Leute, das Leben ist wild
sein soll. Da würde ich jetzt gerne mal drangehen, damit er ja nicht zu früh kommt und es zu einem peinlichen Tête-à-tête zwischen ihm und Arthur kommt. Je mehr Menschen schon anwesend sind, desto unauffälliger wird Johannes’ Anwesenheit werden. Im Übrigen ist er äußerst schlecht zu erreichen. Das ist so nervig mit dem! Wenn er einen anruft und man ruft nur zwei Minuten später zurück, geht er nicht mehr dran. Dafür dauert es dann wieder ewig, bis er zurückruft, und meistens ist es so, dass ich dann gerade nicht drangehen kann oder das Vibrieren nicht mitkriege. Wenn ich gleich darauf zurückrufe, geht er wieder nicht dran. Ich sage euch, so was macht einen fertig. Wenn diese Sarah nur nicht so brüllen würde!
»He! Bist du noch dran? Sag dieser Alina-Schlampe, dass sie sich vom Acker machen soll.«
Schließlich gebe ich mein Handy an Alina weiter und forme mit meinen Lippen: »Kannst du mal rangehen?«
Aber die atmet nur tief durch und schüttelt bockig den Kopf. Sie will nicht mit Johannes sprechen, weil sie mal was mit ihm hatte und er sie damals verlassen hat, um wieder mit mir zusammenzukommen. Außerdem wusste er wohl nicht so richtig, was er mit ihr reden sollte. Die beiden haben eine total unterschiedliche Lebensauffassung. Das hat sie ihm irgendwie nicht verziehen. Ich stampfe ärgerlich mit dem Fuß auf, aber Alina schüttelt stoisch den Kopf. Mist! Also sage ich halbgestresst zu Alberts Freundin: »Entschuldige, kannst du dich bitte beruhigen? Eigentlich
habe ich mit der Sache überhaupt nichts zu tun, das müsst ihr unter euch klären. Ich halte mich da raus. Ich bin lediglich Alinas Freundin, alles klar?«
Ich klappe das Telefon zu und gebe es mit zusammengekniffenen Augen an Alina zurück. Ich bin echt sauer. »Bitte.«
Ich lasse mich hier in ihrem Namen anschreien und sie weigert sich, Johannes anzunehmen. Sie hätte ihm ja einfach sagen können, dass ich sofort zurückrufe. Schließlich weiß sie, wie schwer er zu erreichen ist. Und schon klingelt Alinas Handy wieder. Automatisch reicht sie es mir hoch - und weil ich kurz denke, es ist meins, gehe ich ran. Na klar! Es ist noch mal diese Sarah, die brüllt: »Ich hab eure Adresse! Wir werden uns morgen kennenlernen! Mit mir treibt niemand Spielchen.«
Ich hab keinen Nerv mehr! Langsam kriege auch ich heftige Adrenalinschübe. Aber eher, weil ich dringend Johannes anrufen will und die ganze Zeit von dieser Wahnsinnigen abgehalten werde. Jetzt frage ich mich nur, woher die unsere Adresse hat. »Woher weißt du, wo wir wohnen?«
»Na, von Albert.«
»Warum hat der dir unsere Adresse gegeben?«
»Weil er will, dass ich die Sache selber mit Alina regle und nicht über ihn. Er will sich da raushalten.«
»Hä? Und warum schreist du mich dann hier die ganze Zeit an?«
»Na, wegen der Sache mit Albert!«
»Ja, aber das ist doch seine Sache.«
»Das ist immer noch meine Sache, wessen Sache das ist, alles klar?«
Sie legt auf und jetzt muss ich mich neben Alina auf
den Rasen hocken und auch eine Zigarette rauchen. Dringend! Heaven! Überall Gestörte! Nur Gestörte um mich herum!
Alina reicht mir die zerquetschte Schachtel rüber. »Und? Was sagt sie?«
Ich antworte nicht, sondern ziehe mir eine von den platt gedrückten Zigaretten raus, stecke sie mir zwischen die Lippen, zünde sie an und rufe Johannes zurück. Aber der geht nicht dran. War ja klar! Dadurch schießt gleich noch mehr Adrenalin in mein Blut. Ich blinzele zu Alina rüber. »Danke! Echt!«
»Was denn? Ich mag nicht mit dem sprechen.«
»Ja, aber ich!«
Sollte ich Johannes jemals erreichen, werde ich ihm leider mal ganz klar sagen müssen, dass das die bescheuertste Angewohnheit ist, die ein Mensch haben kann: nicht ans Telefon gehen, nachdem er gerade selbst angerufen hat. Was wollte er jetzt bitte? Hinterher wollte er mir doch nur höflicherweise mitteilen, dass er morgen seine neue Freundin mitbringt? Wundern würde mich das alles nicht mehr. Gerade wäre es mir am liebsten, er würde gar nicht kommen. Momentan habe ich das Gefühl, Alina und ich segeln mit voller Kraft in den schlimmsten Albtraum seit Menschengedenken hinein. Diese Sarah nennt mich ja nicht umsonst Schlampe. Das ist ein Zeichen! Ich sage es euch. Um den aufkommenden Schaden wenigstens etwas zu begrenzen, sage ich mit schwacher Stimme zu Alina: »Kannst du mir morgen nur einen Gefallen tun? Johannes vor Arthur nicht mit Johannes ansprechen?«
»Warum?«
»Damit Arthur nicht weiß, dass das
Weitere Kostenlose Bücher