen Armen hat sich Gänsehaut gebildet. Irgendwie versucht sie, gleichmäßig ein- und auszuatmen, jedenfalls kommt es mir so vor. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich. »Der hat so silberne Ringe und …«
    Und plötzlich kippt sie neben mir um. Wie ein Brett, nach hinten auf den Boden. Zwischen die Weingummiaufsteller, und rührt sich nicht mehr. Das pummelige Paar vor mir dreht sich erschrocken um und sieht mich fragend an. Dann folgt es langsam meinem Blick Richtung Boden, wo Alina wie ein erlegter Waldschrat liegt. Sie ist ganz weiß im Gesicht, erschreckend weiß. Ich glaube, ich habe noch niemals in meinem Leben einen so bleichen Menschen gesehen.
    Ich stammle: »Sie ist umgekippt.«
    Ihr Mund steht halb offen und ihre Lider sind auch nicht ganz geschlossen. Fehlt bloß noch, dass unter ihr langsam eine dunkelrote Blutlache hervorsickert. Ich knie mich neben sie und finde es irgendwie erstaunlich, dass ausnahmsweise mal Alina umgefallen ist. Normalerweise
bin ich es, die aus den Latschen kippt. Also leiste ich Erste Hilfe. Die Kassiererin macht eine Durchsage über Lautsprecher, ob irgendwo ein Arzt ist?
    Die Leute drängen sich um uns herum, aber niemand hilft. Die stammeln nur: »Mensch, Mensch, Mensch.«
    Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich automatisch weiß, was zu tun ist. Ich hebe Alinchens Füße in ihren Totenkopf-Vans hoch. Ständig will meine beste Freundin gefährlicher aussehen, als sie ist, und dann bringt sie so eine Ohnmachts-Aktion. Echt krass! Die Beine lege ich auf meinem Rucksack ab, den wir für die Flaschen mitgenommen haben, damit das Blut in ihren Kopf zurückfließt. Dann klopfe ich ihr auf den bleichen Wangen herum und rufe: »Alina! Hallo! Aufwachen!«
    Endlich kommt eine junge, engagierte Mutter dazu, die ein Kind auf dem Arm hat. Sie kniet sich neben mich und sagt fürsorglich: »Sollen wir vielleicht einen Krankenwagen rufen?«
    Als sei ich hier der Rettungschef. Also benehme ich mich auch so. Mit hochkonzentriertem Gesichtsausdruck sehe ich auf und schüttele den Kopf. »Ich glaube, ist nicht nötig. Danke.«
    Und dann schalten sich plötzlich alle anderen mit ein und meinen solche Sachen wie: »Hat das Mädel zu viel getrunken? Hat es eine Alkoholvergiftung? Das nimmt langsam überhand in unserer Gesellschaft, diese Kinder, die sich ins

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